Reingehört Vol. 4

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"If There's a Will... There's Always a F*cking Way!"...


John Mellencamp – Orpheus Descending (Universal)


Wie angekündigt, hat John Mellencamp nun den Nachfolger zu „Strictly a One-Eyed JackReingehört Vol.2

fertiggestellt und, nachdem ich ja erst kürzlich seine Discographie durchgegangen bin,

muss ich nun selbstverständlich hier auch auf sein neuestes Werk „Orpheus Descending“ kurz eingehen,

denn natürlich gehört das nun zur Abrundung des Gesamtbildes dazu!


Und um's kurz zu machen: Obwohl er stimmlich hier ganz genauso raspelt und gurgelt...

und damit an sowohl Tom Waits alsauch John Hiatt erinnert...

es handelt sich erfreulicherweise um seine beste Platte seit „Life, Death, Love and Freedom“ (2009)...

und damit nicht nur um ein ordentliches Alterswerk, sondern um eins seiner allerbesten

Alben überhaupt. Chapeau!

Vom Einstieg mit „Hey God“ an wird deutlich:

Sie hat viel mehr Schwung als der Vorgänger und auch die Emotionen stimmen...

ganz genau so wie die Lieder selbst.


Auch Mellencamp singt von Gott... aber anders als Yusuf/Cat Stevens will er niemanden von

irgendetwas überzeugen sondern macht sich einfach persönlich Luft, schreit sein Hadern über die Zustände 

in seinem Heimatland in die Welt hinaus und zeigt sich so empathisch wie verletzlich dabei.

Ja, Mellencamp reflektiert, wird wütend, kämpft dann mit sich selbst

und bildet alle Emotionen direkt in seiner Musik ab und das bekommt ihr sehr gut...                        

er rockt und groovt wieder richtig und so geht das Ganze auch besser ins Ohr als zuletzt,

außerdem ist die Stimme diesmal nicht zu laut im Mix,

es macht richtig Freude, da zuzuhören!

Mit „Understated Reference“ ist ihm gar eine herrliche, berührende Pianoballade

gelungen... um ehrlich zu sein, hätte ich ihm so etwas gar nicht zugetraut!


Waffengesetze, Obdachlosigkeit, politische und religiöse Heuchler.... dieses Album

wird den Konservativen in den USA nicht gefallen. Aber mit sich selbst und verflossenen Liebschaften

geht Mellencamp auch nicht zimperlich um... er ist ein desillusionierter alter Mann geworden,

erwartet auch keinesfalls einen "Sieg", singt aber dennoch vom Ass im Ärmel,

das er auch noch hätte, wenn man ihm die Schlinge um den Hals lege...

das ist ganz schön harter Tobak! Die Frage ist natürlich, inwieweit er sein Publikum

damit nun überfordert... denn musikalisch ist er ja selber ein Konservativer...

der ergo in diesem Spektrum immer mehr Hörer verlieren dürfte,

was ihm aber offenbar sehr egal ist.


Klar erfindet gerade Mellencamp das Rad nicht neu, klingt es, wie bei dieser Musik

üblich, oft sehr vertraut... aber es klingt hier eben auch richtig GUT, über die ganze Distanz.

Daran hat auch seine (mit ihm hier nur noch fünfköpfige) Band ihren Anteil, 

Gitarrist Andrew York, der schon ewig und drei Tage dabei ist und nun auch den Bass bedient, zum Beispiel,

aber auch Rückkehrerin Lisa Germano an der Geige.

11 neue Lieder, folkig rockend tief im Americana verwurzelt und kein Ausfall dabei...

damit braucht er sich vorm übergroßen Bruder Springsteen (welcher seinem Kumpel den Song "Perfect World"

für dieses Album geschrieben hat, der immerhin nicht abfällt!) nun wirklich nicht verstecken,

sondern schneidet beim direkten Vergleich mit dessen Output aus den letzten 15 Jahren (mindestens!)

sogar verd... gut ab. Für meine Ohren nimmt es „Orpheus Descending“ auch gut auf mit eigenen Megasellern 

wie “Scarecrow“ und „The Lonesome Jubilee“ und stellt „American Fool

und „Uh Huh“ ganz locker in den Schatten, hat gar das Zeug zum Album des Jahres...

weshalb ich auch hier wieder einen Link einfüge, mit dem man sich

das ganze Album anhören kann.

Hier kann es für alle, die sowas mögen, nur eines geben:

Meine uneingeschränkte Empfehlung!


Amen.

Rupi am 07.08.2023

  



Yusuf/Cat Stevens – King of a Land (BMG Rights)


Steven Dimitri Georgiu aka Cat Stevens aka Yusuf Islam ist,

ich hoffe, ich darf das – als langjähriger Fan – sagen, schon ein komischer Kautz.

Als junger Mann schon früh – mit Liedern wie „I Love My Dog“, „Matthew and Son“

und als Schreiber von „The First Cut is the Deepest“ (P.P. Arnold) und „Here Comes My Baby“

(The Tremoloes) - zum Popstar in seiner Heimat England geworden, wurde er erst nach einer offenen Tuberkuloseerkrankung 

und mit der Zusicherung des Island-Labelchefs Chris Blackwell,

absolute künstlerische Freiheit zu behalten, zum Weltstar, dessen nun eher folkige Alben 

„Mona Bone Jakon“, „Tea for the Tillerman“, „Teaser and the Firecat“ in Millionen von Plattenschränken

ein Zuhause fanden, und auch, als er ab „Catch Bull at Four“ zu experimentieren begann,

blieb ihm ein großes Publikum treu, denn er schuf eben doch immer wieder Ohrwürmer,

die es übers Radio auch in die Charts brachten... auch wenn die Alben „Foreigner“,

„Buddha and the Chocolate Box“, „Numbers“ und „Izitso“ nicht mehr denselben Status hatten,

denn ein erprobtes Erfolgsrezept zu wiederholen war seine Sache nicht.


Auch ich wurde, als Teenager, durch Lieder wie „Morning Has Broken“ und „Lady D'Arbanville“ zum Fan, 

auch wenn die Platten ab "Catch Bull at Four" auf Dauer die interessanteren blieben,

die mich ihm als Fan erhalten haben in den vielen Jahren, die seither vergangen sind.

„Mona Bone Jakon“ war meine erste selbst gekaufte LP, die „Greatest Hits“ sollte bald darauf folgen... 

aber kaum, dass ich richtig infiziert war, kam dann auch mit „Back to Earth“

der Schwanengesang, denn Steven hatte für sich den Islam als Antwort auf sein Suchen und Fragen gefunden, 

und für lange Zeit hieß das: Der Künstler ließ sein Publikum alleine, um sich ganz

seinem Glauben zu widmen. Und stellte sich öfter ins Zwielicht, unter Anderem mit Aussagen

über die Fatwa betreffs Salman Rushdie, die auch dann nicht mein Gefallen finden, wenn sie

- wie später behauptet – Teil einer britischen Satiresendung und damit „Scherze“

gewesen sein sollen. Klar ist, dass Yusuf Islam – wie er sich seit Ende der 70er nannte – zunächst eine doch 

sehr konservative und strenge Islamschulung durchlaufen hatte, 

die gefährliche Tendenzen zum Fanatismus durchaus fördern konnte, ehe er sich auch selbst der Erziehung

(nicht nur) seiner Kinder widmete, in Großbritannien eine Koranschule gründete, die dann

vom Königshaus prämiert und damit auch unterstützt wurde.

Mit der Musik tat er sich dabei lange schwer, obwohl berichtet wurde, dass er sich manchmal

in einen kleinen Raum zurückzog, in dem er dann doch seiner alten Leidenschaft fröhnte,

auf welche Art auch immer, denn... inwieweit „weltlche“ Instrumente wie z.B. Gitarren

seinem Gott genehm waren oder nicht – es harrte noch der Klärung.


Erfreulicherweise fand er diese dann nicht bei den Taliban, die gerade in Afghanistan

wieder am Verbrennen dieser Werkzeuge des Teufels sind, um die Jugend vor dem Verderben zu schützen, 

sondern kam doch tatsächlich im Jahre 2006 zurück ins Musikgeschäft,

um, nach eigener Aussage, „Brücken zu bauen“ zwischen den Kulturen,

dem Negativbild, das in der Öffentlichkeit durch den „Islamismus“ vom Islam entstanden war,

die Botschaft des Friedens und der Liebe entgegenzuhalten, denn er wäre ja „noch immer derselbe Mensch“. 

„An Other Cup“ hieß das Album zum zaghaften Neubeginn, aber aus diesem sollte

dann tatsächlich eine völlige Aussöhnung mit seinem „früheren Ich“ als Cat Stevens erwachsen,

bis er dann auch wieder begann, quasi „neben Yusuf“, auch diesen alten Künstlernamen

wieder zu verwenden... und wenn er heute auftritt, stehen natürlich hauptsächlich 

die großen alten Klassiker im Zentrum des Programms, denn diese will das Publikum eben von ihm hören.


Das zweite Werk als „Yusuf“ nannte sich „Roadsinger“ (2009) und konnte mich damals tatsächlich begeistern, 

vielleicht auch, weil er teilweise wieder auf altes Material zurückgriff,

das in den 70ern noch nicht zur Verwendung gekommen war („The Rain“ halte ich für ein Meisterwerk!) … 

und auch „Tell 'Em I'm Gone“ (2014) fand mein Gefallen, trotz einem zu Viel

an Kompression und Clipping (woran mMn Produzent Rick Rubin schuld war).

Danach begann eine extreme Rückorientierung durch Neuaufnahmen zunächst uralter Lieder

seiner Decca-Alben („The Laughing Apple“, 2017) und dann des ganzen „Tea for the Tillerman“-Albums (2020), 

viel wirklich Neues gab es nicht mehr... doch nun ist, mit „King of a Land“,

das erste Album mit ganz und gar unveröffentlichtem Material seit 2014 erschienen.


Ich mag ihn, ich mag auch das Album, und beides sicher nicht nur aus alter Verbundenheit.

Aber ob es wirklich, wie er meint, zu seinen besten Werken zählt?

Das muss mit Recht angezweifelt werden, denn er ist eben in die Jahre gekommen,

was nicht nur beim Gesang hörbar wird... wirklich große Melodien wollen ihm wohl nicht mehr einfallen. 

Das Album versucht, an alles Mögliche anzuknüpfen, was man von Cat Stevens bereits kennt, im Video wird sogar 

auf den Charakter von Harold aus dem Film „Harold and Maude“ zurückgegriffen, 

natürlich gibt es viel akustisches Gitarrengezupfe aber auch größere Arrangements (Paul Samwell-Smith... wer sonst?), 

da sind die Chöre von „Numbers“, („Highness“)

erfreulicherweise auch die Synthesizer von „Izitso“ („Another Night in the Rain“)

und sogar der leichte Rockeinschlag der Singles von „Back to Earth“ („Pagan Run“)...

aber insgesamt bleibt er doch mehrheitlich bei der naiven Grundstimmung von „The Laughing Apple“ 

und immer wieder fühlt man sich an Kinderlieder erinnert.


Das ist alles sehr nett und beschaulich, so geschmackvoll wie auch schön, aber eben auch... wenig aufregend,

was vielleicht auch mit den wohlmeinenden Texten zu tun hat, in denen Yusuf/Cat vom guten Gott und der bösen Welt erzählt 

– im spürbaren Bemühen, religiöse Gemeinsamkeiten zu betonen,

ohne dabei den eigenen Glauben zur Disposition zu stellen.

So sieht er sich im Geiste verbunden mit Beatle und „Hindu“ George Harrison, in dessen Heimstudio 

„King of a Land“ nun abgemischt wurde und bei dessen Verlag ein großer Teil

der alten Cat Stevens-Werke nun unterkam.

Und, wahrscheinlich die Aussöhnung mit Christen im Sinn,

geht es in „Son of Mary“ gar um Jesus... dem Yusuf textlich „Sündenfreiheit“ bescheinigt

und dann erzählt, dass „Gott es so scheinen ließ als wäre er gekreuzigt worden“.


Bei konservativen Bibellesern wird er damit leider keinen Blumentopf gewinnen,

auch die aufrichtige Verehrung der Jungfrau Maria wird bei orthodox-katholischen Christen

nicht zum Umdenken bezüglich des Islams führen...

und schon gar nicht zur Einsicht, dass das „Richten nicht unsere Sache“ sei,

denn da kann Jesus gepredigt haben, was er will...

sogar Yusuf ist ihm da näher als viele, viele „Christen“...

und seine eindeutig positive Botschaft, die nun aus neuer Perspektive dazu einlädt,

auf den alten „Peace Train“ mit aufzuspringen, wird wohl nur bei den wirklich offenherzigen

und toleranten Zuhörern auch als solche aufgenommen, bei allen anderen aber...

wird er wohl ewig in der Ecke stehen bleiben, in die er sich selbst hinein begab,

als er sich 1986 mit Abdallah Yusuf Azzam 

zusammen tat, einem Dschihadisten und Förderer Osama Bin Ladens.


Ich nehm's dem Yusuf liebend gerne ab, dass Gewalt ihm immer noch ein Greuel ist, 

aber eigentlich würde nur eines helfen, ihn aus dem Zwielicht wieder heraus zu holen, 

und dies kann man wohl (leider) nicht von ihm erwarten:

Die öffentliche Solidarisierung mit Salman Rushdie, vielleicht mit Hilfe einer Kollaboration mit dessen Freund Bono von U2.

Rushdie jedenfalls hat leider noch immer genügend Gründe, der einstigen Hippieikone Cat Stevens 

misstrauisch bis ablehnend gegenüber zu stehen,

gerade WENN diese sich... wie mit „King of a Land“... kindlich-naiv gibt.


Letztlich bleiben hier nämlich eben diese, die naiven Lieder, auch die besten.

Immer wenn Yusuf versucht, bei seinen Kompositionen anspruchsvoller zu werden, 

wenn die Akkorde nicht mehr vorhersehbar sind, wirkt es gerne bemüht 

und ich würde mir einen Helfer wie Jimmy Webb bei den Arrangements wünschen, 

damit die Lieder besser fließen und es sich nicht so konstruiert anhört.... 

Jimmy Webb allerdings ist a) bekennender Christ und b) Sohn eines Baptistenpredigers und alleine deswegen 

wahrscheinlich dann doch nicht der „Richtige“... obwohl ich mir – musikalisch – keinen besseren Bearbeiter wünschen könnte, 

damit mich auch neurere Lieder von Yusuf wieder...

richtig begeistern könnten. 

In diesem Album steckt hörbar viel Arbeit drin,

doch mehr als nur angenehm will es dann doch nicht sein.


Ich habe, als ich selber begann mit dem Liederschreiben,

unendlich viel von Cat Stevens gelernt.

Vielleicht bin ich ja nur enttäuscht, dass es da nichts mehr zu lernen gibt,

aber er ist letztlich, obwohl immer noch kreativ, stehen geblieben

und klingt dabei nun hie und da sogar etwas eingerostet...

unterm Strich ist dies außerdem nun schon die zweite Platte,

bei der mir das Booklet besser gefällt als der musikalische Inhalt.

Anders aber als noch bei „The Laughing Apple“ stammen bei „King of a Land“

die Illustrationen nichtmal von Yusuf selbst...


vielleicht sollte man halt, sowohl musikalisch als auch menschlich,

nicht zu viel erwarten von einem 75 Jahre alten Mann,

allein schon, wenn man bedenkt, dass er auch selbst bei alten

Weggefährten und „Brüdern“ im Glauben längst im Zwielicht steht.

Schön, wieder von ihm zu hören, war/ist es trotzdem.


3 von 5 Sternen hat „King of a Land“ dann doch knapp verdient!

Mit sowas dabei wären's sicher mehr geworden:



Rupi am 04.08.2023





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