Statt FAQ... Interview ! (Über mich III)

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Statt FAQ: Interview(s) !

 

Das erste besteht aus ganzen 10 Fragen...  und viel, weil ausführlich Antwort von mir !

 

Interview Juni 2018 am Seepark Freiburg

 

 

Q: Zuallererst...: Was ist wichtiger für Dich, Musik oder Texte bzw. Gedichte ?

 

A: Es wird, bei mir, wohl immer die Musik sein, auch wenn es bei meinem Songwriting im Lauf der Jahre eine Art

Shift in der Gewichtung gegeben hat, wobei die Texte immer wichtiger wurden,

und damit auch das Dichten abseits vom Liederschreiben.

 

Q: Welches von Deinen Gedichten Dir am meisten bedeutet, kann man ja auf „rupispoesie“ nachlesen.

Hast Du auch ein Lieblingslied aus eigener Feder ?

 

A: Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten, aber sicher gibt es Lieblingslieder,

jeweils in verschiedenen Schaffensphasen. In den 80ern war es sicherlich „A Summerlove“,

da war der Text allerdings noch nicht so wichtig für mich, wie es später zum Grundsatz

werden sollte, in den 90ern waren da „Schooldays“ und vor allem „Beautiful Thing“,

das lange Zeit mein Favorit bleiben sollte, und dann kam, irgendwann um 2008,

The Straight Way“. Ich denke, es ist ein Unentschieden zwischen „Beautiful Thing“

und „The Straight Way“, was aber nicht bedeutet, dass mir andere Lieder nicht ebenso

am Herzen liegen... das Publikum hat ja immer seine eigenen Favoriten und das ist auch gut so,

vor allem, wenn es sich um so schöne Sachen wie „Genevieve“, „Jailbird“ oder „Young Lover“ handelt.

Als Textdichter sind mir so Sachen wie „Kiss You“ und „The Price of Love“ am Wichtigsten, aber so insgesamt...

sagen wir „The Straight Way“, auch wenn es aus Schmerzen geboren war.

 

Q: Die von Dir genannten Lieder sind nun auch nicht wirklich mehr neu...

wie sieht es denn mit neueren aus ?

 

A: Das Alter eines Liedes ist vollkommen egal, ich bin und bleibe kreativ,

aber es ist kein Ziel von mir, mich selbst da noch zu übertreffen, im Gegenteil,

so etwas interessiert mich nach all den Jahren gar nicht mehr...

weil schon der Grundgedanke ein falscher ist... nein, ich will, wenn ich mich hinsetze,

um ein Lied zu schreiben, ein wirklich neues schaffen, das meinem umfangreichen

Repertoire tatsächlich etwas hinzufügt, und dieses jeweils neue Lied, es soll mir gefallen,

zuerst mir, dann, hoffentlich, einer großen Anzahl meiner Hörer,

aber... keins muss dabei den Status eines „The Straight Way“ für mich haben,

wenn's passiert, umso schöner, aber ehrlich gesagt... ne, es ist eben kein Ziel für mich,

während es immer eins ist und bleibt, dass es gute Lieder sind, die ich auch gerne singe...

ein gewisses Niveau dabei zu erreichen und dieses nicht zu unterschreiten ist wichtig,

aber nicht, immer neue Lieblingslieder für mich selber zu kreieren und damit künstlich

Druck aufzubauen... kreativ bleiben, lebendig bleiben, wach bleiben, überhaupt Lieder schreiben...

bedeutet viel mehr als das oder auch das Kreieren eines „Hits“.

Und wenn mir kein gutes, neues Lied mehr einfallen sollte,

wäre ich als Schreiber zwar sicherlich frustriert darüber,

aber erstens schaut's nicht danach aus, weil bisher jeder Input-Phase noch immer eine Output-Phase gefolgt ist,

und zweitens habe ich sowieso mehr als genug Stücke, die noch nichtmal aufgenommen worden sind...

also käme ich auch damit klar, denn das Alter eines Liedes ist, wie gesagt, vollkommen egal,

allein die Qualität zählt...

 

Q: Du hast ja in den 80ern beim Liedermacherprojekt „Morgenschein“ mitgemacht.

Waren Dir da die Texte etwa noch nicht so wichtig ?

Und überhaupt, wie stehst Du heute dazu ?

 

A: „Morgenschein“ begann als Folk-Duo mit Songs in englischer Sprache, der erste Gig war

im Dezember 1979, und die Idee bzw. der Wunsch, deutsche Texte zu machen, war nicht von

mir gekommen. Es hing dann allerdings zum größten Teil an mir, diese Texte dann zu schreiben,

was natürlich bedeutete, dass ich in diesem Bereich enorm zu lernen und arbeiten hatte.

Es ist ja so gewesen, dass man sich deutlich vom Schlager unterscheiden wollte,

also sollten die Texte auch einen gewissen Anspruch erfüllen, und ich hörte mir eine

Menge Sachen an von Wecker über Hoffmann bis zu den Österreichern Danzer und Hirsch,

und irgendwie hab' ich vor allem von denen gelernt, will sagen... mich auch irgendwie an sie

angelehnt. Wie ich dazu heute stehe ? Nun, man darf eben nicht vergessen, dass ich das nicht

alleine gemacht habe und damit auch nicht zu meiner reinen Selbstbefriedigung,

egal, wieviel davon dann tatsächlich von mir kam.

Rupert „solo“ hätte alleine nie den „Schwenk“ zur deutschen Sprache als Singsprache vollzogen,

und als es zur Trennung kam (Anm: 1987), kam es logischerweise auch wieder zum hundertprozentigen

„Schwenk zurück“ (zur englischen Sprache), wobei ich dann auch geblieben bin, egal,

wie sehr man von Seiten der Plattenlabels immer wieder etwas anderes gehabt hätte.

Deutsch schreiben ? Gerne. Deutsch singen ? Höchstens ausnahmsweise (lacht).

Tatsache ist, dass ich mich mit meiner Musik sehr wohlfühle, da existiert natürlich eine

viel größere Identifikation mit dem, was ich mache, als zuvor.

Auf persönliche Querelen möchte ich hier nicht eingehen, aber auch da war's letztlich wie

eine Befreiung für mich und ein Weg zurück ist längst undenkbar... es gäbe aber auch

keine Rechtfertigung dazu im Sinne von Nachfrage oder Fans, obwohl die LP „Von Anfang an“

als Rarität ziemlich teuer gehandelt wird.

Musikalisch gesehen gibt es hier keinen Grund, nicht stolz drauf zu sein...

ich war damals, als ich diese Lieder schrieb, ja noch ein Teenager, und „Von Anfang an“

ist letztlich doch zu gut ausgefallen, um als „Jugendsünde“ abgetan zu werden.

Richtigen Enthusiasmus entwickelte ich erst für die Arbeit als Rockband,

die sich der Plattenproduktion anschloss... aber dieses Feuer sollte letztlich nur 2 Jahre brennen.

Wenn die Nachfolgeplatte „In Farbe“ so realisiert worden wäre, wie ich sie im Kopf hatte,

dann, so bin ich heute noch überzeugt, hätten wir uns damit durchgesetzt,

aber dazu sollte es aus mehreren Gründen nicht kommen und, obwohl der Gedanke natürlich

etwas Frustrierendes hat, unterm Strich bin ich sogar darüber froh.

 

Q: Du bist also lieber Solo als mit Band unterwegs ?

 

A: Das kommt drauf an, wie man das Wort „Band“ definiert.

Für mich ist eine richtige Band eine nervenaufreibende Angelegenheit, mit der ich

eigentlich nichts mehr zu tun haben möchte, und ich lehne es kategorisch ab,

die Illusion einer solchen zu schaffen, in dem ich andere Musiker für meine Ideen einspanne,

obwohl es mir letztlich dann nur um eine Begleitband ginge.

Ich habe mich schon oft über das Thema gestritten, weil auch Freunde meinen,

dass ich so etwas hätte tun sollen oder immer noch tun sollte, aber ich bekomme schon

beim Gedanken daran Bauchschmerzen – Begleitmusiker sind nicht dasselbe wie eine Band,

die muss ich bezahlen für ihre Dienste und solange ich das nicht kann ist es eben kein Thema für mich, Basta.

Da werkle ich lieber alleine vor mich hin und füge existierenden Aufnahmen

selber Overdubs hinzu.

 

Q: Das erscheint vielleicht manchen so, als ob Du meinst, Du könntest alles alleine machen,

und würdest aus Egoismus auf die Hilfe anderer verzichten. Außerdem... egal, wie gut die Lieder

auf Deiner Seite klingen und bei den Hörern diverser Independent-Radio-Stationen ankommen,

es sind eben größtenteils keine richtig professionellen Produktionen.

Willst Du denn auf solche verzichten ?

 

A: Alles eine Frage der Finanzen und dabei auch, Entschuldigung, der Nachfrage.

Wie gesagt, Begleitmusiker muss ich bezahlen können oder wir können die Sache gleich vergessen.

Die Arbeiten mit dem Mike (1992) konnten aus meiner Sicht nur auf der Grundlage stattfinden,

dass er selbst es war, der mir seine Dienste antrug, um „zu lernen“.

Wenn da was bei rum gekommen wäre, hätte ich auch ihn zusätzlich entlohnt,

aber er hat ja dann aus beruflichen Gründen Freiburg verlassen und auch zuvor

immer weniger Zeit gehabt.

Ob ich mir einbilde, alles zu können ? Ganz bestimmt nicht. Aber da ich weder das Geld zur Verfügung habe,

mir eine Begleitband zu bezahlen, noch ein Interesse daran, nochmal

bei einer richtigen Band einzusteigen oder gar eine zu gründen, muss ich eben mit dem arbeiten,

was ich habe... und kann. Professionelle Produktionen kosten ebenfalls Geld.

Bei meinem Demo von 1996, wo die Aufnahme u.A. von „Blue Horizon“ entstanden ist,

habe ich übrigens das Studio auch wegen der Musiker gewählt, die dort arbeiten,

und deren Dienste waren in der Bezahlung mit enthalten.

Ich hatte dazu eine ganze Menge zu Hause an meinem Keyboard vorproduziert und

letztlich auch das meiste selber gespielt, aber der Input der Leute dort war dennoch ein

großer Gewinn, erst kürzlich bin ich dem Sänger begegnet, der die wunderbare zweite

Stimme zu „Blue Horizon“ eingesungen hatte, und er erinnert sich bis heute in großer

Freude daran, obwohl es nun auch schon mehr als 20 Jahre her ist.

Mir geht es dabei nicht anders und natürlich schwingt auch ein wenig Wehmut mit,

wenn ich dran denke, was ich mit Hilfe solcher Leute im Studio alles aus meinen Liedern

herausholen könnte... bei entsprechend professioneller Produktion.

Nur... wenn ich gleichzeitig dran denke, wie gewisse Leute bei den Plattenfirmen denken,

dass es klingen müsste, verlässt mich eigentlich automatisch schon wieder die Lust.

Wieso um Gottes Willen sollte ich für diese Leute meine Lieder professionell produzieren ?

Nein, in dieser Hinsicht finde ich es besser, wenn sie sich die Lieder so anhören können,

wie sie auf meiner Musikseite eben zu hören sind.

Das ist die Basis und für kein Geld der Welt gebe ich meine künstlerische Freiheit auf,

mache Kompromisse dann statt in einer Band auch noch wegen der kommerziellen Forderungen

von Geschäftsleuten. Man darf nicht vergessen, dass die Plattenfirmenfritzen

scheinbar nicht hören, dass Lieder wie „Genevieve“, „Jailbird“ oder „Ricco Mio“

für sich genommen enormes kommerzielles Potential besitzen... bereits so, wie sie sind.

Und zum Anhören und Feststellen müssen die wirklich nicht professioneller produziert sein.

Für mich selber reicht's allemal aus, „Young Lover“ oder „Beautiful Thing“ oder auch „Kiss You“

so anzuhören, wie sie eben mit den Overdubs geworden sind.

Nein, ich verbiege mich nicht. Wozu braucht man denn eine Plattenindustrie, die gar nicht

an einen als Künstler glaubt ? Heutzutage ? Ich denke, sie hat sich zu einem großen Teil selbst

überflüssig gemacht.

Aber zurück zu den eigenen Liedern: Was ich gerade mag an den „unprofessionellen“ Aufnahmen ist,

dass sie nicht klingen wie der Rest, dass sie eben nicht formattiert sind wie das Zeug im

Chartsradio. Und auch bei professioneller Produktion würde ich auf Unterschiede wert legen,

damit meine Musik auch meine Musik bleibt, und richtige Personality... ist eben

bei „neuen Acts“ nicht wirklich gewünscht... wobei ich mit 53 Jahren ja auch

zu alt bin... in deren Augen. Ach, das Musikbusiness ist eben krank...

 

Q: Heisst das, Du siehst schwarz für die Zukunft der Tonträgerindustrie ?

 

A: Ohne Rückbesinnung auf verloren gegangene Qualitäten und auch Einbindung entsprechender

Humanressourcen wird die Talfahrt nicht zu stoppen sein.

Wie will man so denn langfristig Künstler aufbauen und etablieren ? Wie will man

neue Bindungen auch ans physische Produkt schaffen ? Sie tun immer so, als wäre die Krise

schicksalhaft über alle hereingebrochen und nun geht eben vieles nicht mehr.

Aber so einfach ist es nicht ! Der Branchenführer Universal* hat bereits in den 90ern,

als das Geschäft mit den CDs noch boomte, massenweise Labels aufgekauft und zerschlagen,

wobei nicht nur gute Arbeitskräfte auf der Strecke blieben sondern eben auch die Arbeit selber.

Sie haben die Entwicklung mit dem Internet verschlafen und hinken ihr immer noch hinterher,

die Tantiemen der Künstler für Downloads und Streaming sind lächerlich, nenne mir einen

vernünftigen Grund, wieso man bei so einer Firma unterschreiben sollte... (lacht).

Der Einzelhandel wiederum... er wurde letztlich an falscher Stelle hofiert und die richtig guten

Partner, die man hatte, wie zum Beispiel WOM, ließ man im Regen stehen, bis...

sie aufgeben mussten.

Nein, letztlich sind die schrumpfenden Märkte ein gerechtes Resultat verfehlter Unternehmenspolitik,

auch wenn das Internet selbstverständlich von Beginn an bedeutete,

dass man Abstriche machen muss. Die größte Produktbindung zB an CDs gibt es momentan

noch bei Hörern von Schlager und volkstümlicher Musik, unterstützt durch die gute Arbeit

von hauptsächlich dem Label Telamo und entsprechender Medienpräsenz bzw. Platzierung

im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Im Bereich Rock/Pop gibt’s die Castingshows wie DSDS

und The Voice, die aber längst mit den Quoten zu kämpfen haben, plus Sing meinen Song,

das hat alles seine Berechtigung, aber... ist viel zu wenig, um sich drauf zu verlassen oder

gar eine Zukunft drauf aufzubauen. Der Wert der CD ist beträchtlich gesunken,

nach Neuerscheinung findet man die Alben relativ schnell im Low-Price Segment wieder

und der Backkatalog wird sowieso verramscht.

Ich will mich ja nicht im Lamentieren verlieren, aber es gibt nicht viel Zeichen der Hoffnung,

vielleicht schafft es ja die „neue“ BMG, Stückweise was in Bewegung zu bringen,

all die aufgezählten Negativpunkte jedoch, und darauf lege ich Wert, müssten so nicht sein,

sie sind Resultate von Nicht-Handeln, Gier nach schnellem Geld und, so leid es mir tut,

Inkompetenz. Und je mehr ich über diese Dinge nachdenke, umso weniger will ich mich

dann auch noch ausgerechnet solchen Leuten unterordnen, ihnen meine Kunst in die Hand geben.

Aber selbstverständlich kann es auch keine positive Option für die Zukunft sein,

dass die Künstler alles alleine machen müssen !

 

Q: Du hast ja jetzt schon länger pausiert, Dein letzter „richtiger Auftritt“ war 2015,

wie geht es Deinem Arm und wann geht es wieder los ?

 

A: Wenn man lange nicht Gitarre gespielt hat braucht man erst wieder Hornhaut auf den Fingern, und ob Du's glaubst oder nicht,

mir graut vor den Schmerzen, bis sie wieder da ist !

Ich hatte mir ja Anfang 2017 den linken Oberarm gebrochen, aber da ist alles wieder bestens... ich kann Dir noch nicht sagen,

wann es wieder richtig losgeht, ich hab' da noch

zu viele Baustellen in anderen Bereichen, ich kann Dir nur sagen,

dass ich als Musiker ganz sicher nicht ewig im Hiatus bleibe, denn kreativ bin ich nach wie vor !

 

Q: Kommen wir zu Deiner Gedichteseite. Es fällt auf, dass da einiges schief gegangen sein muss,

mehrere Gedichte sind zu „bösen Gedichten“ zusammengefasst, außerdem gibt

es die Rubrik „Schatten aus meiner Vergangenheit“. Von Mobbing und Rufmord ist

die Rede. Ich hätte Verständnis, wenn Du nicht darüber reden willst oder meine Frage

als unangenehm ablehnst, aber... sag mal... irgendwas musst Du ja falsch gemacht haben,

oder ? Ich überlasse es Dir, ob und was Du wozu sagen möchtest, aber es sieht zumindest seltsam aus.

 

A: Das tut es allerdings, für mich übrigens ganz genauso, und ich danke Dir, dass Du Dich traust,

diese Frage so offen zu stellen. Nun, ich halte mich selber nicht für unfehlbar, deshalb habe ich

mich lange Jahre, vor allem nach meinem Nervenzusammenbruch (Anm: 1989) praktisch selber seziert,

also auseinandergenommen. Furchtbare Schuldgefühle waren das, und von solchen belastet

konnte ich mir selbst nicht mehr richtig trauen. Wie Du sehen kannst bei „Schatten aus meiner Vergangenheit“

gibt es ja tatsächlich einen Fall des „Stalkings“ in meinem Leben, also...

wo ich ganz sicher die Grenze überschritten hatte, und das hatte ich ganz gewiss zu lernen,

ganz egal, aus welchen Motiven ich handelte... nur das ist seit mehr als 20 Jahren abgehakt,

vorbei, und ich mache bestimmt nicht immer dasselbe, auch wenn es Leute gibt,

die das meinen... wahrscheinlich, weil sie so sind und immer dasselbe machen.

Sicherlich sieht es jetzt so aus, als würde ich

dies notgedrungen zugeben, aber ich gebe damit gar nichts zu, es ist einfach ein Ergebnis

der Suche gewesen, was ich tatsächlich falsch gemacht habe, und dies teile ich mit.

Man kann in Wahrheit gar nichts zugeben, wenn sich niemand traut, einen auch richtig anzuklagen,

wenn alles nur hintenrum geschieht und sich wie ein Geschwür im Handeln anderer Leute ausbreitet,

weder kann man etwas zugeben noch kann man sich verteidigen, wenn die Anschuldigungen nicht stimmen,

und das hat natürlich den Prozess des Suchens und Findens extrem erschwert, ich war damit nämlich alleine,

fühlte mich isoliert und gebrandmarkt,

mein Selbstvertrauen hatte einen Knacks bekommen.

Man lebt und lernt, und ich musste dies größtenteils eben alleine tun, also ohne, dass

sich jemand auf anderem Wege als hintenrum traute, etwas zu kommunizieren.

Aber hintenrum wurden Urteile gefällt und verteilt, und diese können gar nicht richtig sein,

selbst wenn es sich bei diesem Handeln um irgendein Recht gehandelt hätte, das diese Leute

gehabt hätten, was gar nicht der Fall ist.

Wie man auch aus meiner Gedichteseite erfahren kann, sehe ich das Leben als ein Spiel an.

Also, bitte nicht falsch verstehen, es ist ein Spiel mit Verantwortung und Konsequenzen,

aber eben doch ein Spiel, egal, wie ernst es dadurch wird.

Und beim Suchen habe ich nicht nur diesen „einen Fehler“ gefunden, also das mit dem Stalking,

welches spätestens im Jahr 1996 Geschichte war und sich wirklich einzig auf eine Person bezog,

sondern ich habe, man möge mir verzeihen, irgendwann das Spiel selbst erkannt,

das muss so um 2004 herum gewesen sein, als ich's endgültig in aller Deutlichkeit sehen konnte.,

ich war also auch nicht mehr der Jüngste und man kann gerne sagen, dass ich eine lange

Leitung habe (lacht).

Man muss sich das so vorstellen, dass man vor dem eigenen geistigen Auge sieht,

was man getan hat, während man eine Art großen Überblick besitzt, mit dem man durchschaut,

wie es funktioniert, wie es sein sollte, was richtig und was falsch dabei ist.

Es ist sehr schwer, dies zu vermitteln, vielleicht sollte ich es ja unterrichten, aber das hielte ich

wiederum für falsch – wir leben und lernen eben, dazu sind wir da.

Auf jeden Fall war dies ein Schlüsselmoment, bezogen auf das Spiel des Lebens im Allgemeinen

ebenso wie auf das Spiel zwischen Mann und Frau.

Du kannst Dir vorstellen, dass man, gerade, wenn man extrem gelitten hat,

wenn das Selbstbewusstsein einen Knacks bekam und Schuldgefühle einen jahrelang blockierten,

so ein Erlebnis des Erkennens und Durchschauens nicht vergisst und so viel wie möglich

daraus mitnimmt, um künftig grobe Fehler zu vermeiden bzw. einfach, um es richtig zu machen,

das Spiel eben korrekt zu spielen und, wenn überhaupt, dann eben auch auf die korrekte Weise

zu gewinnen.

Und genau darum geht es mir... ansonsten ist es mir sowieso nie um etwas anderes als Liebe gegangen,

das heisst, ich habe die Fehler, die ich begangen hatte vor dem Durchschauen,

nicht aufgrund böser Absichten gemacht, aber danach... ganz bewusst das Gelernte angewandt.

Und dabei kam es zu massig neuen Erkenntnissen, weißt Du.

Also erst mal: Die meisten Menschen wissen gar nicht, was sie machen.

In Wahrheit wird das Spiel vor allem aus diesem Grund so kompliziert... vor allem, wenn Gefühle ins Spiel kommen,

scheinen die meisten geradezu den Kopf zu verlieren, den sie oft noch gar

nicht gefunden bzw. mal richtig benutzt haben, aber egal.

Es ist jedenfalls gar nicht soooo schwer oder kompliziert, wie man meint, wenn man's nicht blickt,

es wird aber unglaublich kompliziert wegen dem, was wir so machen, ohne überhaupt zu wissen,

was wir da tun... als Menschen und im Beziehungsgeflecht zueinander.

Da sind also lauter Individuen und alle haben ihre Bedürfnisse und Wünsche und Ängste und

vor allem Rechte und Pflichten, aber der Prozess der Bewusstwerdung ist ein langwieriger,

und erstmal sieht alles aus wie ein heilloses Durcheinander, Chaos sozusagen, erst Recht mit

Gefühlen. Da aber die wenigsten Leute wirklich wissen, was sie machen, sind sie auch anfällig dafür, reingelegt zu werden,

vor allem wegen der Ängste und auch sonst eben, wenn's um Gefühle geht.

Und da kommen eben die Rufmörder ins Spiel, und, so leid es mir tut, die haben keinerlei

gute Absichten, die wollen in Wahrheit nur Macht, das heisst... kontrollieren, was andere tun,

und in diesem Fall eben – Kontrolle über mich ausüben.

Es war ein Schock sondergleichen, dies erkennen zu müssen, ganz ehrlich, ich musste da auch erstmal drüber weg kommen,

denn ich hatte jahrelang gedacht, es läge irgendwie an mir,

es müsste ja daran liegen, dass ich etwas falsch mache, genau so, wie Du eben in Deiner Frage

vorausgesetzt hast, deshalb verstehe ich das ja auch, ich hab genau so gedacht.

Es IST ein Schock, wenn man den Preis bezahlt und es dann quasi gelernt hat, korrekt zu spielen,

wenn man ganz bewusst quasi „das Richtige tut“, und dabei dann sieht...

da sind Zerstörer unterwegs, mutwillig, denen geht es gar nicht darum, dass der Rupert oder

sonstwer wirklich etwas falsch macht und deshalb lernen muss, nein, denen geht es um etwas

ganz anderes. Dies zu schlucken war die Mordskröte für mich, das kannst Du mir glauben,

denn ich wollte erst gar nicht glauben, dass ein solches Maß an Egoismus und Bosheit

überhaupt möglich sei. Aber es ist so: Es wird nur so getan, es wird vorgeschützt, dass ich

irgendwas falsch mache oder gemacht habe und deshalb lernen müsste, es richtig zu machen,

während es in Wahrheit nur darum geht, dass ich mich einem willkürlichen System ausliefern

und unterordnen soll. Und dabei werden so gut wie alle Regeln gebrochen, dabei wird aus „richtig“ auch „falsch“ gemacht so lange,

bis gar nichts mehr richtig ist, bis überhaupt nichts mehr gut sein kann.

Während man mich also zur Bedrohung stilisiert hatte, begann man dann, alle negativen

Ergebnisse dessen, was man selber tat, nach dem Sündenbockprinzip mir zu zu schieben.

Quasi nach dem Motto: „Würde er sich unterordnen, dann wäre alles gut“, und genau hier

liegt der allergrößte Fehler im System der Rufmörder, denn dies ist eine reine Illusion.

Gesetzt den Fall, ich gäbe quasi auf, wǘrde auf meine Rechte verzichten und diese Irren

über mich bestimmen lassen, die Zerstörung fände dadurch ja kein Ende, ergo bräuchte man

dann, auch mit mir zusammen, einen neuen Sündenbock, wenn es so weiter gehen soll wie zuvor.

Es ist absolut sinnlos, glaube es mir. Egal, was sie für Gründe anführen, was für Rechtfertigungen,

wahrscheinlich wird sogar der liebe Gott bemüht, es ist einfach nur eine Riesensauerei,

deren Folge immer Zerstörung sein wird, weil man die Verantwortung immer auf andere abschiebt.

Wenn man weiß, was man tut, dann ist man konfrontiert mit einer Masse von Subjekten,

die das Unrecht, das sie tun, immer mit dem vermeintlichen Unrecht anderer rechtfertigen,

während sie es gleichzeitig zu verdecken suchen, weil sie ja „die Guten“ sein wollen bzw.

als „die Guten“ dastehen, womit sie dann ihren „Erfolg“ begründen.

Ich zweifle nicht daran, dass es denen um's „Gewinnen“ geht, aber eben nicht um's Gewinnen

via korrektem Spiel oder gar um's Leben selbst, nein, das Leben ist ihnen in Wahrheit so viel wert

wie es ihnen auch wert ist, das Spiel korrekt spielen zu lernen, nämlich überhaupt nichts.

Es geht dabei nur um Macht und Machtausübung, um materiellen Besitz und irgendetwas darzustellen,

was man in Wahrheit nicht ist... und der Preis ist dann, dass man das, was man

eigentlich ist und sein sollte, dabei verliert, der Preis ist Entmenschung.

Ich hoffe nun doch sehr, dass Du verstehst, dass es mir hier um Widerstand geht !

Ich sehe damit alles, was mir wirklich wertvoll ist, angegriffen und zur Disposition gestellt.

Immer wenn diese Leute in mein Leben eingegriffen haben, kam es zu massiven Entwertungen,

und dies kann und will ich auch überhaupt nicht mehr verzeihen.

Diese Entwertungen sind eine Sache, aber die Aushöhlung der Werte im Inneren,

die sich bei ihnen und durch sie vollzieht, ist um ein Vielfaches schlimmer,

denn es ist wichtig, was man hat. Sie mögen das einzig im materiellen Sinn verstehen,

ich aber meine damit vor allem Werte, Gewissen, selbständige Denkfähigkeit...

bei ihnen und all jenen, die auf sie hereinfielen, finde ich davon nichts mehr,

und das ist erschreckend, da wundert mich auch der Zulauf nichts mehr,

den zum Beispiel die AfD hat, auch wenn sie sich wohl zumindest offiziell von der

distanzieren. Es ist nur so: Die Leute haben eben ihre Verlustängste, und da greifen

dann die Populisten mit ihren einfachen Scheinlösungen an, oft erfolgreich,

und letztlich ist es auch im persönlichen Bereich ähnlich...

und hat viel weitreichendere Konsequenzen, als man meint.

Der Westernhagen hat schon recht, wenn er unsere Demokratie in Gefahr sieht,

ich sehe das ganz genauso, und irgendwie kommt es mir vor, als halten die Leute

alles für selbstverständlich, sie sehen dabei nicht, was sie aus Egoismus alles aufs Spiel setzen

und auch nicht, was sie verlieren.

Weg ist dann weg, da hilft auch kein Sündenbock, und wenn das Leben zur sinnfreien Hölle wird,

hilft auch kein Tierversuchsschema als Erlösung mehr, auch nicht, wenn man einen Sticker

mit „Jesus“ dran heftet, es ist dann eben verdorben.

Also, auch wenn Du mir nicht glauben magst, dass es echt so ist, so kannst Du jetzt hoffentlich doch zumindest

gedanklich nachvollziehen, wie ich es sehe und mich vielleicht ein Stück weit verstehen...

dieser Irrsinn darf nicht „gewinnen“, sonst kannst Du die Zunkunft auch Deiner eigenen Kinder

vergessen, das ist mein Ernst... so wie das Spiel des Lebens mit seinen Konsequenzen eben

auch ernst ist. Es ist also umgekehrt, nicht ich muss aufgeben und mich dem Recht beugen,

denn das Recht ist auf meiner Seite... und um dieses geht es hier, geht es mir.

Sie müssen aufgeben, das muss aufhören, es ist absolut unerträglich und null tolerabel,

und damit basta... und ja, ich bin lieber tot als so wie sie, auch wenn dieser Satz ein Klischee bedient.

Ich meine damit nur, dass „Gewinnen“ nicht alles ist und dass ich lieber verliere und

dies auch bis in die Konsequenz eines möglichen Suizid hinein, alsdass ich zu solchen

„Gewinnern“ gehören möchte, da wird mir einfach nur speiübel und eigentlich müsste

es denen doch so gehen... sie müssten quasi am „Dauerreihern“ sein (lacht)...

tja, Abstumpfung ist auch ein Weg, um damit dann umzugehen.

 

Q: Das klingt aber äußerst negativ, also, vor allem, wenn Du von Suizid sprichst.

Du brauchst Dich nicht wundern, wenn die Leute dann erst Recht Angst haben, oder ?

Sie wollen nicht nur, sie brauchen doch auch positive Anhaltspunkte und Impulse,

vor allem aus der Kunst und vom Künstler. Ich sehe da einen Widerspruch, kannst

Du mir das erklären ?

 

A: Aha, erwischt... es sind doch Deine Ängste, vor denen Du da davonläufst, wenn Du durch

mich an mögliche negative Konsequenzen im Spiel des Lebens erinnert wirst, oder etwa nicht ?

Klar willst Du, wollen die Menschen Positives hören und sehen, am besten Gewinner sein

und das auf die Tour eines Telefonspiels bei den Privatsendern... wo die Frage nur zwei

Antwortmöglichkeiten hat, von denen eine so absurd ist, dass man sowieso die richtige wählt...

als Beispiel: Wer trainiert die Deutsche Fußballnationalmannschaft – Jogibär oder Jogi Löw ?

Dieses Niveau ist doch längst erreicht und kann kaum noch unterschritten werden, also lass Dir

das gesagt sein: Alle wollen es möglichst geschenkt haben und Gewinner sein,

alle haben Angst, zu verlieren... und genau da setzen die Betrüger an.

Es ist unglaublich, zu was für Schweinereien Menschen fähig sind, nur weil sie Angst haben,

zu verlieren oder auf der falschen Seite zu stehen oder wegen irgendwas erwischt zu werden.

Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen, und immer mit dem Finger auf andere oder

jemanden anders gezeigt, am Besten im Schutz einer vermeintlichen Mehrheit,

in und mit der man sich dann als „Normal“ darstellen kann.

Alle wollen gewinnen, keiner will verlieren, aber ein Spiel soll es dann auch nicht sein...

das ist sehr, sehr ernst, und vor allem als Normalität nicht akzeptabel.

Was ist „normal“ ? Normal ist immer das, was eine Mehrheit ist, und hat im Zweifelsfall

überhaupt nichts mit „gesund“ zu tun, diese Dinge beweisen es doch.

Als Künstler bin ich nun mal nicht „normal“, kann es gar nicht sein, gehe einen Sonderweg.

Und wenn da jemand willkürlich falsch wertet, bin ich vielleicht sogar ein leichtes Opfer,

aber nur, weil alle möglichst „normal“ sein möchten und dies mit „gesund“ gleichstellen.

Wenn Massenepidemien aber „normal“ werden, muss man seine Gesundheit manchmal

auch durchs „unnormal sein“ beschützen, und die Dinge so ansprechen können, wie sie

nun mal wirklich sind, alles andere ist kontraproduktiv und damit viel gefährlicher,

als wenn ich über Suizid als letzte mögliche Konsequenz spreche.

Selbstverständlich ist das negativ, aber es besteht eben auch die Möglichkeit,

mit korrektem Spiel zu viel zu verlieren... anders ausgedrückt:

Es besteht eben ganz realistisch die Möglichkeit, dass sich die von mir angesprochenen

Zerstörer durchsetzen und für mich dann das Leben irgendwann nicht mehr lebenswert ist.

Natürlich muss man ans Gegenteil glauben, wenn man für seine Überzeugungen kämpft,

man muss an die Freiheit glauben, wenn sie den Sieg davon tragen soll.

Aber das ist eben Glauben... nicht Wissen. Setze ich mein Leben für etwas ein,

dann kann ich es auch unter Umständen verlieren, oder ?

Und wenn ich an etwas glaube, so heisst das noch lange nicht, dass sich dies durchsetzen wird,

nur weil ich dran glaube, nur weil ich dafür kämpfe, nein, die Realität lehrt uns etwas anderes,

und davon spreche ich, nicht von akuten Suizidabsichten oder dass es mir schlecht ginge,

das ist purer Unsinn, und Deine Frage zeigt mir, mit welchen Schablonen Du da denkst

und wie sehr auch Du angreifbar bist für den Schmuh der Rufmörder, und das nur...

weil Du Angst hast, weil Du nicht verlieren willst, weil Du gerne eine Garantie hättest,

die es nicht gibt. Mit der Kunst eine solche geben zu wollen ist für mich Mißbrauch,

tut mir Leid. Die Kunst muss ehrlich sein und bleiben auch um den Preis von Negativspiegeln.

Denke nur mal an Serge Gainsbourg und wie der provoziert hat, das war ein echter Künstler,

ob man mit dem, was er tat, nun konform geht bzw. einverstanden ist oder nicht.

Seine Selbstzerstörung war eben auch ein Teil des Spiegels, den er uns, den er der Welt

mit der Kunst vorhielt. In solchen Fällen wird es oft sehr tragisch, weil die Künstler den

Abstand verlieren und von dem, was sie darstellen wollen, aufgefressen werden.

Die Leute wundern sich dann und meinen, der Typ wäre doch verrückt, dabei...

tat auch er es für die Menschen, und zwar, indem er es für die Kunst tat, die ja letztlich auch

von ihm übrig bleibt. Ich erinnere mich noch, wie er gehandelt wurde, bevor er starb...

und heute ist er eine der unvergesslichsten Ikonen überhaupt, oder etwa nicht ?

Es ist aber nicht schön, ein solches Leben zu führen, es ist gruselig, dran zu denken,

was er für einen Preis bezahlt hat. Und davon wollt ihr eben nichts wissen:

Vom Preis, den sollen gefälligst andere bezahlen, auf die man dann noch herabsehen will,

während man die eigenen Hände in Unschuld wäscht.

Oder nimm Woolly, auch wenn's nervt, wenn ich immer wieder mit ihm als Beispiel komme:

Die Menschheit hätte es verdient, auszusterben, und das mache ich eben an Menschen wie ihm

fest... an Menschen wie ihm oder Van Gogh, für mich spielt Woolly da in einer Liga.

Diese Menschen bekommen einfach nicht, was sie verdienen, und zwar ihr ganzes Leben lang,

an dem sie dann zerbrechen, und das kann nicht sein, verstehst Du ?

Und klar, irgendwie spiegle ich mich auch in Woolly, ob ich das nun zugeben will oder nicht,

vieles, was ich an Unrecht erfahren und an Schmerzen durchlitten habe kann ich irgendwie

wiedererkennen, wenn ich mich mit ihm beschäftige, wenn ich drüber nachdenke.

Da kommt dann die ganze Wut und die ganze Trauer und der ganze Frust hoch,

und irgendwann hasst man dann die Welt, diese Welt, unsere Welt und das, was wir Menschen

darauf machen, bis ins Mark. Das Problem mit dieser Spiegelung ist ja nicht die Identifikation

mit dem Menschen, den ich das Glück hatte, persönlich zwei Mal zu sprechen,

sondern dass es dann aussieht, als würde ich mich selber mit seinem Genie gleichsetzen.

Also muss ich das auf jeden Fall deutlich machen: Falls ich ein Genie sein sollte, dann

sicherlich nicht das gleiche, denn ich schaue zu Woolly und seiner Kunst auf, kann lebenslänglich

davon lernen und setze mich da ganz sicher nicht mit ihm gleich...

vielleicht aber sind wir eine ähnliche, hypersensible Art Mensch, die daran krank wird,

„funktionieren“ zu müssen und nicht zu bekommen, was sie verdient, doch, das ist wohl so.

Zieht Dich das Thema runter ? Hast Du jetzt Angst, Dir mal „One Drop in a Dry World“ anzuhören ?

Solltest Du aber... das ist Kunst, weißt Du ? Außerdem richtige Musik mit

echten Gefühlen. Die Gefahr, dass Du dabei überfordert sein wirst, ist zwar groß,

aber Du kannst Dir ja hinterher „Jailbird“ oder „Ricco Mio“ von mir anhören (lacht).

Ich bin, das kannst Du dann ja feststellen, nie ein Kommerzverweigerer gewesen,

aber ich verweigere mich all diesen Formatierungen, denn die durch Andere gewählten Formate sind mir

– genauso wie dem Woolly- zusammen mit den Urteilen viel zu billig und hohl.

Was ist positiv und was negativ ? Deinen Ängsten musst Du Dich selber stellen,

aber vielleicht kann Dir ja die Kunst dabei helfen, ein Stück weit dann eben auch meine,

sofern Du es zulässt. Echte Hoffnung lässt sich nicht auf ein Schema und schon gar nicht

auf Aussagen reduzieren, die immer so ausfallen, wie sich das ein Hörer oder Leser wünscht.

Ich habe Hoffnung, ich habe meinen Glauben, aber ich verweigere mich dem Diktat und dem

Urteil der Gleichmacher und Formattierer, die alles auf ein Niveau drücken, das eben

dem der Privatsender nahe kommt. Das Leben ist mehr als deren verflucht faule Auswahl,

faul, weil sie zum Himmel stinkt.

Ich verweise auf mein Gedicht „Der Dichter“ - „Du wirst alles bei mir finden !“...

und ich sehe da überhaupt keinen Widerspruch, höchstens Gegensätze, die sich in und mit

der Kunst dann auflösen. Auch als Strassenmusiker war mir immer wichtig, dass ich keine

Jukebox bin, auch wenn es mir wichtig ist, die Erwartungen meines Publikums dann nicht

zu enttäuschen. Kunst ist und bleibt ein Balanceakt, und so ist eben auch das Leben...

you never can tell, denn alles ist im Fluss.

 

Q: So, das war's erstmal, herzlichen Dank für dieses Gespräch !

 

A: Gerne wieder, aber dann bitte nicht dieselben Fragen nochmal,

es gäbe ja noch viel, worüber man sich unterhalten kann... meine Lieder,

meine Gedichte, mach' Dich da mal etwas besser firm mit, denn was ich vermisst habe,

war, da etwas mehr ins Detail und auch in die Tiefe zu gehen, schließlich soll das Interview

dann ja auch auf meine Gedichteseite !

Was mich gewundert hat, war, dass ausgerechnet Du überhaupt nicht das Thema Glaube

angesprochen hast, aber vielleicht hattest Du das ja vor und Dich nach der letzten Frage

und dann meiner Antwort bloß nicht mehr getraut (lacht).

Auch bezüglich der „Geschenkeausgabe“ kannst Du mich gerne Genaueres fragen,

so zum Beispiel wie es aussieht mit diesem Experiment... aber Auskunft kann ich

auch später geben, ich bin und bleibe dafür jedenfalls offen.

 

Aufgezeichnet vom 19. bis 21. Juni 2018 in Freiburg,

der Interviewer möchte lieber inkognito bleiben....

es sei ihm aber ausdrücklich gedankt !

 

 

 

*Korr.: Damals hieß die Firma noch "Polygram" !

 

© Rupert Lenz 79110 Freiburg

 

 

 

 


 

 

Das Nachhak-Interview

 

Zum ersten Interview gibt es einen „Nachschlag“, da der Interviewer beim Durchhören meiner

Antworten auf neue Fragen kam, die ihm bei unserem Gespräch nicht spontan eingefallen waren,

wegen derer er mich aber dann anrief und um ein kurzes Nachhaken bat.

Wegen uA der Fußball-WM hatte ich dazu dann keine Zeit, aber bei unserem nächsten Treffen

- bei mir daheim – ist es zu mehr gekommen als einem „kurzen Nachhaken“,

meine Antworten wurden auch immer ausführlicher, und... wir mussten es irgendwann

unterbrechen, weshalb ein weiterer „Nachschlag“ hier bereits von mir angedroht werden kann,

obwohl ich nicht weiß, ob das dann noch jemand lesen will/liest.

Wieder sind die Antworten ziemlich ausführlich, aber es gab mehr als 10 Fragen,

manche ergaben sich direkt aus dem Gespräch oder es waren einfach nur „Unterbrechungen“

durch sofortiges Nachhaken, weshalb ich das Interview eben auch so getauft habe.

Also irgendwie... wurd's diesmal eben, gerade deswegen, doch sehr speziell, zu speziell vielleicht,

aber die Frechheiten des Interviewers gefallen mir, denn er hat mitgedacht,

und so... machen mir auch Interviews Spass, in denen es zu Antworten kommt,

die ich sonst vielleicht nie gegeben hätte, weil ich oft denke, dass bestimmte Dinge

in Wahrheit doch niemand wissen will.

Dies ist also ein Fall von „Wen interessiert's ?“, zumindest einer von „Wer versteht's (noch) ?“

- aber auch von mir mit einem „mir gefällt's“ versehen, mal sehen, wann der „Nachschlag“

stattfindet und in welche Richtung

es dann geht... was er fragt, wie ich drauf bin, ja, und auch, ob mir das Ergebnis dann

so gut gefällt, dass ich's auch abtippe und hier reinposte.

Jedenfalls kann ich mich nicht beschweren, nicht zu Wort gekommen zu sein,

aber wie gesagt, irgendwie fand ich ihn diesmal... frech.

Und kann deswegen auch besser nachvollziehen, wieso er Inkognito bleiben möchte...

(Anm: Nein, Julian, auch Dir verrate ich nicht, wer's ist, solange dem so bleibt,

ich melde mich BALD, bitte hab' Geduld !).

Wer also mal einen Künstler UND Fachidioten „sprechen lesen“ will,

der einfach frei von der Leber spricht, vieles auch ungefragt erzählt,

weil er meint, es gehöre zur korrekten Antwort dazu,

sich dabei hi und da verlierend bis er irgendwie den verlassenen Faden wiederfindet,

ungekürzt, unzensiert, vielleicht manchmal auch peinlich aber auf jeden Fall

egal, ob's noch jemand versteht, ob ihm noch irgendwer außer dem Interviewer zuhört,

der lese weiter... lmao:

 

 

Q: Im ersten Interview fragte ich nach einem Lieblingslied.

Dann kam mir die Frage, ob es auch etwas gibt, was Du aus eigener Feder hasst,

ob nun Gedicht oder Lied.... oder etwas, das Dir peinlich ist... mal ganz ehrlich....

 

A: Haha... mir ist eigentlich nichts peinlich, ich bin da wie der Dieter Bohlen...

aber mal im Ernst, selbstverständlich gibt es Sachen, die mir dann gar nicht gefallen wollen,

und die landen eben im Müll ! Von den Liedern, mit denen ich mich dann raustraue oder

bisher rausgetraut habe, ist mir eigentlich keins peinlich, aber es gab schon für mich

peinliche Momente, und da könnte natürlich auch mal Hass oder wenigstens Hassliebe

draus werden, ich denke dabei vor allem an „Ricco Mio“. Das war von vornherein als

Kinderlied angelegt und erfüllt jetzt nicht, sagen wir, meine allerhöchsten Ansprüche,

dafür aber genau den, für den's geschrieben wurde.

Musikalisch ist es gar nicht mal so billig, wie's aufs erste Hören vielleicht erscheint,

und es hat einen guten Text, jedenfalls finde ich das, aber es hat auch was nerviges,

vor allem, wenn man's singen muss, wenn man weiß, heute singe ich da und da und da ist

dann der und der und die wollen das hören. Dann kommt es schon mal vor, dass ich

so richtig angenervt bin von der Tatsache, dass es ausgerechnet dieses Lied ist,

das für den ein oder anderen Hörer und sogar Freund an Wichtigkeit scheinbar nicht überboten

werden kann, und ich sag's Dir, der Ricco selber ist da nicht so, Gott sei Dank.

Wenn dann erwachsene Männer, stell sie Dir bei nem Fest mal leicht bis schwerer angetrunken vor,

vor mir zu Kleinkindern mutieren und den Refrain zu grölen beginnen, um mir damit

ihre Anerkennung, ihr Lob zu signalisieren, dann wird’s schon mal richtig peinlich,

denn ich bin und bleibe für gewöhnlich nüchtern und finde es ab einem gewissen Punkt

nur noch penetrant und nicht mehr spassig. In solchen Momenten habe ich mir doch

tatsächlich schon gewünscht, ich hätte dieses Lied nie geschrieben,

denn dann kommt noch der Gedanke dazu, dass man sich nach meinem Ableben irgendwann

nur noch deswegen an mich erinnern könnte.

Ja, doch, das täte etwas weh, denn ich habe massenweise

bessere Lieder als dieses geschrieben !

Na gut, das wird aber wohl allein schon wegen der Strassenmusik und den Coverversionen

nicht so sein, also sollte ich's nicht fürchten,

denn da ist ja bestimmt dann mindestens noch die „Lady in Red“ vom guten Chris de Burgh,

die irgendwie „bleibt“, weil sie hängt ja schon seit Jahren an mir und lässt mich nicht gehen,

aber sie ist eben nicht aus meiner Feder und außerdem ein besseres Lied

als „Ricco Mio“ (lacht). Als ich begonnen habe, das Lied vom Chris zu singen,

habe ich es echt geliebt, und dann ist, im Laufe der Jahre, eine Hassliebe draus geworden

allein wegen dem Umstand,

dass man es immer von mir erwartet hat, dass ich es quasi singen musste... und je nachdem,

wie man sich gerade fühlt, kann es zur Tortur werden, ein bestimmtes Lied singen zu müssen,

funktionieren zu müssen allein, um Erwartungen zu erfüllen.

Ich bin ja nicht Van Morrison... das heisst aber auch, dass ich leider nicht seinen Status habe,

sobald's an den Geldbeutel geht und man die Kohle dringend braucht, ist Verweigerung

nunmal keine so gute Idee (lacht).

Was Gedichte betrifft übrigens ist es eigentlich recht einfach: Was irgendwie peinlich sein könnte,

kommt zur „Pennälerlyrik“ dazu (lacht herzlich), aber nein, ich hasse da nichts und mir

ist auch wirklich nichts davon peinlich, denn sonst stünde es nicht da.

Ich liebe übrigens das Original von „Have I Told You Lately“ so sehr, dass ich die

Coverversion vom Rod Stewart fast nicht ertrage, obwohl es da eine richtig gute Live-Aufnahme

gibt, jene, die auf der Bonus-CD von „Time“ zu hören war.

Er hatte es also zum Hit gemacht und weil's deswegen nicht nur Fans vom Van bekannt ist,

ist's natürlich auch ein Lied für's Publikum, wenn ich es singe,

aber im Ernst, wehe, Du findest es von mir nicht besser als vom Rod,

das ist da das mindeste, was ich von mir verlange, denn die Hitversion mag ich nicht,

auch nicht die auf „Unplugged and Seated“, was dennoch eine tolle Scheibe ist.

Rod mag mir das verzeihen, er hat für meinen Geschmack dafür die geilste Version

von „You Keep Me Hangin' On“ gemacht, aber für wen war das denn zuletzt ein Hit ?

Kim Wilde. Furchtbare Version.... haha. Nein, in Wahrheit, das muss ich korrigieren,

keine furchtbare Version sondern ganz okay, aber im Vergleich zu Rod war's für mich eben

Sondermüll, wenn ich Lust habe auf Kim Wilde, dann höre ich mir andere Lieder an.

 

Q: Oh ja, gutes Stichwort, reden wir mal über Deine Coverversionen !

Tut es Dir als Songwriter denn nicht weh, wenn Du Deine eigenen Lieder nicht

in den Vordergrund stellen kannst, wenn Du auf der Strasse spielst oder auf Festen ?

Wie kam es denn überhaupt zur Strassenmusik und damit auch den Coverversionen ?

Und mal ganz frech gefragt... machst Du das denn nicht hauptsächlich wegen des Geldes,

wenn Du Lieder anderer Leute nachsingst... wegen des Geldes oder zumindest,

um mehr Erfolg zu haben ? Mir scheint, Du hast selber zu wenig Vertrauen in Deine

eigenen Songs, wenn Du das machst...

 

A: Also, tut mir Leid, das ist kompletter Nonsens. Ich liebe, was ich mache, ich liebe diese Lieder,

völlig egal, wer sie geschrieben hat ! Ich mach' das doch nicht für mein Ego sondern aus Liebe

zur Musik ! Diese Fragen beinhalten so vieles, dass die Antwort mehr als eine ist und lang ausfallen

wird, also bitte hör' jetzt zu ohne mich zu unterbrechen und verzeih mir, wenn's dann klingt

wie ein Monolog, aber ich will Dir eine richtige Antwort geben, sonst verstehst Du ja

gar nichts und bleibst bei den Wertungen eines Menschen, der, da er nichts zu tun hat mit dem

Unterhaltungsgeschäft, keine Ahnung hat von dieser Arbeit... und auch ein Strassenmusiker

ist ein Unterhalter, egal, welchen hochtrabenden Anspruch er als Künstler vor sich hertragen mag.

Und mal abgesehen davon, dass man sich einen solchen Anspruch auch erst mal leisten können

muss, wenn man darauf Wert legt, mit der Realität in Kontakt zu verbleiben,

so ist auch Unterhaltung eine Kunstform, und die Kunst der Unterhaltung auf der Strasse

ist für sich genommen bereits etwas, das man lernen muss,

wenn man über Jahre ein Publikum behalten will.

Als ich damit anfing, hatte ich dringend einen Ausgleich gebraucht, ich stand bei und für

„Morgenschein“ unter einem Wahnsinns-Druck, denn mir war klar, dass, nach „Von Anfang an“,

die nächste Platte einen Break bringen muss, wenn das Projekt eine Zukunft haben soll,

es war nämlich das reinste Zuzahl-Geschäft, und zwar eins, welches immer mehr Zeit und Energie

forderte. Die meisten Lieder kamen auch da von mir, es war mir aber gelungen,

nicht nur den langjährigen Partner beim Songwriting selbst mehr einzubinden,

nein, sogar der neue Bassist brachte sich beim Texten mit ein, und wenn der Schlagzeuger

nicht ausgestiegen wäre... Manno, es war erstmals eine richtige Band, und das kostet eben

wahnsinnig viel Kraft. Dennoch war da zunächst ein ungeheures Potential, obwohl wir alle keine

Koryphäen an unseren Instrumenten waren und es manchmal im Proberaum furchtbar unkoordiniert

klang. Es hatte gar etwas Punkiges, was mir zwar gut gefiel, aber... natürlich musste ich als

Songschreiber darauf achten, es diesmal kommerzieller auszurichten als mit „Von Anfang an“.

Ich war also zur der Zeit, als ich mit der Strassenmusik begann, als Liedschreiber noch voll

und ganz mit Morgenschein beschäftigt, und der gewünschte Ausgleich, bei dem ich ganz ich selbst

sein konnte, fand schon allein deswegen durch und mit Coverversionen statt, weil ich so gut

wie gar keine eigenen Lieder dazu zur Verfügung hatte, aber unbedingt Englisch singen wollte

und ohne die ganzen Zwänge einer Band einfach als Performer das machen, was ich liebe.

Und da kam dann selbstverständlich auch das Geld ins Spiel, denn... diese Resonanz,

Entschuldigung, von einer solchen Resonanz plus Einnahmen hatte ich bei Morgenschein

damals höchstens träumen können, es war ein direkter Weg, den ich bloß gehen musste,

und schon war ein Publikum da, massig Feedback, echte Begeisterung...

und eben kein Zuzahlgeschäft mit Unmengen an Arbeit, das drohte, mich aufzufressen.

Der Ausgleich funktionierte, „Morgenschein“ aber funktionierte letztlich nicht,

mein Partner war eifersüchtig, sabotierte aber gleichzeitig die kommerziell wichtigsten Lieder,

die ich für „In Farbe“ gemacht hatte, nach dem Ausstieg des Schlagzeugers kam's noch vor

den Aufnahmen der übrig gebliebenen Lieder zu einem extremen Energieverlust

und das Ende vom Lied war, dass wir mit denen eben nicht den gewünschten Deal bekamen,

trotz aller Qualität und der Unterstützung wirklich guter Leute aus dem Business selbst.

Der Strassenmusiker Rupert, er war quasi zunächst nur eine Art „Vorgänger“ des „richtigen Solo-

Künstlers“, der aus mir nach der Trennung werden sollte, aber es war eben bereits Rupi solo

und damit eine wichtige Facette desselben...

und ich hatte damit und eben auf dieser Ebene sofort Erfolg gehabt, es wäre bescheuert von

mir gewesen, nicht darauf aufzubauen und nun die Strasse quasi dazu zu benutzen,

um plötzlich meine eigenen Lieder in den Vordergrund zu stellen.

Außerdem war das mit der Trennung ein langwieriger Prozess, denn nachdem „In Farbe“

nicht veröffentlicht wurde, kam's bei mir zur Schreibblockade.

Morgenschein“ wurden für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt, aber die Arbeit mit meinem

langjährigen musikalischen Partner war damit ja nicht einfach vorbei,

nein, für ihn wurde es nun immer wichtiger, mich irgendwie zu „behalten“,

und so kam es zu den „Angry Young Hearts“, einem reinen Studio-Projekt ohne Livekonzerte.

Das waren, wie zu Beginn von „Morgenschein“,

wieder nur wir beide mit Englischen Liedern, und nun wieder solche zu schreiben half ja tatsächlich,

meine Schreibblockade zu lösen, da konnte ich zunächst auch viel mehr ich selbst sein mit, obwohl

er letztlich auswählte, was geprobt wird und dann auch, was es zur Demoaufnahme bringt. Das

erste Demo der „Angry Young Hearts“ war ein einziger Song namens „Lovers on Fire“,

und der knallte wie die Sau. Der Text war mehr oder weniger bescheuert und damit Modern Talking-

Niveau, aber für ein Stück Popmusik... also echt, ich hab' die Aufnahme ja nicht,

das Zeugs hat alles er behalten, aber der Dieter Bohlen sollte sich das mal anhören

und sich dabei vorstellen, was man anno 1987 damit hätte erreichen können.

Wurde aber nix. Das nächste, zweite Demo dann, es war zwar textlich und musikalisch

anspruchsvoller und immer noch durchaus kommerziell, knallte aber nicht genauso und,

obwohl ich da noch voll hinter der Auswahl der Lieder stand, begann damit das Dilemma,

welches dafür sorgte, dass auch die „Angry Young Hearts“ sich nicht durchsetzen sollten,

warum wir auch damit keinen Deal ergattern konnten, denn... es war seine Auswahl.

Die allerbesten Lieder, die ich geschrieben hatte, wurden zunächst alle geprobt.

Wir probten sie und probten sie und probten sie zu Tode, und er wählte dann für die Demos

und unter einer zu starken Betonung des Kommerzgedankens frischere Lieder aus, die aber alle

nicht so gut waren wie jene, die wir zu Tode geprobt hatten.

Ich schreibe aber keine Lieder, damit sie dann vergessen werden, weil die neuesten immer die

Besten sein müssen und man ja wegen des gewünschten Deals immer das vermeintlich

Kommerziellste zur Aufnahme bringen muss. Wieder begann, der Frust zu überwiegen,

die Strassenmusik war immer noch zum Ausgleich nötig, und die Coverversionen machten letztlich

mehr Spass als das, was bei den „Angry Young Hearts“ von meinen Liedern übrigblieb.

Dann schrieb ich „A Summerlove“ und sah das Licht (lacht laut und herzlich).

Das war es... genau die Musik, die ich machen wollte, wenn es um eigene Lieder geht.

Die Frage war nur: „Geht das mit den Angry Young Hearts oder geht das nicht ?“.

Mein Partner hätte die endgültige Trennung nur vermeiden können, wenn es gegangen wäre,

und zwar so: Er hört das Lied, ist begeistert und will es, vielleicht gemeinsam mit einem Uptempo-

Song, genauso wie ich, als neues Demo aufnehmen.

Tja, aber genau dies war dann nicht der Fall, er hörte es sich an, fand es „nicht schlecht aber zu

altmodisch“, und wollte es dann nichtmal proben.

Es verschwand, wie so vieles, was nicht sein Gefallen fand, einfach in der Schublade...

und das Ende war besiegelt, obwohl ich nicht sofort den Beggel hinschmiss, sondern

für's nächste Demo ein Ultimatum setzte, da er davon sprach, dass von Seiten der Industrie

Interesse da wäre. Wir einigten uns für dieses Demo auf zwei Lieder, von denen mir klar war,

dass sie auch nicht den gewünschten Deal bringen würden, und falls doch... einen,

der uns und damit auch mir als Songwriter zumindest künstlerisch mehr Freiheit brächte,

als man als Newcomer im Geschäft erwarten kann, denn das eine Lied hatte zwar

Ohrwurmqualitäten, aber drängte sich nicht als Hit auf, und das andere Lied, an dem er

ausnahmsweise mal richtig mitkomponiert hatte, war unkommerziell aber spannend.

Natürlich bekamen wir damit keinen Deal. Wir hätten mit „Lovers On Fire“ einen bekommen

müssen, denn das war das kommerziellste und, trotz des Textes, auch Beste geblieben,

allein „A Summerlove“ hätte dem noch einen draufsetzen können, Mode hin, Mode her.

Ich wollte dann doch lieber Qualität, und ich spielte „A Summerlove“ auf der Strasse,

die Reaktion der Leute war... sagen wir mal so, es gab da keinen Unterschied zu den bekannten

Hits... außer „Was ? Der Song ist von DIR ??? Suuuuper !“.

Ich musste, nach der Trennung, zwar einen Neubeginn machen, hatte aber bereits etwas,

worauf ich aufbauen konnte... ein Publikum. Und das mit den eigenen Songs... es ist in Wahrheit

ein Segen für mich, wenn ich die nach Lust und Laune auswählen kann und sie nicht

total ins Zentrum stelle, auch wenn Du das vielleicht nicht nachvollziehen kannst.
 

Es gibt ja auch Auftritte, bei denen sie das tun... im Zentrum stehen... und zwar, weil ich dort

für Leute spiele, die sie kennen und hören wollen. Oder ich werde engagiert, soll aber möglichst

keine Coverversionen singen, weil man keine Gema bezahlen möchte,

zum Beispiel dieses Charity-Event im Juli 2010 auf einem Schiff in Berlin.

Eigentlich ist es alles eine Frage dessen, was von mir erwartet wird bzw.

was ich mir erlauben kann,

ohne Erwartungen zu enttäuschen, aber um die eignen Lieder vollständig ins Zentrum meiner

Liveauftritte zu rücken, müsste ich die Möglichkeit bekommen, sie als Studioalben professionell

zu produzieren und auch in die Läden zu bringen, bräuchte dabei bzw dafür wohl den ein oder

anderen Hit und könnte so die Gewichtung in den Setlists wegen der Nachfrage entsprechend

verschieben. Wer jetzt aber meint, ich würde dann keine Coverversionen mehr machen

oder wäre auf so was aus, der irrt sich gewaltig. Tatsache ist, dass es mir natürlich entgegenkäme,

die Gewichtung zu verschieben, den Anteil selbstgeschriebener Songs weiter zu erhöhen,

aber alles hat seine Vor- und Nachteile,

und jetzt nehmen wir nur mal an, ich hätte ein Füllhorn an selbst geschriebenen Hits,

die mein Publikum dann von mir erwartet... ich stelle mir das wirklich nicht als optimal vor,

ich müsste zwangsweise Erwartungen enttäuschen, um dann selber so happy zu sein,

wie ich es mit der Strassenmusik von Beginn an war, ganz ehrlich.

Das heisst nicht, das ich's nicht so machen würde, oh nein, aber es gehörte dann eben zum Preis

des Erfolgs dazu, mich nicht so zu verweigern, wie es heute zum Beispiel die Gitte Hänning macht.

Bei ihren aktuellen Auftritten singt sie gerade mal 3 ihrer großen, „eigenen“ Hits...

Lampenfieber“... „Ich will alles“...

und diese in verjazzten Versionen, wobei der „Cowboy als Mann“ gar nicht ausgeschlossen bleibt,

sondern völlig dekonstruiert wird. Lese mal die Bewertungen auf eventim.de, und Du siehst,

welches Risiko sie damit eingeht, denn natürlich enttäuscht sie damit regelmäßig auch Erwartungen

ihres „alten Publikums“, das gekommen ist, um auch „Die Frau, die dich liebt“, „Etwas ist

geschehen mit mir“, „Freu Dich bloß nicht zu früh“ oder gar „So schön kann doch kein Mann sein“

zu hören. Alles Lieder, die man exklusiv mit ihr verbindet, zumindest in Deutscher Sprache...

richtige Hits. Sie aber singt, was sie singen will, ob Hit oder nicht, und da gibt’s natürlich auch

Fans, die glücklich sind, wenn zum Beispiel „Go to Hell“ erklingt, das sie bereits 1969

aufgenommen hat... aber es war nunmal kein Hit für Gitte, sondern für Nina Simone.

Verstehst Du ? Ich war unlängst bei ihrem Konzert, wo ich Privates Vergnügen mit Geschäftlichem

verbinden konnte, und ich sag's Dir, die Frau ist... über 70 und wirklich großartig,

aber ich würd's eben doch nicht so machen an ihrer Stelle, obwohl sie mich damit glücklich

gemacht hat und der Applaus mit Standing Ovation am Ende gottseidank der Leistung angemessen

ausfiel. Die Klagen der enttäuschten Konzertbesucher wird man mutmaßlich dennoch hinterher auf

eventim.de nachlesen können, und diese Leute nun bleiben außen vor bzw. künftig eben weg.

Das Gute für Gitte ist, dass sie's nicht mehr nötig hat, sich zu verbiegen, sie kann ja machen,

was sie will, aber auch da muss man erstmal hinkommen, das geht ohne ein gewisses finanzielles

Polster eben auch nicht. Ja, abgesehen davon, ob man sich wohlfühlt und identifizieren kann mit

dem, was man macht, geht es immer wieder um die Frage, wo man eigentlich hinkommen will.

Dafür ist es wichtig, zu realisieren, wo man tatsächlich ist und welchen Weg man, möglichst unter

Beibehaltung des Wohlbefindens als Künstler, einschlagen kann.

Wenn Du um Deine Existenz kämpfst, machst Du eigentlich automatisch Kompromisse,

die Frage ist dann nur wo und welche Du eingehst, und man kann wirklich alles zum Ausverkauf

erklären, sobald's um Geld verdienen geht, aber Geld muss eben verdient werden,

wenn nicht mit der Kunst... dann eben mit was Anderem.

Die Gier nach Geld, die Sucht nach Anerkennung... die führen zum Ausverkauf,

aber nicht das, was man, unter Beibehaltung seiner künstlerischen Integrität und Wahl,

für sein Publikum macht.

Und „Rupert auf der Strasse singt Lieder anderer Leute nach...“, das war eben der Beginn

von Rupert dem Solokünstler, der dann, bei der Trennung von seinem langjährigen Partner,

neben „A Summerlove“ noch zwei weitere Lieder von den „Angry Young Hearts“

mitnahm, einfach weil es meine waren und trotz gemeinsamer Proben nicht aufgenommen werden

sollten. Schlimm genug, was der dann aus alten Textideen von mir mit „Morgenschein“ machte,

als er's dann mit dem Bassisten und anderen, neuen Leuten wieder versuchte.

Live-Konzerte gab's da dann gar keine mehr, und was die Demos betrifft, die ich gehört habe...

nun, die Musiker waren gut, aber ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich mit den Endergebnissen

überhaupt nichts zu tun gehabt hätte. Es gab da ein Lied namens „Sanfte Liebe“, von einer

Sängerin gesungen, ich sag's Dir, wenn das veröffentlicht worden wäre, ich wäre wegen

Rufschädigung vor Gericht gezogen,

wenn man mich in den Credits erwähnt hätte, und dies wiederum hätte man dann,

wegen massivem Metaphernklau aus einem meiner besten Texte für „Morgenschein“, sogar

müssen... das heisst, ich wäre sonst deswegen vor Gericht gezogen (lacht), ne, ich glaub, ich hätte

das Beklaut werden der Rufschädigung vorgezogen und mich damit abgefunden,

aber es war fürchterlich,

weil's den Inhalt so verdrehte, dass die Frau, die da sang, sich mit der Rolle,

die sie dabei dann einnahm, quasi selbst entwürdigte, ohne es zu merken.

Also... Texten war nicht seine Stärke, und wenn man schon klaut,

dann sollte doch wenigstens was Sinnvolles dabei rauskommen,

wo dem denkenden Zuhörer nicht schlecht wird von.

Ausserdem gab es--- natürlich –- eine weitere „Odyssee“, die musikalisch noch zehrte von der

zweiten oder dritten Variante, an der ich leider – neben der ursprünglichen – auch beteiligt war,

besser aber als die erste ist's nie geworden (lacht wieder).

Ich konnte mich letztlich immer wohl fühlen mit dem, was ich als Solokünstler mache,

auch wenn ich in schweren Zeiten ganz sicher auch zu weit gegangen bin,

die Musik zu sehr instrumentalisiert habe, ganz einfach, weil ich Geld brauchte.

Es ist immer ein Akt der Prostitution, wenn man das, was man dann im Moment tut,

nicht primär deswegen macht, weil man es liebt, sondern eben... zum Beispiel weil der

Gerichtsvollzieher droht. Aber grundsätzlich tat ich sogar dabei noch immer das, was ich liebe,

nur eben nicht, wie es eigentlich sein sollte, primär deswegen.

Wenn man mich nun deswegen auf eine Stufe mit einer Nutte stellen möchte, so kann man es

tatsächlich tun, muss aber, und darauf bestehe ich, noch immer einen Unterschied zur Hure im

Wortsinne machen, denn die Hure hat in Wahrheit keinen Preis, und ich bin im Zweifelsfall

sogar richtig teuer, wenn Du verstehst, was ich meine. Kannst Du mir überhaupt noch folgen ?

 

Q: Naja, eigentlich nicht, aber Du kannst gerne noch was über Coverversionen erzählen,

die Dir besonders wichtig sind.

 

AW: Oh... sie sind alle wichtig, ob die Lieder nun Hits waren und damit allgemein bekannter sind

oder nicht. Ich hab jedes der Lieder selber ausgewählt, weil's ich's irgendwann machen wollte.

Für Deine Frage erscheinen mir nun Coverversionen von Hits wichtig,

die ihrerseits Coverversionen waren, als sie es dann zum Hit brachten, also,

zum Beispiel, wie bereits erwähnt,

Have I Told You Lately“... im Original von Van Morrrison, ein Hit für Rod Stewart.

Ich liebe das Original, diese Aufnahme auf „Avalon Sunset“, sie ist nicht zu schlagen,

auch nicht von Van selbst, der's live gerne verswingt.

Und wenn ich da mit ihm in einen Konkurrenzkampf treten wollte, ich könnte nur verlieren,

aber darum geht’s eben nicht, sondern es geht um's Lied, das ich liebe, und dass ich es gut mache.

Gut mache für mich und mein Publikum,

dass ich's auf meine Weise probiere, weil ich's singen wollte, singen will.

Doch, ich hoffe tatsächlich, ich mache Van's Song besser als Rod,

auch wenn das eingeblidet klingt,

während ich bei „She's the One“ hoffe, dass ich's wenigstens so gut mache wie Robbie Williams,

denn auch hier liebe ich das Original über alles und der Robbie hat es gut gemacht, obwohl er

zwangsweise dahinter zurückbleiben musste. Ähnlich wie bei „Have I Told You Lately“

kennen viele Leute das Original überhaupt nicht, denn als World Party das Album „EGYPTOLOGY“

herausbrachten, war irgendwie der Zenit des Interesses an Karl Wallinger 's Projekt überschritten,

sodass es sich lange nicht so gut verkaufte wie die Vorgänger, obwohl es noch besser war.

Na gut, es war ja auch weniger kommerziell, „BÄNG !“ hatte außerdem eine heftige „Prince-

Schlagseite“ gehabt, mir eindeutig zu heftig, aber ausgerechnet die war am Besten gelaufen,

und dann kam Karl mit so was... „Karl macht alles allein daheim diesmal vor allem Beatles meets

Beach Boys meets Hendrix und dies ist meine persönlichste Platte !“, ich musste es ja lieben, aber

da er trotz beachtlicher Verkäufe auch von „Goodbye Jumbo“ den ganz großen Durchbruch nicht

geschafft hatte, war das dann ein zu viel an Kunst und auch noch zur falschen Zeit...

während Karl's Musik für mich persönlich eine Oase der Lebendigkeit blieb,

die genau zur richtigen Zeit kam, wohlgemerkt, ich sage das also nur unter kommerziellen

Gesichtspunkten, unter denen gesehen „Goodbye Jumbo“ das „bessere Album“ gewesen ist,

da viel tighter arrangiert, gespielt und produziert. Aber musikalisch... künstlerisch... setzt

„Egyptology“ noch einen drauf.

Es gibt ja Leute, die sich über Robbie's Version aufregen, weil... eigentlich ist der Karl gar nicht

gefragt worden, Guy Chambers nahm's einfach mit zu Robbie, aber geklaut wurde es deswegen

doch nicht, der Karl hat doch die ganzen Songwritingtantiemen bekommen,

also bitte. Und wenn's um meine eignen Lieder geht und jemand was covern will,

so wäre es mir im Zweifelsfall zwar auch lieber, gefragt zu werden, aber Strassenmusiker...

ey, die bräuchten, solang sie's nicht als ihr eignes Ausgeben, nichtmal das,

und auch andere... also... wenn ich so auf meine Finanzen gucke... es könnte

natürlich helfen, wenn Ed der Scherenmann oder der nasale Passagier

mal netterweise eins meiner Lieder covern... wenn's zum Hit wird sage ich bestimmt nicht nein.

Sollte aber ich trotz meines Alters selber doch noch mit irgendwas zu Hit-Ehren kommen,

dann weiß ich zumindest schon, was mir blüht... und dass mein Verhältnis zum Lied

mit Sicherheit nicht dasselbe bleibt wie am Anfang.

So oder so kann's hie und da tatsächlich mal peinlich werden, aber so ist das Leben.

 

 

Q: Habe ich das ansonsten richtig verstanden, Du willst als Songschreiber gar nicht mehr

besser werden ? Irgendwie klingt das zumindest so ! Für wie gut hältst Du Dich eigentlich ?

 

A: Das hast Du schon richtig verstanden, auch wenn ich deswegen nun dastehe wie ein

eingebildeter Emporkömmling. „Besser“ werden will ich tatsächlich nicht mehr, oder mit

nem neuen Lied ein „besseres“ schreiben als bereits vorhandene.

Bin ich deswegen eingebildet ? Ich hoffe nicht, Tatsache ist aber, dass ich doch mit einem

guten Teil meiner Lieder wirklich happy bin, und irgendwie ist das mit dem „besser werden“

dann kein relevantes Ziel mehr, auch wenn ich weiterhin dazulernen möchte, um mehr zu können.

In diesem Sinne will ich natürlich immer noch besser werden, denn man lernt ja nie aus !

Als Musiker besser werden dadurch, dass ich dazulerne,

dass ich mehr kann und es dann anwende, das ist etwas ganz anderes als ein besseres Lied als

zum Beispiel „A Summerlove“ zu schreiben... denn das wird mir auch mit allem, was ich noch

lernen kann, nicht gelingen, es ist perfekt so, wie es ist, auch ohne bereits gekonnt zu haben,

was es da an Vielem noch zu lernen gibt. Verstehst Du, was ich meine ? Nein, ich sprach davon,

ein gewisses Niveau nicht zu unterschreiten und dass dies ein echtes Ziel für mich als

Songwriter ist und bleibt. Es geht dabei dann eben nicht darum, bessere Lieder zu schreiben,

sondern in die Breite zu gehen, mehr Vielfalt zu schaffen und immer wieder den jeweiligen Punkt zu

treffen, um den es einem Lied selber geht,

auch wenn sich das komisch anhört. Wie meine ich das ? Nun, „A Summerlove“ ist bereits

geschrieben, es hat keinen Sinn, es nochmal schreiben zu wollen, aber Lieder, die genauso gut

sind, die für sich genommen auch jedes perfekt sind, das ist ein gutes Ziel...

also neue, andere Lieder, die ich unabhängig vom bereits geschaffenen ähnlich positiv bewerten

kann. Vielleicht, ja hoffentlich, werde ich dadurch auch besser, aber die Lieder selbst werden's

wohl nicht mehr sein, denn auch ich habe ein Limit.

 

Q: Also, Du stellst Dich offenbar doch auf eine Stufe mit den „ganz Großen“,

die Du bewunderst, also veräpple mich nicht, denn wenn Du sagst, dass es nicht besser

ginge... dann meinst Du's entweder so oder Du schummelst.

Oder verstehe ich etwa nur Bahnhof ? Sorry, ich komme mir veräppelt vor,

wenn Du nun plötzlich von einem „Limit“ sprichst, also... findest Du nun,

dass man keine bessren Lieder schreiben kann als dies oder jenes,

was Du geschrieben hast,

oder willst Du das nun wieder relativieren ? Raus mit der Sprache,

ich glaub, jetzt hab' ich Dich mal erwischt !

 

A: Oh, ja, das ist gut, ich sehe den Widerspruch, und deshalb wird’s Zeit, völlig ehrlich zu sein,

vielleicht hab' ich da wirklich geschummelt, aber ohne das zu wollen,

denn... ja, ich finde schon, dass ich als Songwriter längst genauso gut bin wie Neil Diamond oder

Chris de Burgh oder Cat Stevens, man soll ja sein Licht nicht unter'n Scheffel stellen,

aber dennoch gibt es Limits, und die will ich auch bei der Eigenbewertung nicht außer Acht lassen.

Du musst Dir das so vorstellen:
 

Ich habe meine eigenen Ideale als Songschreiber, und wenn ich denen mit einem neuen Lied

dann auch genüge, dann ist es das, ich verlange nicht von mir, auf Woolly's Niveau mit zum

Beispiel „Sea of Tranquility“ oder „In Search of England“ aufzusteigen, denn

dazu fehlt mir dann doch das Talent. Wenn ich aber im Internet lese, dass ein Hörer

Sea of Tranquility“ für eine furchtbare Komposition hält, dann hab' ich trotzdem Hoffnung,

wenigstens mit „Since I First Saw the Moon“ zu punkten... ne, ganz ehrlich, die Geschmäcker

sind verschieden, aber wenn ich so nen Kommentar lese, dann denke ich „naja, gefällt ihm nicht,

aber kann kein Musiker sein, unmöglich, denn Musiker müssen es hören....“ wie Woolly sich da

deutlichst abhebt von seinen Bandkollegen, das ist ein ganz anderes Niveau und man kann hier

auch objektiv von „besser“ sprechen, weil da jemand hörbar viel mehr kann.

Der Schuster soll bei seinen Leisten bleiben... heisst es. Und für mich bedeutet das auch,

dass ich größenwahnsinnig würde, wenn ich allen Ernstes ein solches Niveau von mir selber

verlange, denn das habe ich nicht, ich will das Bestmögliche aus mir herausholen mit dem,

was ich mitbringe, und bin glücklich, wenn mir das immer wieder neu gelingt.

Und auch wenn man objektiv sagen kann, dass ein Woolly einfach mehr konnte,

so bleibt die Bewertung von „Sea of Tranquility“ als „besseres Lied“ als zum Beispiel „Hymn“

vom John dann doch eine subjektive, weil „Hymn“, für sich genommen und dann auch noch

für John Lees, als ganz bestimmt genauso gut gesehen werden kann, nämlich ein Lied, wie John ein

bessres gar nicht schreiben konnte, und dann auch noch... der Klassiker schlechthin für die Band,

ein Hit für die Ewigkeit, obwohl die Single sich ja gar nicht so gut verkaufte.

Weißt Du, warum ? Die Leute kauften eben lieber gleich das Album, denn damit

bekamen sie auch gleich „Poor Man's Moody Blues“ und „Hard Hearted Woman“ und und und... !

John ist zurecht stolz auf „Hymn“, aber wenn Du Dir dann das zweite Lied anhörst, welches

er gern erwähnt, wenn's um seine Lieblinge geht, dann wirst Du schlucken,

denn es ist „How Do You Feel Now?“ vom „Turn of the Tide“-Album.

Dieser Song ist tatsächlich genauso gut und damit ein weiterer „Peak“ für John Lees,

aber man hört es nicht wirklich, denn die Umsetzung ist eher... suboptimal ausgefallen.

Das ganze Album machte erschreckend deutlich, wie sehr Woolly der Band in genau

diesem Bereich fehlte, denn er war eben viel viel mehr als ein Songwriter...

und bei „Gone to Earth“ hatte er als Arrangeur das ganze Projekt in die Hände genommen,

die anderen hielten sich dann, laut Co-Produzent David Rohl, bei der Umsetzung eher vornehm

zurück... und obwohl gerade Les Holroyd mit seinen Songs zu jener Zeit nicht wirklich sein

Optimum brachte, eher experimentierte und nach einer Richtung suchte,

fällt dies nicht negativ ins Gewicht:

Gone to Earth“ ist eine tolle LP, wirklich... und Woolly's „Sea of Tranquility“ setzt ihr das

Sahnehäubchen auf, so jedenfalls sehe ich das.

Und das liegt an Woolly's größeren Talenten, die dazu führten, dass da mehr Potenz war.

Der bessere Liedschreiber war er deshalb nicht unbedingt,

denn nicht immer fielen die Ergebnisse bei ihm derart rund und in sich schlüssig aus,

und daran hatte er zu arbeiten, aber wenn er mit seinen Talenten

das Optimum erreichte, dann übertraf er die anderen... und da alle großartige Lieder schrieben,

jeder mit seinen Talenten und Limits, bleibt diese Band für mich einfach das,

was die Beatles für andere Musikliebhaber sind, denn bei den Beatles waren's ja auch drei

tolle Songwriter, die für eine ungeheure Vielfalt sorgten.

Les Holroyd peakte, für sich gesehen, später dann wieder mehr, vor allem auf „Eyes of the

Universe“, zuvor war's wohl „Time Honoured Ghosts“, für die er sein Optimum erreichte...

und dort hatte er, hatte die Band noch den Woolly, und mit ihm zusammen eben ein höheres

Niveau.

 

Q: Die Beatles ? Ich dachte, Du bist kein Fan von denen... hast Du Dich denn trotzdem so

mit ihnen beschäftigt, dass Du da Vergleiche ziehen kannst ?

 

Natürlich hab' ich mich mit den Beatles beschäftigt, kein Songwriter kommt da an ihnen vorbei,

und obwohl ich da trotzdem kein ausgewiesener Fachmann bin, so konnte ich bei der Beschäftigung

mit ihnen doch eine Menge lernen, eine Menge sehen, wenn Du so willst.

Viele Musiker, die ich liebe, sind extrem von ihnen beeinflusst worden und damit sozusagen...

an meiner Stelle Fans dieser Band, ihr Einfluss ist allgegenwärtig auch bei BJH,

bei Billy Joel, bei den Bee Gees, Elton John, Tears for Fears und vielen, vielen anderen.

Ich habe Hochachtung vor den Beatles, aber deshalb muss ich sie doch nicht gerne hören, oder ?

Was es da an Ergebnissen gab, es trifft eben doch nicht so sehr meinen Geschmack...

genau so, wie es viele Kleinigkeiten sind, die dazu führen, dass ich BJH so liebe,

so sind es eben auch viele Kleinigkeiten, die dazu geführt haben, dass die Beatles

hier bei mir daheim ganz selten gespielt werden.

Es ist wirklich eine Geschmacksfrage, denn, wie gesagt, auch sie hatten drei großartige

Liedschreiber, und ich kann die Lieder ja sezieren auch unabhängig davon,

wie sie dann im Endergebnis klingen, ja, ich denke, John Lennon würde mir sogar in vielem

zustimmen, wenn ich da in die Details gehe, die mir dann nicht so gut reinlaufen.

Selbstverständlich haben er und Paul McCartney als Liedschreiber unglaubliches geschaffen,

und als eben solche, als Liedschreiber, bin ich auch ihr Fan, aber dann eben doch nicht

ein Fan der Band als Ganzes.

George Harrison blieb dort der „ewige dritte“, war aber nicht wirklich weniger talentiert

als McCartney, der in dieser Band – meiner bescheidenen Meinung nach – am meisten glänzen

konnte mit seinen Talenten, da er immer wieder sein Optimum erreichte,

und bei Lennon... sind wir mit einem Genius konfrontiert, welcher die anderen überragt,

dessen Talente weit über das hinausgingen, was man hören kann, weil er aus verschiedenen

Gründen nicht immer sein Optimum erreicht hat.

Aber lass' mich zurück kommen zu meinen Liedern und wie ich mich da selber einordne.

Ich glaube ganz ehrlich, dass ich selber ein überdurchschnittlich guter Songwriter bin,

auch wenn ich bei zum Beispiel Woolly mehr Talent sehe, aber der war ja sowieso weit

überm Durchschnitt der allermeisten Liedschreiber im Unterhaltungsbereich...

Burt Bacharach oder George Gershwin brachten auch mehr Talent mit als die meisten von uns,

aber solche Leute sind eben Ausnahmen und außerdem mussten auch die erstmal ihr eigenes

Optimum erreichen, um dann andere auszustechen, weil man's dann zwangsweise hören musste,

dass sie einfach mehr konnten.

In dieser Liga spiele ich nicht, aber eben in einer anderen – und in der, so glaube ich,

kann ich ziemlich gut mithalten und habe, vor allem, dabei auch einen eigenen Stil entwickelt,

meine Persönlichkeit ist hinter den Songs erfahrbar, spürbar, die Kunst erreicht ihr Ziel.

Ich glaube aber einfach nicht, dass ich bessere Lieder schreiben kann als auch „Beautiful Thing“,

also muss ich das vergessen und vergiss auch Du das einfach, nach meinen Maßstäben und mit

meinem Geschmack kann ich dann nur scheitern.

Was aber möglich ist, das ist zum Beispiel, dass ich mit einem anderen Lied dann bei jemandem

ankomme, der „Beautiful Thing“ gar nicht mag. Für den ist es dann ein „besseres Lied“,

und das ist prima, also wäre auch das ein Ziel: „Schreib mal ein Lied, das jemandem gefällt,

der dies oder jenes von Dir nicht mag“.... so wie Neil Diamond sich mal zum Ziel gesetzt hatte,

so viele gute Songs zu machen, dass irgendwann für jeden wenigstens einer dabei sein würde,

den er oder sie richtig mag (Anm von Rupi: Das hat er selbst geschrieben in seine „In My

Lifetime“-Box !).

Ein bessres Lied als „September Morn“ kann man aus seiner Sicht mMn doch gar nicht schreiben,

aber für jemanden anders ist es eben „Cracklin' Rosie“, verstehst Du ?

Das Niveau ist, trotz aller Limits, die auch er hat, wahnsinnig hoch,

es ist seins, es ist das, was er am Besten kann und er peakt damit... und ein besserer

Liedschreiber als er werde ich nie sein, nie werden, denke aber, dass ich mit meinen besseren

Sachen zumindest mithalten kann und, solange ich ein gewisses Niveau halte, genauso gut bin.

Wir reden hier übrigens einzig von Liedern, also von mir als Liedschreiber, denn

als Performer will ich mich nicht auf eine Stufe

mit diesen Koryphäen begeben haben, außerdem kann man ja immer sagen,

dass ich mir bestimmte Dinge nur einbilde, solange ich nicht auf einen größeren Bekanntheitsgrad

oder eben Hits verweisen kann.

Ich rede einfach von Liedern und deren Qualität an sich, es ist meine Arbeit bzw. ein wesentlicher

Teil davon und ich weiß nicht nur, was ich kann, ich weiß auch, was ich mache, wobei ich eben auch

hören kann, was andere machen,

hören und verstehen, meine Wertungen sind also keine Willkür.

Wieso soll ich nicht sagen dürfen, dass „A Summerlove“, auf seine Art,

genauso gut ist wie „The Lady in Red“ ?

Weil ich sonst fürchten muss, wie Ed Wood zu erscheinen, der von seinen Filmen dachte,

sie wären genauso gut wie die seiner Vorbilder ?

Das wäre lustig... und Ed Wood ist ja wenigstens deswegen Kult.

Nein, ich denke, bei mir ist da deutlich weniger Einbildung vorhanden als bei diesem

sympathischen Träumer, vielleicht sogar gar keine und deshalb ein Defizit an Naivität,

ich finde jedenfalls, dass ich eher immer wieder Gefahr laufe, zu verkopft zu werden bei der Arbeit,

und dann ist's gut, wenn ich zum Beispiel „Life is for Living“ singe und mich daran erinnere,

dass ich „Ricco Mio“ und „The Poor Man's Daughter“ geschrieben habe.

Es ist nur so, dass ich mit denen wieder Gefahr laufe, das Niveau, das ich von mir verlange,

dann doch zu unterschreiten, und wenn mir das egal würde, und sei es nur, weil ich Spass haben

will, mehr Spass haben will oder das Publikum mich da in eine solche Richtung drängen würde,

und ich gäbe da nach... auch um des lieben Geldes Willen... dann droht mir tatsächlich ein

Niveauverlust. Ne, ich bin als Songwriter genauso gut wie viele meiner Vorbilder, das behaupte ich

hier mal ganz dreist, und setze mit dem Zusatz noch einen drauf, denn dies bin ich objektiv,

subjektiv gesehen werde ich allerdings manche davon dann doch nicht oder nur in Ausnahmefällen

erreichen, zumindest nicht deren Standard,

zum Beispiel den bei den Bee Gees, ohje, das ist sauschwer, wenn man sich an denen messen will,

da muss ich mich schon sehr anstrengen und vor allem besonders inspiriert sein.

 

Q: Die Bee Gees ? Was hat denn Deine Musik mit der von denen zu tun ?

 

A: Gar nicht mal so wenig ! Klar klingt das, was ich mache, mehr nach Cat Stevens als nach

Saturday Night Fever, aber das liegt einfach am Stil und ein bißchen auch an dem, was man

eben auch aufgrund der Strassenmusik mit den Coverversionen von mir erwartet...

aber vor allem liegt es dadran, dass ich solo unterwegs bin und die akustische Gitarre dabei

mein Hauptinstrument neben der Stimme ist, sich also alles, was ich da dann mache,

darauf aufbaut, solange ich keinen anderen Weg der Produktion wähle als den,

meine Liveaufnahmen mit Gitarre und Gesang zuhause dann mit Overdubs zu versehen,

und das mache ich ja seit Jahren hauptsächlich, auch weil ich kein Geld fürs Tonstudio habe.

Klar, man könnte nun sagen, dass ich's doch zuhause machen sollte, heutzutage geht das ja auch

mit PC, aber... sorry, um meinen Gesang aufzunehmen müsste ich mir dafür einen schalldichten

Raum einrichten, ne, das geht nicht, und wenn ich die Stimme zurücknehme hat's keinen Sinn,

dann fehlen massig Emotionen und auch eine Heimstudioaufnahme käme nie heran

an das, was ich eben so aus den Liedern rausholen kann, wenn ich einfach Liveaufnahmen

nachträglich bearbeite. Durch die Basis dieser Aufnahmen klingt's eben auch eher... folkig ?

Was mich aber zum großen Cat Stevens-Fan auf Lebenszeit gemacht hat, waren gar nicht so sehr

die Folksongs, mit denen er auch mich zunächst erreichte, nein, es ist diese ungeheure Vielfalt

und dass es da eben auch ein „18th Avenue“ gibt, eine „Foreigner Suite“, ja, und auch eine Prise

Pop, „Old Schoolyard“ ist ein fantastischer Popsong. Und bei meinem Lieblingslied „Majik of Majiks“

geht’s auch mit in den Jazz, ich bin da total offen, auch, was meine eigene Arbeit betrifft,

in Wahrheit kenne ich da keine Berührungsängste.

Als ich 1996 mein 4-Song-Demo aufgenommen habe, mit „Find the Miracle“, „Crazy World“,

God Alone“ und „Blue Horizon“, war mir von Beginn an klar, dass es „Blue Horizon“ ist,

mit dem ich davon den Erwartungen meiner Hörer am meisten entspreche,

obwohl es für mich in Wahrheit eine Ausnahme darstellte, denn... es ist eigentlich ein

lupenreiner Country-Song, und Countrymusik war nie wirklich meins,

ich war damals auch noch weit davon entfernt, John Hiatt-Fan zu sein.

Trotzdem wusste ich... mein Demo ist ansonsten ein Wagnis, denn man muss schon mit offenen

Ohren und das heisst ohne Schablonen hinhören, um das Potential auch der anderen Lieder

zu erkennen. „Find the Miracle“ ist ein Ohrwurm und potentieller Hit, weswegen ich es unbedingt

machen wollte, aber außer von Freunden und auch Arbeitskollegen aus dem Musikhaus,

die gar nicht so viel von mir kannten, wurde das leider nicht bemerkt.

Ich hatte es kommen sehen aber dennoch war's mir wichtig, mit diesem Demo die Leute

bei der Industrie zu testen... dies und auch, die Lieder in ordentlichen Aufnahmen zu haben,

um sie anhören zu können und auch anderen Leuten vorspielen, war meine Hauptmotivation

dafür gewesen, das Geld, das mir damals dafür zur Verfügung stand, auch auszugeben.

Einen Deal dadurch zu bekommen, also... die Motivation, die es lange Zeit mal gab,

wenn man Demos aufnahm, war gar nicht so wichtig dabei, was aber wichtig für mich war,

das war, per Test herauszufinden, ob die Leute bei den Plattenfirmen das Potential erkennen oder

unter akustischer Verstopfung wie Blindheit leiden, weil sie nicht gleich auf penetrante Weise

einen Sure-Fire-Hit angeboten bekommen... sondern einfach nur gute Lieder, die ins Ohr gehen.

Und letzteres war eben leider der Fall. Klar, „God Alone“ ist zwar nicht schwer anzuhören,

aber dass dieses Lied das am wenigsten kommerzielle war, war mir auch bewusst.

Aber „Find the Miracle“ ist eigentlich nicht nur schweinekommerziell,

durch meinen späteren Remix noch mehr als zuvor,... was heisst.... vielleicht hören sie's ja jetzt...

aber auch damals... in meinen Augen hätten sie es hören müssen, wenn es ihnen um gute Lieder

geht, und genau das ist doch das Problem, es geht ihnen zwar um Hits, aber gar nicht mehr um

gute Lieder, von denen dann welche zu Hits werden können, und auch nicht um Kunst,

dies war das eindeutige Ergebnis meines Tests, das mir zeigte, was ich von denen zu halten habe,

während sie dachten, dass da ein Nobody beweisen müsste, dass er ein Star wäre oder so was,

und dass dieses Demo damit eben einer von vielen Versuchen wäre, einen Deal zu ergattern.

Wenn es einzig um so etwas gegangen wäre, hätte ich es entweder anders gemacht oder

überhaupt nicht, weil es mir um viel, viel mehr geht... und denen eben nicht bzw. nicht mehr.

Auch „Crazy World“ ist ein Ohrwurm, der Refrain davon ist absichtlich nicht der Höhepunkt,

denn einen solchen braucht das Lied doch als Refrain gar nicht mehr,

es hat doch den wahren Climax direkt danach und dieses Hoch hält sich bis zum Ende,

also habe ich solche gängige Schablonen auch absichtlich nicht benutzt.

Bei entsprechender Promo kann aber auch ein solches Lied voll einschlagen,

auch hier habe ich es später mit dem Remix noch verdeutlicht, bei dem ich einen Synth-Bass

hinzufügte und für den Climax ein Saxofon am Keyboard einspielte.

Sag bloß nicht, dass das Ding nicht knallt ! Okay, damals knallte es nicht genau so,

aber wer Ohren hat für originelle Songs, die dennoch vermarktbar sind eben weil sie ins Ohr gehen

und Gefühle auslösen, der hätte das schon damals hören müssen.

Es ist in Wahrheit sehr kommerziell, mein altes Demo, 4 Lieder, von denen zwei Drittel eine

spezielle, eine unformattierte Form der Popmusik repräsentieren, die sich allein dadurch schon

positiv abhebt von anderen Produktionen, aber, und jetzt sind wir bei den Bee Gees...

es war auch viel näher an ihnen, als man von mir erwartete, denn ich nahm das Demo ja

auch auf, um es den Plattenfirmen anzubieten, da musste ich mal nicht so sehr an das Publikum

denken, welches ich durch die Strassenmusik habe.

Verstehst Du ? Klar klingen auch diese 4 Lieder nicht wie die Bee Gees,

trotzdem haben sie mit denen genau das gemeinsam: Pop-Musik, die ins Ohr geht,

die Hitqualitäten hat, obwohl sie nicht so ist wie das, was die meisten anderen machen.

Dass man die nicht unbedingt erwartet von jemandem,

der alleine zur akustischen Gitarre singend auftritt, war mir ja klar, aber komischwerweise

kamen die Sachen dann auch bei meinen „normalen Hörern“ gut an...

sogar „God Alone“ war mal als Favorit genannt worden, und das gefällt mir ehrlich gesagt erst

seit dem spacigen Remix so richtig gut, davor hatte ich so meine Zweifel und hätte es wohl

gar nicht gemacht, wenn ich nicht den Leuten im Studio ein Lied zur Auswahl gestellt hätte,

und die Wahl dann ausgerechnet darauf fiel. Nicht falsch verstehen: Das Lied selber finde ich toll,

aber so, wie's erst war, konnte ich nicht richtig zufrieden damit sein,

und wenn ich's heute live spielen würde, wäre es wieder ganz anders.

Ich hab's mal live gemacht, völlig anders, bei dem einen Gig mit Keyboard anno 2005,

es da aber wegen meiner Nervosität leider genauso vergeigt wie „Keep It Safe“,

schade drum, denn beide Songs sind klasse,

Keep It Safe“ hat sogar Hitqualitäten, aber hier bin ich nicht böse, wenn man's nicht wahrnimmt,

wenn man „God Alone“ am Schwächsten findet, ich kann das nachvollziehen genauso,

wie wenn man „Blue Horizon“ für den Höhepunkt des Demos hält,

aber Du kannst Dir nicht vorstellen, wieviel Überwindung es mich damals kostete,

diese Rhythmusgitarre zu spielen, nur weil der Song sowas brauchte.

COUNTRY ! „Wenn schon ein Country-Song, dann soll er nicht so klischeehaft nach Country

klingen“, sagte ich mir damals, „aber so 'ne Rhythmusgitarre braucht er halt eben doch,

da führt kein Weg dran vorbei !“. Einem Country-Fan müsste sie dann ein wenig zu unmotiviert

klingen, aber lustigerweise... für meine Fans war der Song dann eindeutig das Highlight,

während die anderen auch ankamen aber blöderweise trotzdem zu weit weg von den

Hörgewohnheiten der Plattenfirmenfritzen waren, obwohl... nun, persönlich bekam ich auch

aus dieser Richtung Lob, aber nicht von denen, die zu entscheiden hatten.

Wieso waren die Hörgewohnheiten genau dieser Leute zu weit weg von dem, was ich tat ?

Weil sie leider Gottes trainiert sind auf Knalleffekte und Schablonen, denen viele Hits entsprechen,

was ja eigentlich okay ist, okay wäre, wenn dieses Training nicht bedeuten würde,

dass sie gar nicht mehr auf Musikalität und Originalität hören und dass es zwar um's Verkaufen

geht, aber nicht wirklich um's Verkaufen von Kunst.

Ich sag's Dir, ein guter A&R-Mann hätte einfach gesagt, dass „Find the Miracle“ zumindest ein

prägnanteres Drumtrack braucht, vielleicht auch, dass ich die Leadstimme beim Refrain nochmal

und dann besser einsingen sollte, das wären alles Dinge gewesen, die bei mir positiv angekommen

wären, denn obwohl ich dieses spartanische Etwas mag, das da statt einem ordentlichen

Schlagzeug zu hören ist, bin ich ja nicht blöd,

und mit meiner Gesangsleistung bei diesem Lied war ich

sowieso nicht zufrieden, obwohl es emotional den Punkt trifft.

Aber nichts dergleichen kam, nicht ein Anzeichen von Kompetenz und damit auch nicht der Wille,

nicht nur irgendwas oder irgendjemanden sondern eben Kunst zu verkaufen,

sondern neben Schweigen im Walde höchstens so unsinnige Vorschläge wie „sing doch wieder

Deutsch“. Einer mochte immerhin „Blue Horizon“, und als ich ihm sagte, dass dieser Song

ein Anachronismus ist während die anderen wirklich Neues böten, war er wohl beleidigt,

aber es ist doch so... einen musikalisch konservativeren Song wie „Blue Horizon“,

damals, ohne Vorspiel und Ende von Heute, noch weniger innovativ, kann man doch gar nicht

schreiben, und auch hier bin ich wieder bei den Bee Gees,

denn Country haben die ja auch gemacht.

Und wenn da nicht „Marley Purt Drive“ (Anm: Vom Album „Odessa“ !) wäre, dann würde ich

anfügen: LEIDER, denn ihre Country-Lieder wie „I'll Kiss Your Memory“ oder „Rest Your Love On Me“

mag ich am allerwenigsten. Was also haben der Rupert und die Bee Gees gemeinsam

außer, dass sie eigentlich Popmusik machen wollten ? Genau... Country haben sie auch gemacht.

Und um jetzt ganz zu den Bee Gees zu kommen...

weißt Du, aus der Perspektive des Liedschreibers... ist's ganz sicher, dass ich gerne „Loose Talk

Costs Lives“, „How to Fall in Love Pt. 1“, „Someone Belonging to Someone“ aber auch, von den

Hits, „Alone“ oder „Immortality“ geschrieben hätte, das ist ganz große Klasse, da werd ich

neidisch... (zwinkert mit den Augen)...

vor allem dann bei „Nights On Broadway“.... aber so gut wird man nur durch konstantes Lernen und

Arbeit werden, nicht wirklich durch's setzen des komischen Ziels, „bessere Lieder“ zu schreiben als

bereits vorhandene, wenn da bereits richtig gute sind, auf die man Stolz sein kann....

die Arbeit selbst hat ihren eigenen Wert und, wenn man Glück hat, wird man durch sie dann auch

besser, einfach nur, weil man sie tut und dabei an Routine gewinnt.

Routine wiederum ist dann aber auch eine Gefahr, die der Inspiration, dem Kreieren neuer, frischer

Lieder im Weg stehen kann, weil Einfachheit, Naivität und Frische ihren emotionalen Wert haben

und Komplexität für sich genommen zum Beispiel noch kein Qualitätsmerkmal ist,

nicht für's Liederschreiben zumindest, wo man auch immer wieder neu eine Balance finden muss,

um nicht ganz die Tugend des „Keep It Simple“ zu verlassen.

 

Q: Entschuldigung, das ist mir echt zu speziell, ich kann da nicht mehr folgen,

so gut kenn' ich mich bei den Bee Gees, Cat Stevens oder auch Neil Diamond nicht aus...

auch nicht bei Deinen Liedern (schaut verschämt), was mich hoffentlich nicht als

Interviewer disqualifiziert.

Und ich schreibe keine Lieder, ich höre nicht, was Du hörst, entweder es gefällt mir,

oder es gefällt mir nicht, ich denke, so geht es den meisten Leuten...

will sagen... ich verstehe gerade hauptsächlich nur Bahnhof !

 

A: Da denkst Du richtig und ich entschuldige mich gerne fürs Fachchinesisch oder wenn

ich über Lieder rede, die Du nicht kennst, aber ganz damit zuende bin ich noch nicht,

denn eben dieses „Keep It Simple“ ist auch eine Maxime beim Liederschreiben,

die man dabei nicht vergessen darf, auch wenn Maximen oder Dogmen auch dazu da sind,

sie mal zu brechen oder zu verlassen, ein richtiger Künstler wird sich diese Möglichkeit

nicht einfach selber nehmen, sonst ist er keiner.

Aber es gibt diese Maxime eben und sie schadet nicht, sie ist wichtig,

damit man als Musiker nicht völlig in ein nur noch von einem selbst wahrgenommenes

Klanguniversum abhebt und dabei genau den Hörer wie Dich vergisst,

weil der sich dann an gar nichts mehr festhalten kann, weil's einfach nur noch sonderbar klingt.

Damit man nicht so weit abhebt, gibt es ja die Liedform selbst auch,

denn die bleibt letztlich immer in einem nachvollziehbaren Rahmen,

man schafft ein Lied, keine Symphonie oder völlig neue Art der Komposition,

ein Lied sollte nicht ewig lang dauern und es ist auch von Vorteil, wenn man es zumindest

mitsummen kann, oder mit dem Rhythmus mitgehen, ein Lied muss auch immer etwas haben,

an dem sich der Hörer festhalten kann. „Keep It Simple“ ist und bleibt deshalb eine gute

Philsosophie für jeden, der Lieder schreiben will, aber für einen Liedschreiber, der was auf sich hält

und auch gerne mal zeigen möchte, wie viel er kann (Nachtr. Anm.: wieviel er gelernt hat !),

kommt's dann zur Quadratur des Kreises,

weil es soll zwar irgendwie noch einfach sein aber dann doch mehr bringen als „Hänschen klein“,

soll oft tolle Akkordfolgen haben, die's von anderen Liedern deutlich unterscheidet,

und am besten eine richtig gute Melodie, die man woanders noch nicht gehört hat,

dabei aber trotzdem nicht zu kompliziert, nicht zu weit weg ist von dem,

was die „normalen“ Leute immer noch mögen können.

Kennst Du Steely Dan ? Die wohl kommerziellsten Lieder dieser Band sind „Do It Again“,

Reelin' in the Years“ und „Rikki Don't Lose That Number“.

Do It Again“ ist so simpel, dass ein Freund, der eigentlich ihr Fan war, es nicht leiden konnte.

Leider lebt der nicht mehr, es wäre interessant, ihn jetzt beim Gespräch dabei zu haben,

auch, um ein weiteres Beispiel zu sezieren, das er ausnahmsweise nicht mochte,

und das ist „The Fez“... ein Lied, das sich viel einfacher anhört, als es ist,

aber wenn man sich mal hinsetzt, um die Akkorde selber rauszuhören... hehe... viel Spass !

Ich liebe Steely Dan, wirklich, die waren so hundsgemein, denn oft ist es anders, als man denkt,

aber „Do It Again“ ist wirklich total simpel, während „Rikki Don't Lose That Number“

zwar super ins Ohr geht, aber total schwierig ist, hochkomplex.... und das gilt für fast alle ihre

Lieder, je später, umso gemeiner.

Aber dass diese Musiker ein Lied wie „Do It Again“ gemacht haben, spricht eher für als gegen sie,

denn es ist hammergeil, es groovt wie Hölle und gehört ganz sicher zum Besten dazu,

auch wenn mir der „Deacon Blues“ zum Beispiel doch deutlich mehr Genuss bereitet.

Das sind auch Leute, die so gut sind bzw. waren, dass ich mich nicht an ihnen messen will...

man kann auch prima Lieder schreiben, ohne so viel können zu müssen,

und diese Lieder müssen deswegen wirklich nicht schlechter sein,

Do It Again“ hätte vielleicht auch jemand anders, darunter sogar ich, hingebracht, aber es ist

deswegen nicht schlechter, verstehst Du ?

Aber ich verstehe, wenn jemand, der meine Musik hört, nicht an die Bee Gees oder an Steely Dan

denkt, dass der Vergleich mit zum Beispiel Neil Diamond da mehr Sinn macht.

Alleine schon wegen meiner Stimme bin ich ja auch näher an dem als an den Bee Gees...

aber ich bin ein Liedschreiber und Sänger und die Gebrüder Gibb, die schätze ich zuallererst

eben genau als solche auch.

Wie Du an diesen Antworten sehen kannst, sind wir Liederschreiber eine sehr spezielle Art Mensch,

und das liegt eben an der von uns gewählten Arbeit, die wir ja nicht nur einfach so aus dem Ärmel

schütteln sondern eben lernen und gelernt haben, wozu auch die Analyse dessen gehört,

was wir da machen, was die Kollegen machen, wie diese Lieder eigentlich aufgebaut sind

und funktionieren. Und da ergeben sich dann echte Ziele, weißt Du, allein schon,

weil man etwas, was man da von anderen mag, auch gerne selber können würde,

damit geht es für gewöhnlich los, man hört Lieder, die man wirklich toll findet

und will dann nicht nur ein Instrument spielen oder singen, sondern eben auch welche schreiben,

auch so etwas machen, und man orientiert sich dabei eben an dem, was einem von anderen

gefällt...

denn diese Sachen haben ganz bestimmte Gefühle in einem ausgelöst, Gefühle, die man wieder

haben möchte oder, auf seine eigene Weise eben, in ähnlicher Weise in anderen hervorrufen,

wenn man mit einem eigenen Lied, einer eigenen Melodie, zu ihnen nach Aussen geht.

Wie geht das ?“ ist dann ganz schnell die Frage, also beschäftigt man sich mit der

musiktheoretischen Seite der Werke anderer Leute, man will eben wissen, was die da gemacht

haben oder machen, bei mir also... „Was hat Marc Bolan gemacht ? Was macht Cat Stevens ? Was

machen BJH und damit, als Songschreiber, gleich drei Leute... ? Was macht Van Morrison ? Was

machen die Bee Gees ?“... und in diesem Bereich lernt man nie aus,

denn alle machen's irgendwie anders, aber bei allen findet man Qualitäten,

und selber bringt man hoffentlich nicht nur Talent mit sondern auch Arbeitswillen und

Risikobereitschaft. Am Anfang ist man noch so fasziniert von den Klängen und den ganzen

harmonischen Möglichkeiten, dass in aller Unschuld oft recht schöne Sachen entstehen,

weil man inspiriert ist von diesen Leuten und ihrer Musik,

die ersten Lieder fliegen einem meistens zu, aber dann beginnt die Arbeit,

und ich sag's Dir, die kann einen auffressen, an der kann man verzweifeln oder gar verrückt

werden, denn es ist so, wie ich mal dem Christian Bruhn geschrieben habe:
 

Man begibt sich in einen Irrgarten der Töne, und blöderweise verliert man beim Lernen,

durchs analytische Denken bei der Arbeit, auch die anfängliche Unschuld,

das heisst, man ist dann eben kein „normaler Hörer“ der Musik mehr.

So, wie Du gesagt hast, erweisen sich Dir ja auch meine Worte:

Es ist so, als ob dieser komische Musiker da auf einem anderen Planeten lebt, oder ?

Wahrscheinlich kann er sich deshalb auch nur mit anderen Aliens, mit anderen Musikern

richtig verstehen oder von denen verstanden werden.

Im Endeffekt aber gibt’s da keinen Unterschied zu Fachleuten in anderen Gebieten,

der einzige Unterschied ist höchstens, dass man als Musiker ein Künstler ist

und dass Künstler die allerschlimmsten Aliens von allen sind,

und das wirklich nicht, weil sie von einem anderen Planeten kommen würden,

sondern weil sie sich auf diesem Planeten ausgerechnet diese Arbeit gewählt haben.

Ein Motorenliebhaber aber, der wegen seiner Faszination für diese Maschinen zum

Automechaniker oder zum Elektroingenieur wird, ist auf seine Art ganz genauso ein Nerd,

ein Fachmann für Ökonomie kann genauso schlimm sein, glaub mir...

und ich bin eben ein Liedschreiber und Sänger.

Jeder von uns hat, bezüglich seiner Arbeit, für sich sein Limit und setzt sich bei entsprechendem

Output auch seine Marken, womit wir wieder beim „besser werden“ sind.

Wenn man als Liedschreiber mehrere solche Marken gesetzt hat, dann geht es irgendwann nur noch

darum, die Marken möglichst nicht zu unterschreiten, die anvisierte Marke qualitativ erneut zu

erreichen.... und eben,

das ist wichtig, mit etwas Anderem, neuen,

nicht dasselbe nochmal, denn das hat künstlerisch keinen Sinn, auch wenn man vielleicht

Millionen damit machen kann.

Und so ist es mit mir, für mich... mit meinen Liedern.

Ich habe mir immer wieder selbst Marken gesetzt, und das messe ich allein an meinen Idealen,

an meinen Ansprüchen, das hat zunächst mit dem Publikum überhaupt nichts zu tun...

denn zuallererst muss das fertige Lied mir gefallen, mir und niemandem sonst.

Das ist insofern wichtig, als dass alles andere irgendwie Betrug ist oder im Selbstbetrug endet,

also... Du hast da was und gehst damit raus ans Licht, weil DU es gut findest und teilen willst,

weil Du hoffst, damit anzukommen. Einfach etwas machen, damit man damit ankommt...

kann's ja nicht sein, ist nicht der Ansatz eines richtigen Künstlers,

denn dadurch wird’s beliebig, der Erfolg, sofern es dazu kommt, wird zur Schimäre.

Selbst dem Dieter Bohlen unterstelle ich sowas nicht, wirklich nicht, denn ich denke schon,

dass der gut findet, was er macht, aber... durch seine Prioritäten läuft er immer Gefahr,

auch (für sich) selbst zu beliebig zu werden und keinen richtigen, eigenen

Qualitätsmesser mehr in sich zu haben, dem er noch folgen könnte.

Aber da er dem Erfolg dennoch einen zu großen Stellenwert zuschreibt, bleibt er künstlerisch

weit hinter seinen Möglichkeiten zurück, denn er hat ja nicht nur echtes Talent,

er hat auch einen bewundernswerten Arbeitsethos und ist, was vielleicht am allermeisten

für ihn spricht, immer lernfähig geblieben, auch wenn man ihm anderes unterstellt.

Wenn man aber dann nach dem Schreiben alles am Chartserfolg misst, so wie er, sieht es nämlich

wieder anders aus, dann ist, um bei Neil Diamond zu bleiben, Sweet Caroline besser als

Heartlight, Song Sung Blue besser als September Morn, Beautiful Noise besser als Delirious Love...

und das hat in Wahrheit doch nichts mit der objektiv erkennbaren Qualität zu tun,

nur mit verschiedenen Geschmäckern bzw. dem Massengeschmack, für den

bei BJH eben John's „Hymn“ und Les' „Life is for Living“ dann wohl immer über Woolly's „Sea of

Tranquility“ stehen werden, obwohl musikalisch weder noch auch nur im Ansatz da rankommt.

Ich mag alle genannten Lieder sehr, wobei, wenn ich dann vergleichsweise meine Lieder

ins Spiel bringe, so wie für BJH „Life is for Living“ und für Neil Diamond dann „Song Sung Blue“ das

sind, was für mich in etwa „Ricco-Mio“- Niveau hat.

Aber wenn Du die Paarungen nimmst wie ich sie für Neil Diamond aufgestellt habe,

dann kannst Du an den „Verlierern“ sehen,

was ich besser finde.... mit meinem Anspruch.

Ich hoffe doch, dass der Dieter, den Charts zum Trotz, auch noch

immer einen, seinen eigenen Geschmack hat und sich damit auch andere Favoriten als

You're My Heart, You're My Soul“ und „Midnight Lady“ erlaubt.

Auch bei ihm habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass er doch mal ein Lied schreibt,

das ich richtig mag, ich wüsste nämlich nicht, wieso das nicht passieren sollte...

auch wenn die Hoffnung keine große ist (lacht schelmisch), denn

sogar Darth Webber hat das geschafft, und zwar ganze 2 Mal (lacht)...

oder Duran Duran, und die hatten's besonders schwer, bis dann „Ordinary World“ kam...

und Depeche Mode haben gar ein ganzes Album gemacht, das ich mag (Anm: „Ultra“)

plus später dann noch ein Lied, das ich doch tatsächlich liebe (Anm: „Dream On“)... und jahrelang

hatte ich mir für keine Band sehnlicher das Ende herbeigewünscht wie für die...

 

 

Q: Du hast jetzt so viel gesagt und ich bin nicht schlauer als vorher,

Entschuldigung, ich weiß wohl noch weniger als zuvor, je länger ich Dir zu höre,

und frage mich jetzt selber,

was ein gutes Lied ist und was nicht, weil ich meinem Geschmack zu mißtrauen beginne.

 

A:

Ich sage immer wieder, dass ein gutes Lied wie ein Kreis ist, der sich schließt,

oder mehrere Kreise ineinander, die sich schließen und zusammen einen Sinn ergeben,

die eine eigene Ordnung haben und mit ihr als ein Ganzes dann organisch erscheinen,

Man formt ein Lied beim Schreiben... da sind Ideen, Melodie und/oder Wortfetzen,

manchmal ist's ein Groove, mit dem alles beginnt, irgendwas will da aus einem raus,

und ein guter Liedschreiber arbeitet immer wieder auf diesen Moment zu,

wartet ihn auch ab, wenn er nicht gleich kommen will, und passt ihn ab, schnappt sich

das Ding irgendwo aus der Luft her, so zumindest fühlt es sich an, obwohl es ja nicht einfach

nur die Luft mit ihren Vibrationen ist, sondern... irgendwie ist es ja bereits im Kopf,

ist es in der Seele, und der Liedschreiber erkennt es, oft zunächst nur schemenhaft,

manchmal aber auch schon intuitiv als Ganzes, so wie im Traum, und dann...

nimmt er es und gestaltet es aus, so gut er kann... macht es sich zu eigen, indem

er es so macht, wie nur er es kann, wie es nur durch ihn werden kann, weil es sein Lied ist,

seine Gefühle beinhalten und transportieren soll, seinem Geschmack, seinen Idealen

entsprechen und dann andere Menschen berühren soll.

Ja, um's berühren geht’s mir, das ist mir auch wichtiger als der bloße Unterhaltungsgedanke,

obwohl es – und das gehört zu meinem Anspruch dazu – auch noch immer unterhalten soll.

Es soll berühren und darf dabei auch tiefer gehen, das heisst... es soll zwar unterhalten,

aber dabei nicht zu unverbindlich sein, das Zuhören soll zwar zu einer angenehmen Zeitausfüllung

führen, aber Ballermann gibt’s woanders, die Reise geht nicht ins Besinnungslose.

Das Spektrum menschlicher Gefühle ist riesengroß, und in der Kunst kann auch schön sein,

was man im realen Leben doch lieber nicht haben möchte, weshalb auch Tränen der Trauer etwas

Gutes sind, wenn sie aus der Berührung durch die Kunst enstehen.

Es ist eigenartig aber wahr, nicht wenige Leute weinen,

wenn sie den Gefangenenchor von Nabucco hören,

und das ist wahrlich ein großartiger Effekt, der da durch Musik erzielt wird,

sie lieben es, sie wollen dann auch weinen, denn es ist gut, es so zu können,

sich so anrühren zu lassen.

Was rührt Dich an ? Was gefällt Dir ? Das ist für Dich eben gut. Und wenn es ein Lied ist,

dann ist's ein gutes Lied, Du brauchst Deinem Geschmack da nicht mißtrauen,

im Gegenteil, wenn Du zum Beispiel etwas richtig magst, über das ich dann, nachdem Du Dich dazu

bekannt hast, die Nase rümpfe, dann lass Dir die Freude an diesen Liedern bloß nicht

von mir verderben, denn auch wenn ich ein Fachmann bin, wichtiger als Du bin ich deswegen nicht,

also kann es auch mein Geschmack nicht sein... das meine ich ernst.

Aus der Sicht des Musikers gibt es zwar objektive Anzeichen von Qualität,

aber letztlich nützen die dem Musiker ja gar nichts, wenn das, was er macht, niemandem sonst

gefällt... während es eben Sachen gibt, die ihm zu trivial sind, die aber den Menschen Freude

machen. So ist dann oft auch mein Naserümpfen zu verstehen: Mir ist's dann zu trivial,

mir macht das Anhören keine Freude, aber das sollte echt niemanden jucken, der damit froh ist,

denn das allein ist doch schon gut: Man ist froh über ein und mit einem Lied,

man ist froh, ohne dass jemandem weh getan oder Krieg gemacht wird,

also bitte... nimm's nicht zu ernst wenn etwas meinen Ansprüchen nicht genügt oder mir gar auf

den Sack geht, bitte bitte, Du darfst auch Modern Talking gut finden oder die Flippers,

kannst Dir täglich Darth Webber's „Starlight Express“ geben und Dich Deines Lebens freuen,

ohne Dich zu schämen, ich habe nichts gegen Dich und auch

überhaupt nichts gegen die, zumindest nicht persönlich... nur die Mucke ist für mich eben Folter,

und der setze ich mich ungern länger aus als unbedingt nötig...

Ich kenn' da einen, der liebt „Life is live“ von Opus

und „Rain in May“ von Max Werner, und dem geht es da mit mir eben so... gute Lieder ?

Irgendwie... für irgendwen... bestimmt, für mich aber... um Gottes Willen, nein, das sind akustische

Schrecklichkeiten, emotionale Belästigungen, wie ein heisses Bügeleisen auf meine Nervenenden...

Herr erbarme Dich, entweder jemand stellt das ab oder ich muss schleunigst den Ort wechseln !

(lacht schon wieder).

 

Q: Das klingt nun wieder, als wäre das, was Du selber machst, in Wahrheit unwichtig,

Irgendwie nehme ich Dir das nicht ab, Entschuldigung.

 

A: Das hast Du aber super erkannt, denn das ist ja der Witz dabei: Es ist doch überhaupt nicht

wichtig, zumindest nicht so wichtig, wie der Musiker dann gerne tut, und ich bitte Dich doch,

mir das abzunehmen. Unwichtig ist es nicht, gar nicht, aber wodurch denn gewinnt es für mich

seine Wichtigkeit ? Nur dadurch, dass ich Musik liebe und es eben meine Arbeit ist.

Wirklich nur dadurch. Es ist für mich wichtig, und so sieht es eben auch mit meinen Wertungen aus,

die müssen für mich natürlich wichtig sein, aber aus anderer Perspektive gesehen ist das alles

schon wieder lächerlich unwichtig, ob mir das nun passt oder nicht.

Ich muss diese andere Perspektive einnehmen können, sonst werde ich intolerant,

wer bin ich denn, wenn ich Dir aufdrücken will, was gut und was schlecht ist in der Musik ?

Ich hab zu sowas kein Recht, keiner hat ein solches.

Was ich beklagen möchte ist etwas, für das Du nichts kannst... aber ein wenig Musikerziehung

könnte vielen Menschen neue Dimensionen beim Hören ermöglichen,

und momentan wird von seiten der formattierten Medien auf zu viel Musik gesetzt,

die ihre Hörer irgendwie in die falsche Richtung erzieht... und zwar durch Gewöhnung.

Es gibt massig Lieder, die extrem simpel gestrickt sind, 4 Akkorde im selben Rhythmus

in Endlosschleife ist keine Seltenheit, Abwechslung gibt’s nur noch in den Gesangsmelodien.

Irgendwie scheint es mir, dass man sich zusehends auf so was beschränkt,

weil man meint, dass dies kommerziell sei, aber das stimmt nicht, es ist letztlich nur

Ideenmangel und Bequemlichkeit, entstanden unter dem Druck, unbedingt Hits zu landen.

Gegen ein, zwei Lieder auf diesem Niveau hab' ich ja gar nichts auszusetzen,

aber es werden immer mehr und die Leute gewöhnen sich dann zu sehr dran,

und das nenne ich dann mangelnde musikalische Erziehung auch des Hörers,

denn dann sind sie irgendwann zu schnell überfordert mit etwas Komplexerem.

Trotzdem kann auch ein solches Lied wirklich genial sein, so wie es eben diverse

3-Akkorde-Songs gibt, die einfach genial sind, wie zum Beispiel Bruce Springsteen's

No Surrender“ oder U2's „I Still Haven't Found What I'm Looking For“...

okay, U2 spielen da ab und zu auch nen vierten Akkord, aber der Song selbst funktioniert auf

Dreien. Also kann man Qualität auch nicht so einfach dran fest machen, wie kompliziert ein Song

ist, und letztlich soll's doch einfach seinen Zweck tun und das Leben verschönern,

also darf ich, wenn irgendwas, das mir nicht besonders gefällt, es Dir nicht schlecht machen,

sobald es diesen Zweck bei Dir erreicht.

Nein, der Ansatz ist verkehrt, der richtige Ansatz streitet für Vielfalt und gönnt jedem das seine,

ich halte es deshalb doch mehr mit Sheryl Crow: „If It Makes You Happy... it can't be that bad !“.

Wenn also der Papst kommen sollte und sagt: „Also Rupi, diesen Gainsbourg...

den solltest Du nicht hören, Je T'Aime ist obszön und amoralisch“, dann... darf der das gerne

glauben, ich habe sogar auch Verständnis dafür, dass er mit dem Gestöhne ein Problem hat,

aber sonst.... ne, tut mir Leid, das Lied ist wunderbar, geradezu göttlich schön,

ob nun mit oder gedanklich auch ohne das Gestöhne, ich finde es einfach nur wunderbar,

voller Liebe, und ich kann beim Anhören den Sinn des Lebens leichter erkennen als beim

Lesen des Katechismus der Katholischen Kirche, und das meine ich ernst,

denn ich habe den gelesen, ich habe ihn sogar durchgeackert, intensiv, damals, als er neu war.

 

 

Q: Das muss ich jetzt auch erstmal schlucken, aber immerhin habe ich kapiert, was Du da

meinst... Je T'aime, im Ernst ?

 

A: Im Ernst. Eins der schönsten Lieder, die je geschrieben und aufgenommen wurden.

Ich liebe es, ich höre es heute noch lieber als damals in den 70ern.

Ein Hochgenuss. Außerdem hab ich nichts gegen stöhnende Menschen (lacht laut).

Aber Gainsbourg ist ja nicht nur dieses Lied, der hatte massig Hits in Frankreich auch davor

schon... nur bei uns eben... bei uns kennen viele nur dieses eine Lied und das oft auch nur wegen

dem Skandal, den es hervorgerufen hat, und wenn's Dir auch so geht, dann sei Dir gewiss:
 

Es war wahrlich nicht der einzige Skandal, den dieser Künstler provoziert hat.

Ich kenne weil besitze leider auch noch viel zu wenig von ihm... aber schau Dir mal an,

wieviele CDs es von ihm gibt, und das so lange nach seinem Tod noch, nämlich... so gut wie alles.

Was bedeutet das ? Dass die Dinger in Frankreich sich immer noch verkaufen wie geschnitten Brot.

Der Backkatalog eines Musikers wird nicht so viele Jahre lang gepresst, wenn es sich für die Firmen

nicht mehr lohnt, glaub mir das. Und der Mann hat in den letzten Jahren auch eins meiner

absoluten Lieblingslieder gecovert, den „Gloomy Sunday“

(Anm. für die Leser: Das hat schon die Billie Holiday gesungen !).

Was heisst das ? Er hatte Geschmack heisst das.

Egal, wie kaputt er war, er hat trotzdem nie vergessen, was gut ist.

Und er hat „Je T'Aime“ geschrieben. Weißt Du, das ist mir wichtig, ich bin ein Liedschreiber.

Was juckt mich der Skandal ? Sicher war es für den Erfolg des Lieds auch wichtig, dass er sich

getraut hat, es zu machen, es so zu machen und zu veröffentlichen.

Vielleicht weißt Du das nicht, aber im Original hatte er es mit Brigitte Bardot aufgenommen,

er hatte es nämlich für sie geschrieben, aber auf ihre Bitte hin wurde diese Version dann bis in die

80er hinein nicht veröffentlicht... er nahm also auch Rücksicht, er war nicht skrupellos einfach

auf Skandal und Erfolg aus. Die bekannte Version mit Jane Birkin aber nahm er erst etwas später

auf... und verdiente sich damit beides, Skandal und Erfolg.

Dass er's aber geschrieben hat, dieses wunderbare Lied, bei dem sich geradezu der Himmel öffnet,

wenn man es vorurteilsfrei anhört, das ist es, was für mich als Liedschreiber zählt,

wenn ich den Liedschreiber Gainsbourg bewerte, und was andere Leute dazu sagen,

das ist mir dann genauso schnuppe wie die Gründe, die sie für ihre Urteile anführen,

denn es ist nicht mein Problem, dass die Unschuld, die man braucht, um so ein Lied richtig zu

genießen, nicht mehr die ihre ist... weil sie sie verloren haben.

Dass dieser Negativspiegel immer noch funktioniert, zeigt doch den wahren künstlerischen Wert,

und der ist in diesem Fall eher höher als geringer einzuschätzen, Serge hat das gut gemacht,

er lebe also hoch... wo immer er nun auch sein mag !

Ey, wir müssen unterbrechen, erstens will ich noch was einkaufen,

zweitens habe ich jetzt Lust auf „Je T'Aime“ und dann vielleicht noch Neil Diamond's „Delirious

Love“... und zwar aufs Anhören des Lieds via Kopfhörer, nicht um deren inhaltliche Umsetzung,

mit Dir wird das ja nie was (lacht ganz laut).

 

Q: Viel Fragen hab ich gerade sowieso nicht (mehr),

aber erlaubst Du mir noch eine kleine, aktuelle ?

 

A: Na gut, ich hoffe, es ist eine, bei der ich mich ausnahmsweise kurz fassen kann !

 

Q: Naja, es geht um Politik, und zwar um Deinen offenen Brief an Herrn Seehofer !

 

A: Oh Gott, ne, das kann lange dauern... geht das nicht ein andermal ? Ein Politik-Interview

sozusagen ?

 

Q: Schon, aber irgendwie brennt's mir unter den Nägeln, fass' Dich eben kurz, okay ?

Ich will nur wissen, wieso Du scheinbar nicht verstehst, dass die Grenzen nicht offen

bleiben können ! Entschuldigung, meiner Meinung nach hat Seehofer Recht und sollte

deshalb unbedingt im Amt verbleiben !

 

A: Gut, dann mache ich die Antwort jetzt kurz, wenn Du's mir nicht verübelst,

und wir reden über dieses Thema ein anderes Mal, denn das wird, das muss länger dauern.

Meine Antwort ist, dass dieser Brief an Herrn Seehofer in Wahrheit doch gar nicht um diese Frage

geht und dass nicht nur er, sondern auch viele seiner Unterstützer einfach nicht sehen wollen,

dass man die Demokratie gefährdet, wenn man einen solchen Politikstil innerhalb einer Regierung

fährt. Man kann Recht haben aber dennoch das Falsche tun, und zweiteres hat er auf jeden Fall

gemacht und zu verantworten, ersteres bleibt davon unberührt und diese Rechthaberei und

Blindheit treibt mich auf die Palme, wirklich...

allein schon durch diesen einen Mann und sein Verhalten

wird diese Regierung zu einem unkoordinierten Sauhaufen, der für jeden Kanzler und jede Kanzlerin

in Wahrheit eine Zumutung wäre, und dies in einer Zeit,

in der in Wahrheit undemokratische Kräfte es bis in den Bundestag geschafft haben

und von den demokratischen Kräften gemeinsam bezwungen werden müssen,

denn auch wenn nicht alle in der AfD und schon gar nicht alle ihre Wähler Nazis sind,

so wird in ihr und durch sie dennoch der Faschismus hofiert und im Land, Stück für Stück,

immer hoffähiger, während das System immer angreifbarer wird,

je schwächer die Regierung, um so mehr.

Horst Seehofer hat die Regierung auf unverantwortliche Weise geschwächt und tut es,

wenn er nicht zurücktritt, auch weiterhin, und darum geht’s mir in diesem Brief,

nicht um die Flüchtlingsfrage,

die wir bitte separat erörtern, ich will jetzt Schluss machen für heute !

 

Q: Okay, dann eben bis zum nächsten Mal !

 

A: Klar doch, aber ich entscheide dann, was wann wo veröffentlicht wird,

Politik ist ein brenzliger Bereich...

 

Q: Natürlich !

 

Aufgezeichnet am 03.Juli 2018 in Freiburg.

 

Nachträgliches, unerwartetes Geschehnis:

Der Künstler, nun allein daheim, bemerkt, dass er.... zu viel geredet hat,

und vor allem, wie frech der Interviewer war.

ZU frech war der gewesen, eindeutig ZU frech...

und in Rupi's Gehirn kommt es zum Synapsenaufstand.

Unzählige Lieder laufen gleichzeitig ab, vor allem jene aus dem Interview,

von denen er meint, dieser ungebildete Interviewer würde sie ja sowieso nicht kennen.

Ihn beschleicht nun ein seltsames, ihm noch völlig unbekanntes Gefühl,

und noch bevor er überhaupt "Je T'aime" oder "Delirious Love" anhören kann,

um damit das Chaos aus seinem Kopf zu vertreiben,

ergreift ihn eine fremde Macht.

Diese Macht nimmt nun von ihm Besitz

und aus dem Klangchaos schält sich ein Medley heraus,

in dem sich "Rain in May", "Life is Live",

"You're My Heart, You're My Soul" und "Die Rote Sonne von Barbados"

abwechselnd in den Vordergrund drängen,

um schließlich zu enden in einem Chor aus tausenden, besoffenen Männern

unter der Leitung von, so mutmaßt er, entweder Horst Seehofer oder Darth Webber

(kann man nicht genau sagen, denn der Dirigent trägt das Darth Vader-Kostüm !),

die den Refrain "Ricco Mio" grölen,

ergänzt von der Stimme seiner Mutter,

die ihn aus dem Jenseits anklagt:
 

"Du hast dieses Lied geschrieben !".
 

Immer lauter wird es in Rupi's Kopf,

es entfährt ihm ein letzter, gequälter Verzweiflungsschrei,

der in etwa klingt wie "Ich muss aus mir raus !",

er verliert das Gleichgewicht, wälzt sich minutenlang unter krampfartigen Zuckungen am Boden...

und schließlich ist die Verwandlung vollzogen.

Rupert... oder was von seiner irdischen Gestalt noch übrig ist...

steht wieder auf... und...

man hört ein diabolisches Lachen ihrem Mund entfleuchen.

Aus dem Rupert war nun jemand geworden, von dem man hoffte,

dass es ihn nicht gibt,

aber hier kommt der Beweis:

Es gibt ihn doch... einen grauenvollen Nachfahren

des grauenvollen Dr. Schreckmann,

denn dieser hat uns hier, zum Schrecken aller friedliebenden Erdbewohner,

einen Sohn hinterlassen, der sich nunmehr aufgemacht hat,

die Weltherrschaft zu übernehmen.

Höchstwahrscheinlich wird auch nicht der Rupert,

sondern Dr. Schreckmann Jr. den Interviewer empfangen,

wenn er wieder kommt:

 

DR. SCHRECKMANN JR.
 

(Foto: Ingo Hiller am 07.07.2018)

 

Diesen kleinen Scherz widme ich in Memoriam dem einzig wahren "Dr. Schreckmann",

Woolly Wolstenholme... I miss your humour ! <3

 

 

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Politik und andere Schmerzlichkeiten oder:

wie das dritte Interview (wieder bei mir zu Hause)

verlief und wieso es recht schnell vorbei war.

 

 

Q: Hallo, schön Dich – und nicht Dr. Schreckmann Jr. - zu sehen.

 

A: Hehe... pass bloß auf, was Du mich heute fragst, es kann sehr schnell

wieder zu einer solchen Verwandlung kommen... gerade bei Themen wie Politik,

aber ich kann Dich beruhigen, es war nur ein Scherz, der sich mir bei einem

Krankenhausbesuch geradezu aufdrängte.

 

Q: Was sich aber nicht wie ein Scherz anhört, ist eine Aussage, die Du im

ersten Interview gemacht hast,

und auf die ich Dich deshalb nochmal ansprechen will,

um damit unser heutiges Gespräch zu starten.

Du sagst dort nämlich, dass die Menschheit es verdient hätte, auszusterben.

Das ist doch nicht Dein Ernst, oder ?

 

A: Leider doch, genau das ist es: Ernst. Ich sag' ja nicht, dass ich kein Problem mit

dem Gedanken habe, oder dass ich mir gar wünsche, dass es passiert, aber...

verdient hätten wir's, und das Problem dabei ist, dass wir nicht gerade viel tun,

um an diesem Faktum etwas zu ändern.

Du hast das Thema geschickt gewählt, denn schon sind wir in der Politik !

Ich hatte diesen Satz ja gesagt im Zusammenhang mit Woolly und anderen Leuten,

die ihr Leben lang nicht das bekommen, was sie verdienen.

Und von Woolly gibt’s ein Lied namens „2 AM“, ein ganz fantastischer Song übrigens,

in dem er quälende Gedanken verarbeitet hat, die ihn nicht einschlafen ließen,

und aus denen will ich hier mal zitieren, denn auch bei ihm endet es dann

quasi in der Politik, denn dort... werden Entscheidungen gefällt, die dann uns alle

betreffen:

 

Draussen, die Stadt, ist wie eine Harke,

Millionen Menschen können nicht schlafen,

alle hängen sie von ihren Sturzklippen herab,

während andere überhaupt nie aufwachen.

Sind Tony Blair's Augen denn weit geöffnet worden

durch David Kelly's Suizid ?

Es ist zwei Uhr Morgens, zwei Uhr Morgens.“

(Originaltext „2 AM“ © Woolly Wolstenholme

Auszug übersetzt von Rupi)

 

Ich will nicht näher auf die Politik Großbritanniens eingehen

und was Woolly genau meinte, als er über den ehem. Premierminister sang,

aber... es ging und geht um die Opfer der Politik, und dass es Menschen sind,

dass es Menschenleben betrifft, und wie manche Menschen mit der Verantwortung

umgehen, die sie in entscheidenden Positionen nunmal haben.

Und das ist Politik, ob nun im allgemeinen, gesellschaftlichen Sinn,

oder auch privat: Jemand kommt durch irgendwas oder irgendwen

in eine Position, in der er zu entscheiden hat über etwas, was nicht nur

ihn allein betrifft, und muss dann auch Verantwortung dafür übernehmen.

Auch wenn's vielleicht ein blödes Beispiel ist, aber ich denke grade, da

aktuell, an Mesut Özil. Ich unterstelle ihm keinerlei politischen Absichten,

ich glaube ihm, dass er dieses Foto mit Erdogan hát machen lassen,

weil er eben auch Türke ist, und Erdogan war und ist nunmal der Präsident

der Türkei, und als solcher nicht nur Repräsentant seiner Politik,

sondern auch des Landes selbst. Özil hat sich wegen letzterem dazu bereit

erklärt, das Foto zu machen, quasi, wie wenn man sich mit Steinmeier ablichten lässt,

weil der eben der Bundespräsident Deutschlands ist, ganz egal, ob man nun SPD,

Grüne, CDU, FDP oder AfD in den Bundestag gewählt hat... als Präsident repräsentiert

Steinmeier ja auch zuerst das Land, nicht die Politik seiner Regierung,

und obwohl Erdogan deutlich mehr zu tun hat mit der Regierungspolitik seines Landes,

kann man es, als gebürtiger Türke, eben auch so sehen,

ich glaube, dass ich den Mesut in so weit verstehen kann.

Man sagt damit vor aller Welt, dass man sein Heimatland liebt und, in so einem Fall,

wo es ja zwei Heimatländer gibt, seine Wurzeln nicht vergisst, vergessen hat.

Mehr wollte Özil nicht sagen, aber... seine Entscheidung, es auf diese Weise zu tun,

sie wurde zum Politikum, denn es betraf plötzlich nicht mehr ihn allein,

er war in der Position, gleichzeitig als Spieler der Deutschen Nationalelf sowohl

diese alsauch den DFB mitsamt dem anderen Heimatland zu repräsentieren,

und hier ist Erdogan eine Negativfigur,

die für den stückweisen Abbau der Demokratie im eignen Land sorgt.

Und schon ging's los: „Entweder oder, Özil, beides zusammen

geht nicht !“ war der Tenor, denn selbstverständlich wollen weder die meisten anderen

Spieler der Mannschaft noch der DFB und am Ende eben auch nicht die Mehrheit

der Deutschen Bevölkerung in irgendeiner Weise unterstützen, was Erdogan in der

Türkei macht. Und dem Özil wird seither vorgeworfen, dass er genau dies getan hätte,

dann kam noch das frühe Ausscheiden bei der WM dazu, bei der er auch nicht

unbedingt geglänzt hat, und nun fordert man eben Bekenntnisse, was in seinem

Fall dazu geführt hat, dass er aus der Nationalmannschaft zurücktrat,

denn er ist nicht bereit, hier irgendeine Schuld bei sich zu sehen

und brav zu bekennen, dass er das Foto bereue

und natürlich ganz und gar Deutscher sei, weil man's von ihm verlangt.

 

Q: Hätte er das denn nicht tun sollen ?

Hätte Jogi Löw denn nicht gleich sowohl

ihn alsauch Gündogan gleich zu Hause lassen sollen ?

Meiner Ansicht nach... schon.

 

A: Das kann man so oder so sehen, was aber wichtig ist, das ist, dass Özil die

Verantwortung übernimmt für das, was er gemacht hat, und da haben wir nicht

mitzureden, ob er es auf die uns genehme Art tut oder eben so, wie er es jetzt für

sich entschieden hat: Auch der Rücktritt aus der Nationalmannschaft ist eine

Verantwortungsübernahme, nur leider vollzog die sich nun nicht ohne

Schuldzuweisungen seinerseits.

Es wäre besser gewesen, er hätte seinen Schritt nicht vor der Öffentlichkeit

zu begründen versucht, denn diese Dinge fallen nun blöderweise

wieder auf ihn zurück,

während die Konsequenz selbst eigentlich honoriert werden müsste,

ja, ist es denn nicht ärgerlich,

dass sich nun ausgerechnet solche Leute drüber aufregen,

die ihn am liebsten in Russland gar nicht dabei gehabt hätten ?

Also... da Du ja offenbar so denkst, solltest Du nicht noch mehr verlangen,

denn genau dazu hast Du kein Recht, Du bist Deutscher, Du bist hier geboren,

Du kannst Dich voll und ganz von der Türkei und ihrem Präsidenten abgrenzen.

Özil aber ist sowohl Deutscher alsauch Türke, und wenn Du verlangst, er solle sich

dann doch bitteschön für ein Land und gleichzeitig gegen's andere entscheiden,

dann verlangst Du von ihm zu viel.

Ebenso hast Du kein Recht, ihm Deine Sicht der Dinge aufzudrücken und

eine deutlichere, persönliche Distanzierung von Erdogan zu verlangen,

aber hier muss Özil sich einfach bewusst werden, dass die Entscheidung für das Foto

aufgrund seiner Position ein Politikum war, dass er hier nicht einfach als Privatperson

tun und lassen konnte, was er will, ohne dass dies

zu weitreichenderen Konsequenzen führt.

Sein Mangel an Bewußtheit wird ihm hier ja schon seit dem Geschehniss selbst

als „Dummheit“ angekreidet, stattdass ihm da irgendwer geholfen hätte.

Der Vorwurf der Dummheit, die Forderung, sich für ein Land aber gegen's andere zu

entscheiden, das Absprechen des Rechts,

sich als Privatperson auch mit seinen türkischen

Wurzeln identifizieren zu dürfen und dem Ausdruck zu verleihen

auch vor anderen Türken,

der öffentliche Druck und schließlich die harsche Kritik nicht nur an seinen Leistungen

in Russland sondern an seinen Qualitäten als Spieler selbst...

das sind alles extreme Verletzungen gewesen, mit denen der Mann umgehen musste,

und ganz offensichtlich hat er sich mit diesen Verletzungen dann abgekapselt,

sodass es immer schwieriger wurde, an ihn heranzukommen, um ihm zu helfen,

damit er sieht, welchen Fehler er tatsächlich begangen hat.

Und nun, da er die Konsequenz trägt, muss man ihn allein lassen,

alles Andere dient nur dem Hass – und den sehe ich noch lange nicht bewältigt,

oh nein, es ist doch tatsächlich besser für ihn,

dass er gerade nicht für einen Deutschen Club

spielt, und je nachdem, wie man ihn nun noch angehen wird, ist's vielleicht besser,

wenn er sich mit dem Gedanken an ein drittes Heimatland zum Beispiel in England

anfreundet, denn... die politische Stimmung in Deutschland ist nicht die beste.

 

Q: Du spielst jetzt sicher auf die AfD an,

aber meiner Ansicht nach musste jemand den Bürgern eine Stimme geben,

die sich nicht oder nicht mehr durch

das alteingesessene Parteienspektrum vertreten sehen.

 

A: Soso, die AfD als notwendiges Übel, damit die Anderen quasi aufwachen und

Politik nach Stammtischparolen machen ? Vielleicht ist sie ja ein notwendiges Übel,

aber ganz sicher nicht im Bundestag, denn dort ist sie nur noch ein Übel.

Während seit weiland Strauss die CSU versucht, Wähler vom rechten Rand

demokratisch zu integrieren, so spekuliert die AfD ganz klar auf die Stimmen des

rechten Mobs, biedert sich bei allen an, die ein anderes System wollen,

und strebt in Wahrheit auch selbst ein solches an, wird bevölkert von Rechtsradikalen,

macht sie hoffähig, gibt ihnen eine Plattform im wichtigsten Organ der Legislative.

Entschuldigung, aber das hatten wir schon mal und es hat unserem Land bestimmt

nichts Gutes gebracht, und wenn ich sehe, wie kurzsichtig auch Leute wie Du

sind beim Beurteilen der Gesamtsituation, wie sich Dein Frust und Deine Angst

paart mit rechter Propagananda und Schuldzuweisungen, dann muss ich Dich

drauf aufmerksam machen, dass all das in keinster Weise passt zu Deinem

christlichen Glaubensbekenntnis.


Q: Ich sehe meine christlichen Werte bedroht und in der AfD auch Leute,

die für sie einstehen und kämpfen,

was mich aber nicht automatisch zu deren Wähler macht,

denn gottseidank gibt es ja auch in der CSU noch solche Leute,

wie zum Beispiel den

von Dir heftig kritisierten Horst Seehofer.

 

A: Oh, ich sehe die christlichen Werte, die hoffentlich auch Deine sind,

ebenfalls bedroht, aber vorrangig dann doch eher durch Dich selber und so Leute wie

den Seehofer und am allermeisten gerade durch die AfD,

und da Du im letzten Interview ja ziemlich frech wurdest,

erlaube ich mir nun auch eine freche Gegenfrage:

Wen willst Du denn, mit Deinen Überzeugungen,

außer der AfD wählen ? Du bist ja kein Bayer und die CSU

steht Dir überhaupt nicht zur Wahl...

 

Q: Das ist meine Sache.

 

A: Klar, aber wir kommen hier ganz sicher auf keinen gemeinsamen Nenner.

Schau, ich unterstelle Dir ja keinen Faschismus, aber dann tu Du nicht selbiges

gegenüber zum Beispiel dem Mesut Özil, nur weil Dir dessen Foto mit Erdogan

so erscheint, als hätte er sich genausogut mit Adolf Hitler ablichten lassen können.

Mach' Dir nur bitte bewusst, dass Du... wenn Du der AfD Deine Stimme gibst,

genausowenig Demokraten wählst wie ein Türke, der auf Erdogan schwört,

sondern, im Gegenteil, dass Du Kräfte unterstützt, denen unsere Demokratie

weniger Wert ist als ihr Bankkonto, während sie selbiges den etablierten Parteien

und deren Politikern unterstellen und der Kanzlerin Landesverrat vorwerfen.

Dein Hass auf sie und auch auf Leute in der SPD lässt Dich ihren Sturz wünschen,

aber gleichzeitig willst Du dann nicht verantwortlich sein für die Folgen,

die ein solcher für unser Land hätte, genauso wenig übrigens, wie ein Herr Seehofer

oder Söder dafür dann verantwortlich sein möchte.

Der AfD geht es um Destabilisierung der Staatsorgane und auch sonst alles,

was ihnen zur Macht verhilft, es geht ihnen eben nicht um die Bürger,

die meinen, durch sie eine Stimme zu haben, das kannst Du vergessen,

und in meinen Augen nützen sie's aus, dass immer weniger Menschen übrig sind,

die Hitler und den zweiten Weltkrieg noch erlebt haben.

Du pochst auf die Flüchtlingsfrage, Söder pocht auf die Flüchtlingsfrage,

Seehofer will punkten mit der Flüchtlingsfrage, und so werden die Flüchtlinge

instrumentalisiert als Bedrohung und als Sündenböcke,

statt dass anständig Politik gemacht wird und man der tatsächlichen Lösung

von Problemen auch nur einen Schritt näher käme.

Der AfD sind die Flüchtlinge doch egal, die wollen Deine Stimme, weil Du

Angst hast, Dich übervorteilt siehst und ihnen Recht gibst, ja,

dass möglichst viele auch aus den anderen Parteien ihnen auch noch Recht geben,

damit sie dann noch mehr Stimmen bekommen,

ohne dass die Leute dabei noch drauf acht geben, wem sie da ihre Stimme geben...

und wem sie damit zur Macht verhelfen.

Wenn Du schon nach Leuten suchst, die wirklich so denken wie Du,

dann wähle eben den Hans Olaf Henkel und sein Bündnis,

setze Dich aber bitteschön auch mal auseinander mit dem,

was er über seine ehem. Partei zu sagen hat.

Ich sag's Dir ganz deutlich: Ich bin kein Fan von ihr

und auch nie einer von der CDU gewesen,

aber... Du und ich und die Mehrheit aller Deutschen, wir können froh sein,

dass Frau Merkel uns regiert, und damit beende ich dieses Gespräch,

ich hätte zwar gerne noch was gesagt zum Beispiel über die Geschenkeausgabe

und so manchen Text darin, aber für heute soll es der Hinweis auf einen Text tun,

den ich dort für den Xavier Naidoo* hineingestellt habe:

„Lass Sie nicht bestimmen“ * heisst der.

Werde Dir bitte einfach mal bewusst darüber, dass auch Du Verantwortung trägst

und übernehmen musst für Deine Entscheidungen.

Ich hatte es lange genug in meinem Leben mit jemandem zu tun,

der mich als Wasserträger und Arbeitskraft und auch sonst nur mißbraucht hat,

und wenn man so jemandem oder ähnlich gestrickten Gestalten zur Macht verhilft,

dann wird’s egal, aus welchen Motiven man gehandelt hat,

ob es christliche oder andere Werte sind, die man sich aufs Schild schreibt...

die daraus entstehenden Katastrophen, die hat man mit zu verantworten...

und kein Sündenbock wird an denen auch nur irgendetwas ändern,

weil man selber schuld ist.

Ich kann dazu nur sagen: Ohne mich !

 

Q: Tut mir Leid, dass ich Dich so aufgeregt habe, ich hoffe,

wir können trotzdem noch Freunde bleiben.

 

A: Ich habe auf „Lass Sie nicht bestimmen“* verwiesen, nicht auf „Verzieh' Dich“*,

aber, sorry, ich will jetzt meine Ruhe, ich habe heute Abend auch noch was vor

und will da dann doch in besserer Laune sein.

 

 

Aufgezeichnet am 22.07.2018 in Freiburg.

 

* In der „Ostergeschenkausgabeerweiterung“ !

 

Eine telefonische Nachfrage am 30.Juli 2018

 

Q: Entschuldigung, Rupert, ich will Dir noch eine Frage stellen,

bevor ich es mir überlege, mit Dir noch weitere Interviews zu machen.

Gibt es in Deinem Leben wirklich einen oder mehrere Menschen,

die Du hasst ?

A: Ich dachte, Du hättest wenigstens mal reingeschaut in die

"bösen Gedichte", denn dort kannst Du die Antwort finden.

Q: Ja oder nein ?

A: In meinem Leben... nein, aber gewesen... ja.

Q: Darf ich nach Namen fragen ?

A: Nein, darfst Du nicht, oder sagen wir so: Ich bin nicht bereit,

einen solchen von mir aus öffentlich preiszugeben,

und direkt vor Dir auch nicht, wenn Du mir keine Namen nennst.

Q: Okay. Ist ein Thomas Peter Lau unter ihnen ?

A: Du hast es gesagt. Ich aber habe längst gesagt, wie ich damit umgehe,

denn auch das geschriebene Wort zählt als gesagt.

Und ich habe es auch ihm persönlich gesagt.

Es ist nicht mein Problem, wenn er's mir nicht glauben sollte

und deswegen vielleicht sogar Angst hat.

Diese Angst zu verbreiten alleine ist bereits unlautere Nachrede.

Reicht das jetzt ?

Q: Du wirst unser Gespräch doch nicht auch auf Deiner Gedichteseite

veröffentlichen ?

A: Wieso sollte ich nicht ? Deinen Namen werde ich ja nicht nennen...

 

Leitung tot.

 


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Ein Interview zum Thema Glaube und Religion

September 2018

 

Anmerkung: Hier handelt es sich um ein Gespräch

mit einem anderen Interviewer,

der, um die Identität des ersten zu schützen,

mit dem er bekannt ist,

ebenfalls erstmal inkognito verbleiben möchte,

deshalb auch kein genaues Datum oder Ort !

 

Q:

Zuallererst – siehst Du Dich selbst nun als Christ oder nicht ?

A:

Das kommt darauf an, wie streng man mit sich selber ist, und eigentlich bin ich

da sehr streng und muss deshalb mit „nein“ antworten, auch wenn ich mich manchmal,

wenn ich quasi vom „Christlichen Abendland“ spreche und vom „ich“ zum „Wir“ komme,

dann doch wieder mit eingliedere.

Wenn ich dieselben strengen Maßstäbe bei anderen anlegen würde, wären

die meisten anderen Menschen hier aber auch keine Christen,

egal, wie sie sich nennen oder welches Glaubensbekenntnis sie aufsagen.

Wenn Du mich genauer fragen würdest, könnte ich eine genauere Antwort geben,

aber solange die Frage so allgemein bleibt, muss ich leider „nein“ sagen.

Q:

Wie meinst Du das mit genauer ? Glaubst Du nun dass Jesus Gottes Sohn ist oder nicht ?

A:

So zum Beispiel meine ich das mit dem „genauer“... auch wenn es Dir widersinnig erscheint,

aber diese Frage kann ich wiederum mit einem uneingeschränkten „Ja“ beantworten.

Ich glaube dies sehr wohl, aber das allein macht mich eben nicht zum Christen,

da gehört mehr dazu. Für manche zum Beispiel dass man dann mehr oder weniger alles

glaubt, was in der Bibel steht, und dann muss ich wieder „nein“ sagen, denn ich lehne ja

das Ende des Markusevangeliums kategorisch ab. Und auch sonst bin ich kein Fan

des wörtlichen Festklebens an der Bibel, durch das es ja diesen unsinnigen Widerspruch

zur Wissenschaft, explizit Darwin's Evolutionstheorie, gibt.

Wer meint, dass man die Bibel wörtlich zu nehmen hat und in ihr dann auch noch mehr

oder weniger alles drinstünde, der muss mir die Frage beantworten, woher die Frau kam,

die sich Kain nahm, nachdem er Abel getötet hatte und seine Familie verließ.

Theoretisch müsste es ja seine Schwester gewesen sein, wenn's anderswo zur selben Zeit

nicht auch schon Menschen gegeben hat.

Meiner Meinung nach zeigt ja diese Sache schon deutlich, dass a) in der Bibel eben

nicht alles drinsteht und b) man auf den falschen Dampfer kommt, wenn man sie

wörtlich nimmt.

Aber zurück zu Jesus... ich kann definitiv sagen, dass ich ein Christ war,

solange ich im Glauben an ihn auch das getan habe, was er laut Evangelium auch

gelehrt hat. Für mich ist eigentlich, auch wegen dem, was eben laut Schrift von

ihm gesagt worden ist, ausschließlich dieses Handeln entscheidend dafür,

ob man sich nun Christ nennen darf oder nicht.

Ich kann von mir behaupten, alles getan zu haben, was er gelehrt und gefordert hat,

aber das ist eben Vergangenheit, ich sehe es wie eine Schule, durch die ich -

mit ihm als meinem „Meister“ - gegangen bin und bei der ich sozusagen einen

Abschluss erreicht und erlebt habe, seitdem wähle ich mir allerdings aus,

was ich in bestimmten Situationen tue und was nicht, und das heisst:

Man kann als Mitmensch zum Beispiel nicht mehr darauf bauen, dass ich grundsätzlich

tue, was Jesus gelehrt hat, und deshalb muss ich eben mit „Nein“ antworten,

wenn man mich fragt, ob ich Christ BIN, ich kann nur sagen, dass ich einer WAR.

Q:

Dazu habe ich mehrere Fragen. Erstens: Wie kommt es, dass Du so streng bist,

wenn doch geschrieben steht, dass man allein durch den Glauben gerettet wird

und eben nicht durch die Taten ? Ich glaube, dass Du da Dich selber und auch

andere Christen überforderst und, solange Du glaubst, dass Jesus Gottes Sohn

und für unsere Sünden gestorben ist, Dich durchaus Christ nennen darfst, vielleicht solltest.

Dann... nenne mir doch bitte Beispiele dafür, wo Du Dich bewusst nicht mehr an das hältst,

was Jesus lehrte !

A:

Fangen wir mit den Beispielen an, bevor wir ans Eingemachte gehen, okay ?

Das einfachste Beispiel wäre das mit dem Hinhalten der anderen Wange,

denn ich gehe davon aus, dass ich es in Zukunft anders halten werde,

nachdem ich tatsächlich getan habe, was Jesus da gelehrt hat.

Was dabei herauskam, es hat mich erschüttert und irgendwie find ich es grausamer,

als wie wenn ich zurückschlage, auch wenn das widersinnig klingen mag.

Ich halte mir jedenfalls die Wahl offen, wie ich in der konkreten Situation zukünftig

reagiere, und dies sicher nicht, weil die Erfahrung, die ich durchs gehorsame Handeln

gemacht habe, eine für mich negative gewesen wäre.

Allerdings weiß ich natürlich, dass diese Forderung Jesu für viele im Ernstfall

sowieso zu viel ist, also ist das vielleicht ein schlechtes Beispiel,

denn da sagen ja auch viele, dass sie's sowieso nicht könnten... sich an Jesu Wort halten.

Nehmen wir was Allgemeineres, das einfache „gebe, wenn Dich jemand bittet“...

ich habe auch schon abgelehnt, nachdem ich die Schule quasi hinter mich gebracht habe.

Es gibt ja bei Jesus auch eine Art Pflicht zur Vergebung, die zwar gebunden ist an

Einsicht und Bitte dessen, der einem Unrecht angetan hat, worauf ich doch sehr Wert lege,

denn wenn man es anders handhabt, wird alles gleichgemacht und der Wert der Gnade

läuft irgendwann gegen Null, aber auch so... ich habe mehrfach erlebt, wie wenig

diese Pflicht zur Vergebung für andere irgendwie bindend gewesen wäre.

Dabei spielt es übrigens überhaupt keine Rolle, ob man im Inneren vergeben hat

oder nicht, der zwischenmenschliche Akt ist es ja, zu dem Jesus einen da explizit auffordert.

Auf jeden Fall... nein, ich glaube nicht, dass ich mich bei bestimmten Personen,

die in meiner Schuld stehen, noch irgendwie gebunden sehen würde an Jesu Weisung,

wenn's ihnen noch einfiele, mich um Vergebung zu bitten, also bin ich auch da dann

ganz bestimmt kein Christ mehr, will's gar nicht sein, dann ist der Zug eben abgefahren

und fertig.

Q:

Das ist hart... aber wie sieht es denn aus mit der rettenden Kraft des Glaubens ?

Wenn Du Jesus als Deinen Heiland und Retter angenommen hast,

müsste es doch genügen, denn durch die guten Werke wird niemand gerettet.

Du bist da meiner Meinung nach wirklich zu streng !

A:

Ich habe damals Jesus als Meister angenommen und bin bei ihm in die Schule gegangen,

alles andere ist hier zweitrangig, denn Du fällst da auf eine klerikale Falschauslegung rein,

mit der seit Jahrhunderten alle möglichen Leute rechtfertigen, dass sie überhaupt nicht

tun, was Jesus sagt. „Der ist es, der an mich glaubt, der tut, was ich sage“...

das ist für mich bindend, nicht irgendein Credo mit Erlösungsschema,

ganz ehrlich, so etwas interessiert mich überhaupt nicht,

denn dieses Erlösungsschema ist mir zu nahe am Betrug angesiedelt...

und außerdem ideologisch gebunden an Jesus als einzigen Retter für alle.

Durch meine Ablehnung der Erpressung, mit der das Markusevangelium beendet wird,

lehne ich auch dieses Erlösungsschema für mich ab.

Ich sage zwar nicht, dass es völlig verkehrt ist, aber als einziger Weg, um der Hölle

zu entgehen bzw. in den Himmel zu kommen ist es mir nicht nur zu billig,

sondern schlichtweg falsch, wenn, dann ist es ein Weg, aber nicht der einzige.

Q:

Aber Jesus hat doch gesagt, dass er „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ ist.

Glaubst Du das denn nicht ?

A:

Oh... darüber gibt’s aber hier ein Gedicht bzw. einen Text namens „Der Unterschied“,

wahrscheinlich hast Du's nicht gelesen,

aber egal, ich will gerne nochmal separat drauf eingehen.

Ich glaube sehr wohl, dass Jesus das über sich gesagt hat, aber es ist ein unvollständiger Satz,

denn es fehlt die Angabe „Der Weg... WOHIN ?“, es fehlt eine Definition für Wahrheit

bzw. dafür, was für eine Wahrheit er meint und der Witz ist, dass viele Leute,

die sich Christen nennen, beim einzigen Punkt, der eigentlich keine weitere Frage

nach sich zieht, nämlich beim LEBEN, eine Unterschied machen zwischen dem Leben,

welches ihnen in der Realität begegnet, und dem Leben, welches Jesus ja sein soll.

Cat Stevens hat in seinem wunderbaren Lied „If You Want to Sing Out, Sing Out“,

welches Du vielleicht vom Film „Harold and Maude“ kennst, zurecht gesungen,

dass es Millionen Wege gibt, „there's a million ways to go... you know that there are“.

Wenn Du mir also sagst, dass Jesus der einzige Weg ist, dann will ich trotzdem immer

noch wissen, wohin, bevor ich dann wahrscheinlich sage:

„Tut mir leid, er ist nicht der einzige Weg, nicht so, wie Du das meinst,

diesen Glauben teile ich nicht mit Dir“.

Im Text „Der Unterschied“ schreibe ich über die Antwort, die ich selber gefunden habe

auf die Frage „der Weg WOHIN“, und da gibt’s auch eine Exklusivität,

denn wenn Du glaubst, dass Jesus Gottes Sohn ist und aufgrund dieses Glaubens

damit anfängst, zu tun, was er sagt, ohne Dich damit rauszureden, dass Du oder

noch schlimmer gar kein Mensch dies könnte, dann begibst Du Dich auf eben genau

diesen Weg, und wenn Du ihn ganz gehst dann heisst das Ziel, das Du als Mensch

erreichen kannst, Trinität. Und in diese Trinität hinein kommt man als Mensch

tatsächlich einzig durch Jesus, der Dich über diesen Glauben nämlich adoptiert.

Einen Zwang allerdings, diesen Weg zu gehen, der existiert nicht,

egal, wie streng ich bin... es ist nur so, dass jemand, der sich nichtmal dazu aufmacht,

sich meiner Meinung nach überhaupt nicht „Christ“ nennen dürfte,

auch dann nicht, wenn er am Tag hundertmal bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist.

Q:

Wie meinst Du das mit der Trinität ?

A:

So wie ich es sage meine ich es: Du glaubst, dass Jesus Gottes Sohn ist ?

Er selbst, also dann Gottes Sohn, sagte doch, dass jeder, der an ihn glaubt,

für ihn Bruder, Schwester, Mutter... ist, er nimmt Dich quasi in die Familie mit auf.

Indem Du tust, was er sagt, wird er in Dir lebendig, das ist eine der Folgen,

mit denen man als Christ leben lernen muss, denn es entsteht eine Art

Schizophrenie damit, und wer Dir was anderes sagt, der lügt bzw. hat nie damit

angefangen, den Weg überhaupt zu gehen.

Du glaubst also dass Jesus Gottes Sohn ist und er nimmt Dich als Bruder an,

was bedeutet das denn in letzter Konsequenz für Dich ?

Q:

Keine Ahnung, ganz ehrlich, das ist mir gerade zu hoch !

A:

Aber wieso denn ? Es ist doch ganz einfach, Du musst nur logisch denken...

wenn Du glaubst er ist Gottes Sohn und dieser nimmt Dich als Bruder in

seine Familie auf, dann gilt dasselbe auch für Dich: Auch Du bist Gottes Sohn !

Q:

Das kann ich nicht glauben, weil es Jesus alleine ist, das musst Du falsch verstehen

A:

Tja, aber gesagt ist gesagt und Du lehnst es ab, von Jesus in seine Familie aufgenommen

zu werden, obwohl er es Dir zum Geschenk macht, wenn Du wirklich an ihn glaubst.

Damit ist die Sache mit dem Weg für Dich eigentlich gegessen, denn Du hast so viel

Angst vorm Ziel, dass Du genau dieses, das Ziel, und auch noch aus religiösen Gründen,

für Dich ablehnst. So macht's aber überhaupt keinen Sinn, so betest Du nur Sätze aus

der Bibel nach, ohne zu wissen, was sie überhaupt bedeuten.

Das Ungeheure der Lehre Jesu jedenfalls ist nichts Geringeres als die Göttlichkeit

des Menschen, und selbstverständlich brauchst Du das nicht annehmen, nur...

dann frag ich mich eben, wieso Du nicht gleich Moslem bist, wieso Du auf dem

Christsein beharrst.

Q:

Ich bin Christ, weil ich glaube, dass er und er alleine Gottes Sohn ist,

das macht für mich das Christsein aus und darin liegt meine Rettung !

A:

Tja, damit sind wir wieder beim Erlösungsschema der Kleriker angelangt,

blöd ist nur, dass Du Dich damit nicht nur für unfähig erklärst, den Weg überhaupt zu gehen,

sondern auch noch das größte Geschenk ablehnst, welches Dein Retter Dir einfach so

damit macht. Du willst nur auf der sicheren Seite stehen, ist ja auch kein Wunder,

denn Dir droht mit diesem Schema ja die Hölle, wenn Du nicht mitmachst.

Q:

Die droht Dir auch... Entschuldigung !

A:

Aber ich lasse mich nicht bzw. nicht mehr erpressen, ich sage „Nein“, und zwar genau wegen der Bibel,

an der Du festklebst als ob es keine anderen Bücher gäbe beziehungsweise als ob Gott

mit ihr sein letztes Wort gesprochen hätte.

Dieses Erlösungschema passt nicht zum Alten Bund, es ist willkürlich hinzugefügt worden, genauso,

wie auch willkürlich einfach behauptet wird, dass Jesus die jüdische Prophetie

im Alleingang erfüllt hätte, weil Teile von Jesaja auf ihn passen bzw. auf das,

was wir von ihm glauben. Aber nirgends wird der Betrug so augenscheinlich wie hier,

denn wenn der Jude drauf besteht, dass sein Messias doch bitte das ganze und nicht

bloß drei Viertel des „Lieds vom Gottesknecht“, um das es da geht, erfüllen oder erfüllt

haben sollte, dann muss er den Jesus, an den Du da glaubst, schon zwangsweise ablehnen,

weil's Ende einfach nicht passt. Es gibt 4 „Lieder vom Gottesknecht“ bei Jesaia,

ein jedes ist eine Weissagung und steht für eine Biografie, und das, was wir da

heranziehen, um in Jesus die Erfüllung der jüdischen Prophetie zu sehen, ist für

gewöhnlich das letzte dieser vier, welches in der Katholischen Kirche jeden Karfreitag

als Lesung vorgetragen wird. Es ist witzig, dass ausgerechnet Leute, die die Bibel

am liebsten wörtlich nehmen, sich lieber selber blind machen vor der Schrift als

anzuerkennen, dass Jesus diese Prophetie entweder nicht komplett erfüllt haben kann,

oder dass zumindest etwas mit dem nicht stimmt, was wir über ihn glauben.

Du siehst, entschuldige bitte die Unterbrechung, an diesem von mir benutzten „wir“

gerade, wie ich mich, sobald es allgemeiner wird, wieder „eingliedere“, so, als

wäre ich noch Christ bzw. würde auch noch immer genau dasselbe glauben.

Ich tue das nur, damit ich besser verstanden werde mit dem, was ich sagen will.

Bitte nehme dieses „wir“ nicht wörtlich sondern tu einfach mal so, als würde

ich dasselbe glauben wie Du, dann verstehst Du mich richtig.

Wo der Glaube differiert, das sage ich ja immer wieder extra,

und es ist mir zu mühsam, dann jedesmal darauf aufmerksam zu machen,

dass ich zu diesem „wir“ gar nicht mehr so richtig dazu gehöre, okay ?

Q:

Okay, aber ich muss Dir noch was sagen zu dem, was Du glaubst und was ich ablehne.

A:

Klar, nur raus damit !

Q:

Nun, wenn Du glaubst, dass Du dadurch, dass Du an Jesus als Gottes Sohn glaubst,

und dieser Dich als Bruder adoptiert hat, weil Du getan hast, was er sagte,

selber auch Gottes Sohn bist, dann versündigst Du Dich, weil es eben einzig Jesus ist

und niemand sonst !

A:

Oh, ich sehe das nicht mehr als ein solches Dilemma an, aber gut, dass Du mich ehrlich

drauf angesprochen hast. Also... ich konnte nicht anders, ich habe schließlich geglaubt,

was er sagte und es auch getan, es gehörte für mich einfach dazu, egal, wie lästerlich

es Dir oder anderen erscheinen mag, und offenbar haben ausgerechnet Christen damit

dann das allergrößte Problem. Wenn ich, als Konsequenz dieses Glaubens,

behauptet habe, auch selber ein Sohn Gottes zu sein, so habe ich dies auch immer

explizit auf Jesus zurückgeführt, weil er eben der Weg in die Trinität ist,

und dies ist er, ich betone das nochmal, tatsächlich für uns Menschen exklusiv,

einen anderen Weg da hin gibt’s nicht.

Aber es spielt keine Rolle mehr, seit ich kein Christ mehr bin, denn einzig als Christ

habe ich das Recht, für mich eine solche Göttlichkeit zu reklamieren.

Q:

Das heisst, Du tust es nicht mehr ?

A:

Wieso sollte ich ? Es liegt allein an Jesus, ob er mich immer noch als Bruder akzeptiert

oder nicht, ein Recht darauf, es von ihm zu verlangen, habe ich nicht mehr,

seit ich darauf Wert lege, es mir auszusuchen, ob ich nun tue was er sagt, oder nicht.

Ja, ich muss ja, im Gegenteil, davon ausgehen, dass er mir das Privileg im Zweifelsfall

wieder entzieht, also sehe ich keinen Sinn darin, weiter drauf zu bestehen,

nur weil ich glaube, dass er Gottes Sohn ist und ich bei ihm in die Schule gegangen bin.

Ne, da brauchst Du Dich nicht mehr sorgen, diese Versündigung – wie Du meinst -

hat quasi automatisch geendet mit meinem bewussten Christsein.

Q:

Das ist irgendwie pervers, Entschuldigung !

A:

Brauchst Dich nicht entschuldigen, es ist nicht mein Problem.

Q:

Aber gerade als Christ darf man sich nicht selbst erhöhen und auf eine Stufe mit

Jesus stellen !

A:

Das hab ich doch überhaupt nicht gemacht, ich hab' doch einfach bloß geglaubt,

was er gesagt hat ! Wenn überhaupt, dann hat er mich dabei erhöht und quasi

auf seine Stufe mit raufgezogen, aber ich habe vorhin schon gesagt, dass

eine der Folgen davon etwas ungesund ist, denn es bedeutet Schizophrenie.

Ohne Schizophrenie fühle ich mich dann doch eindeutig wohler,

und irgendwie erscheint mir der Islam als gesünderer Glaube.

Q:

Du hast Dich nicht selbst zu Gott erklärt ?

A:

Wie käme ich dazu ?

Q:

Es hat sich so angehört...

A:

Also bitte spiele nicht an auf die alte Geschichte im Saturn...

dort wurden aber die ganz und gar falschen zu „Göttern“ erhoben und,

da ich damals noch Christ war, habe ich mir einfach nur erlaubt,

diesem Unsinn ein Gegengewicht gegenüber zu stellen,

schließlich hatte ich durch Jesus auch ein Recht dazu,

aber es handelt sich nicht um Selbsterhöhung und wer's ernster nimmt,

als es gemeint war, dem kann ich auch im Nachhinein nicht helfen,

die ganzen Vorfwürfe waren nicht nur konstruiert sondern bereits im

Gespräch mit Herrn Schön, also unter 4 Augen, überhaupt nicht mehr haltbar.

Statt dann aber froh zu sein, sich geirrt zu haben, wurde er erst Recht wütend,

denn er war mir intellektuell eben nicht gewachsen und sah dann alles,

was ich ihm sagte und zeigte, als persönlichen Affront.

Ist schon schade, was so alles passiert, wenn man zwanghaft und aus purer

Rechthaberei auf Dingen besteht, die überhaupt nicht stimmen.

Also nochmal: Ich habe mich selber nicht zu Gott erklärt,

und da ich kein Christ mehr bin, lege ich auch keinerlei Wert mehr darauf,

etwas anderes oder gar mehr zu sein als der Mensch, mit dem Du gerade sprichst.

Q:

Das klingt so, als müsste ich als Christ von mir behaupten, selber Gottes Sohn zu sein

A:

Von müssen war da nie die Rede, aber sofern Du tust, was Jesus sagt,

könntest Du das tun, weil er Dir diese Göttlichkeit schenkt,

ganz egal, wie unfähig Du sonst im Vergleich zu ihm sein magst.

Weißt Du... entweder Du glaubst, was er sagt, oder Du erklärst es zu Geschwätz.

Und die Sache mit der Adoption die ist für Dich offenbar ohne Belang und damit

Letzteres. Es muss wirklich nicht schlimm sein, aber... als Christ, doch,

da war mir schon alles sehr wichtig, was er gesagt hat oder gesagt haben soll.

Es kam für mich nicht in Frage, davon auszugehen, dass er nur so daherplappert,

weil's irgendwie schön klingt, von ihm als Bruder angenommen zu sein.

Ich meine... wozu hätte er sowas sagen sollen ?`Entweder Bruder oder nicht,

Freundschaft könnte ja genügen, aber nein... es musste Familie sein

und mit der Familie kommen eben auch typische Familienprobleme dazu.

Q:

Wie meinst Du das ?

A:

Nun, wenn Du mir vorwirfst, ich hätte mich selber zu Gott erhöht,

dann ist das auch nichts anderes als der Vorwurf, der Jesus gemacht wurde,

ich hab' mir also mit diesem Bruder auch seine Probleme mit eingehandelt.

Q:

Also bitte, jetzt werd' wieder ernst....

A:

Wäre schön, wenn's nicht so ernst gewesen wäre und die Folgen es auch noch

immer sind, egal, was ich nun behaupte, zu sein... oder nicht.

Q:

Aber Du behauptest es ja nicht mehr...

A:

Gottes Sohn zu sein weil ich an Jesus glaube ? Ne. Brauch' ich nicht behaupten.

Aber ich bin's auf jeden Fall gewesen.

Q:

Ich bitte Dich nochmal um mehr Ernst, Du grinst ja die ganze Zeit...

A:

Klar grinse ich aber so wird der Ernst mir erträglicher, außerdem amüsiere ich mich

über Dich, denn für Dich ist das alles ja wie eine fremde Welt...

ich könnte der Teufel höchstpersönlich sein, was ?

Q:

Leider ja...

A:

Und wo ist das Problem ?

Q:

Ja ist das kein Problem für Dich ?

A:

Nur wenn Du mich tatsächlich verteufelst, denn damit verletzt Du mich.

Und dann könnt's zum Problem für Dich werden.

Sonst aber... in jedem Menschen steckt beides, Gut und Böse.

Ergo könnte auch jeder der Teufel sein, verstehst Du das nicht ?

Auch mit der Annahme von Jesus als Heiland ist das nicht vorbei,

bilde Dir sowas bloß nicht ein, denn dann kommst Du total auf den falschen Dampfer.

Oder verteufelst Du etwa Menschen, die Deinen Glauben nicht teilen ?

Tu das bloß nicht, das ist theologisch der allergrößte Schwachsinn,

und mir sind ja wirklich Gruppierungen bekannt, die das so machen:

Alle verteufeln, die nicht bei ihnen mitmachen, und dann...

per Mission den Teufel „retten“ wollen.

Dümmer geht’s nicht, wirklich nicht, weil so holt man sich den Teufel in die Gemeinde,

und den kann keiner retten, das ist der Unterschied.

Bitte keine Menschen verteufeln und wenn einem doch nichts anderes übrig bleibt

wie vielleicht sagen wir bei einem Adolf Hitler... bloß keine Rettungsversuche,

das ist purer Wahnsinn.

Q:

Und wenn Du doch der Teufel wärst ?

A:

Dann müsstest Du Dich damit abfinden, dass ich nicht zu retten bin,

unbedingt. Und froh sein, wenn ich Dich in Ruhe lasse,

aber auf keinen Fall solltest Du Dich mit mir anlegen...

also... äääh... letzteres gilt sowieso und ersteres gilt auch und zwar

zumindest für das, was Du meinst, das ich glauben sollte...

ich werd' das nicht mehr annehmen, tut mir leid, für mich ist es eben falsch.

Ich lass' Dich zwar glauben, was Du willst, aber ich bleib bei meinem...

und wenn Dich das irgendwie gefährden sollte, dann musst Du wohl

Abstand nehmen, aber dennoch bitte ich Dich inständigst, mich

nicht zu verteufeln, denn ich bin nicht der Teufel und möchte ihn auch nicht

für Dich spielen. Jeder hat Gut und Böse als Möglichkeiten in sich und

sollte sich im Zweifelsfall für's Gute entscheiden, wenn es ans Handeln geht.

Q:

Aber da ist dann doch besser, Christ zu sein, oder ?

A:

Dem will ich nicht widersprechen, zumindest ist es gut und wenn Du da einen

Kompass brauchst kannst Du Dich immer an Jesu Wort halten.

Für mich genügt die goldene Regel, aber... ich habe ja nicht gesagt,

dass es nicht gut wäre, zu tun, was Jesus sagt, im Gegenteil, ich habe nur gesagt,

dass ich's wirklich getan habe und mir seither offen halte, ob, wann und wo ich

auch dasselbe wieder tue.

Q:

Die Sachen, die Du in „Von Genesis zur Evolution“ geschrieben hast,

die glaubst Du aber nicht wirklich... oder doch ?

A:

Von ein paar humoristischen Pointen und Übertreibungen abgesehen...

und wenn Du die Sache mit Mose und der Riesenspinne nicht wörtlich

sondern als Spannungseffekt für die Story nimmst...

doch, eigentlich steht da genau das drin, was ich tatsächlich glaube.

Q:

Dann ist für Dich Petrus der Gott des Alten Testaments als Mensch ?

Wichtiger noch als Jesus ?

A:

Oh jeeee... wie soll ich Dir diese Frage beantworten, ohne dass Du mich falsch verstehst ?

Ich muss als Antwort ja mein „Ja“ geben, weil's wirklich so ist, weil ich das wirklich glaube,

aber... verstehst Du, dass es egal ist oder muss ich Dir erklären, warum ?

Q:

Wieso soll das egal sein ?

A:

Na weil Jahwe's Identität, wenn er als Mensch unter uns wandelt,

ja sowieso geheim ist, also kann sie's auch bleiben,

selbst dann, wenn mal was aufgedeckt werden sollte.

Die Prophezeihung für die Juden ist ja sowieso, dass am Ende

"Gott unerkannt unter den Menschen lebt",

auch hier widersprechen Christen ganz eindeutig dem AT,

aber auf eben dieses "unerkannt" kommt es auch in meiner Geschichte

"Von Genesis zur Evolution" an.

Und deswegen ist's egal.... und Jesus darf und soll für alle Christen wichtiger sein,

das ist überhaupt nicht das Problem, das Problem ist... Jesus ist nicht wichtiger

als Jahwe in seiner Gott-Funktion, Jesus DIENT ihm.

Die Form der Absolutheit, die wir durch die Schriftverfälschung an Jesus anheften

wird dort, wo man allen Ernstes beginnt, ihn über Jahwe und das Christentum

übers Judentum zu stellen, zur extremen Lästerung.

Q:

Aber ist denn die Gewaltlosigkeit und Liebe, die Jesus lehrt, nicht besser

als zum Beispiel „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ ?

A:

Nein, besser ist das, was Du da Gewaltlosigkeit nennst, objektiv gesehen nicht,

da muss ich Dich enttäuschen, aber für Dich und andere kann es subjektiv durchaus

besser sein, was wiederrum mit dem Weg zusammenhängt, den man mit und durch

Jesus entweder geht oder eben nicht.

Schau, sowohl im Alten Testament alsauch im Koran gibt es archaische Strafen,

und es ist richtig, dass Jesus da etwas anderes, nämlich ein anderes Maß, lehrte.

Dieses andere Maß ist aber nicht für jeden automatisch das bessere,

nur weil Du vor einem Gott mit solcher Liebe keine solche Angst haben brauchst

wie vor einem, der die Todesstrafe auf die Agenda gesetzt hat.

Wenn Du Jesus da richtig verstehen willst, dann mache bitte nicht den Fehler,

zu denken, dass er gegen die Todesstrafe gewesen wäre, nur weil er ein anderes

Maß gezeigt und auch gefordert hat von denen, die an ihn glauben.

Ich weiß, dass es da viele Mißverständnisse gibt, und auch die haben wir den

Klerikern zu verdanken.

Durch ein Maß wie das von Jesus gelehrte hat die Hölle als Konsequenz und Strafe

automatisch an Wichtigkeit hinzugewonnen, denn eine solche Liebe ablehnen

oder mit Füßen treten hat andere Konsequenzen als einfach den Verlust des Erdenlebens,

aber die Strafen des ATs inklusive der Todesstrafe musst Du verstehen als ein

von Jahwe exklusiv den Juden gegebenes Gesetz, durch das abgegolten wird,

was die Menschen verbrochen haben, für die Juden spielt deshalb die Hölle

eigentlich gar keine Rolle, solange es sich nicht um's willentliche Verfolgen

des Bösen dreht, verstehst Du was ich meine ?

Wenn Du das Buch der Weisheit liest... was da wem angedroht wird,

das bezieht sich ja auf böse Taten, die sich fortziehen, nicht auf einzelne Vergehen.

Und die Hölle als Strafe ist dann unter den Juden, denen das Gesetz gegeben wurde,

überhaupt kein Thema, da geht es darum, Ordnung zu schaffen und zu halten

und bestimmte Dinge eben auszuschließen, damit die Evolution in die richtige

Richtung voranschreiten kann, so zumindest sehe und verstehe ich das.

Aber durch ein Maß wie das von Jesus kann zum Beispiel die Todesstrafe nicht mehr

ihre auch erlösende Funktion behalten, durch die dann bereits alles abgegolten ist,

sondern.... die Möglichkeiten, das Böse zu tun und zu verfolgen, sie vergrößern sich

automatisch und damit werden auch die negativen Konsequenzen für jene,

die sich drauf einlassen und dabei bleiben umso drastischer.

Was also ist besser ? Ich wär' mir da an Deiner Stelle nicht so sicher, ehrlich.

Theoretisch müsste das, was wir tatsächlich mitgenommen haben von Jesu großer

Liebe, seinem Maß, seiner Gnade... tatsächlich besser sein, praktisch aber

können wir uns nichts einbilden auf die Art „Hochkultur“, die sich daraus

mit ergab, denn die andere Seite ist umso schrecklicher... und das verstehen wir

offenbar nichtmal mehr, so weit haben wir uns bereits abgekoppelt vom Wertesystem,

welches das Alte Testament und der Koran miteinander teilen.

So hart das nun auch klingen mag, aber... dieses Wertesystem ist dem Menschen

vielleicht doch angemessener, selbst wenn ich's auch gerne anders hätte und beibehalten

würde. Wir werden sehen, wohin die Reise geht, aber was sich da politisch gerade abspielt

und „Verteidigung Christlicher Werte“ nennt, es ist wie das Einklagen eines ewig

weiterlaufenden Kredits, den man durch die Weigerung, tatsächlich christlich zu handeln,

am Ende verlieren wird, denn diesen Kredit haben wir nur bekommen,

damit wir dann dafür sorgen, dass jeder bekommt, was er braucht,

nicht, um das Unrecht festzuschreiben, auf das sich unser Wohlstand, unsere

vermeintliche Hochkultur eben auch gründet.

Q:

Wie meinst Du das ?

A:

Ich meine das so, wie ich es sage... es kann nicht so weiter gehen und wer ein Gewissen hat,

der weiß das auch. Wenn die sogennannte Christliche Zivilisation unfähig ist,

bei sich selber Gerechtigkeit zu schaffen, und dann noch, um Vormacht und Reichtum

zu behalten, Krieg in die Welt exportiert, dann wird Gott ganz sicher nicht auf unserer Seite

sein, wenn jene, die nichts haben, gegen uns Gewalt anwenden,

das ist eine reine Illusion, wir haben Verantwortung zu übernehmen oder

wir gehen unter wie es die Legende von Atlantis erzählt,

wir können uns auf überhaupt nichts was einbilden, wer Privilegien hat, muss sie zum Wohle aller

einsetzen oder er verliert sie ...und eine archaische Kultur mit Aussicht auf Überleben

ist immer noch besser als gar keine Kultur als Konsequenz aus einer Hochkultur,

die sich der Dekadenz ergeben hat.

Q:

Tut mir Leid, aber das verstehe ich nicht !

A:

Hm... und mir tut's leid, dass ich nun gerade keine Nerven mehr habe,

dies genauer auszuführen, vielleicht ein anderes Mal, ist das okay ?

Q:

Ja, klar, ich muss mich sowieso mit dem bisher aufgenommenen noch mal richtig

auseinandersetzen, ich weiß gerade echt nicht, wo mir der Kopf steht !

A:

Okay, dann nur die Ruhe, lass Dir Zeit, soviel Du brauchst, bloß kein Stress !

 

Aufgezeichnet Mitte September 2018 in Freiburg

 

© Rupert Lenz 79110 Freiburg

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