Wenn die Kirche...
...es ernst meint mit der Aufklärung und zukünftigen Vermeidung von Mißbrauch,
und ich möchte weder dem Papst noch einem Kardinal Marx anderes unterstellen,
dann muss, von Seiten der Amtskirche, nicht nur erkannt werden, welche Dinge
den Mißbrauch mit ermöglicht haben bzw. mehr oder weniger viel zu viele
Gelegenheiten dazu schufen, wie es nun, aufgrund des vorliegenden Berichts,
geschehen müsste, sondern eigentlich ganz ans Eingemachte gegangen werden,
das heisst – bis hin zur eigenen Lehre, denn die wirklichen Wurzeln des
nun in derart erschreckendem Umfang zu Tage tretenden Skandals,
sie liegen tiefer. Sie liegen so tief IM Katholizismus selbst begründet, dass alle, die sich erschrocken wundern,
wie schlimm es tatsächlich ist, sich unbedingt fragen müssen, wieso sie sich
denn so sehr wundern, sofern sie über das, was sie zu glauben meinen oder gar lehren,
auch tatsächlich Bescheid wissen... denn eigentlich ist das, was da rauskommt, nur...
eine logische Konsequenz dessen, was man eben auch mit der Lehre tat und tut,
an der man festhält, weil sie ja nicht falsch sein darf, weil mit einem solchen
Eingeständnis die Existenz der ganzen katholischen Kirche fragwürdig wird...
aber, um Herrn Kardinal Marx wenigstens etwas zu beruhigen:
Dies betrifft keinesfalls allein und ausschließlich die katholische Kirche,
wie es im Interview gestern von Seiten der Journalistin dargestellt wurde,
allerdings... eben trotzdem primär diese, was nicht nur mit bedauerlichen
Fehlentwicklungen zusammenhängt, wo man nicht aufmerksam genug gewesen
wäre, sondern – mit einem Mißbrauch, der bereits im Kopf beginnt,
der sich aus reinen Machtgründen durchgesetzt, etabliert und über
die Jahrhunderte gehalten hat, und durch die unglückselige Vermengung mit
einer extrem naturfeindlichen Sexualmoral dafür sorgte, dass es eben...
vor allem in der katholischen Kirche derart schlimm wurde,
denn eine solche Vermengung mehrerer Ebenen, auf denen Mißbrauch
betrieben wurde und wird, sie kann, außerhalb der katholischen Kirche,
nur noch in extrem kleinen Sondersekten vorgefunden werden,
und die katholische Kirche ist eben groß, und je größer desto mehr Fälle
gibt es bei einer solchen Mixtur auch zu beklagen.
Bevor wir zur Morallehre kommen, kurz ein Blick auf die Erpressung mit der Hölle,
die alle, die am Bibeltext festhalten, bei dem das Markusevangelium am Ende eindeutig sagt,
dass der Mensch sich zum Christen missionieren lassen muss, weil, wenn er's nicht tut,
sei er von Gott zur Hölle verdammt, miteinander vereint... in sowohl der darin befindlichen Lästerung
(zumindest des Gottes des AT !) alsauch im Mißbrauch, der aus Machtgründen
damit gerechtfertigt ist. Das Ergebnis dann auch von zig Abspaltungen
konnte nur heissen, dass es nun darum ging, in welcher Gruppierung man nun
entweder gerettet oder verloren sei, also... „welche Christen sind die Echten, sodass
Gott sie in den Himmel lässt“, und man ist wirklich versucht, die Antwort aus
„South Park“ ins Feld zu führen, die der Teufel einem Baptisten gibt, der fragt:
„Was hätte ich glauben sollen, um NICHT hier in der Hölle zu landen ?“...
allein schon, um deutlich zu machen, wie absurd das Ganze ist, wiederhole
ich also die „Antwort des Teufels“ hier nochmal, denn das gehört zu meinen
Lieblingsgags: „Mormonen... Mormonen wäre die richtige Antwort gewesen !“.
Jeder kann für sich da was anderes einsetzen, es ist und bleibt absurd und
letztlich ist's dann doch dem Mutterschiff aller Kirchen anzulasten,
dass jemals mit einer solchen Höllenerpressung begonnen wurde, die per Prinzip bereits
ein Mißbrauch des Vertrauens darstellt, das all jene, die sich auf solche Weise
missionieren lassen, den missionarisch tätigen Klerikern geben,
denn es ist eben falsch und kann nur durch eine bewusst begangene Schriftverfälschung,
die es dann umso einfacher macht, auch andere Stellen der Bibel verkehrt bzw.
im Sinne der Machtpolitik auszulegen, herbeigeführt worden sein.
So kam's eben auch zum Absolutheitsanspruch – und dass diesem dann
Verbrechen en masse gefolgt sind, für die man ja auch immer eine Rechtfertigung
aus der Bibel zur Hand hatte, das muss als Urgrund allen klerikalen Mißbrauchs
erkannt und beseitigt werden, ehe man ans Spezifische geht.
Wo es um Macht und ihre Ausübung geht, ist auch deren Mißbrauch nicht weit,
und die Kirche hat da von grundauf bereits eine historische Last, die sie eben
bis zum heutigen Tag „mitschleppt“, auch wenn die einstige Machtorientierung
tatsächlich einem Geist des Dienstes am Nächsten gewichen sein sollte.
Natürlich traut sich heutzutage in der katholischen Kirche kaum noch ein Priester
oder Bischof, mit der Hölle zu drohen, es ist nicht mehr zeitgemäß und nicht gut
für's Image, also... redet man besser überhaupt nicht drüber, aber... an der Lehre
sowie dem Absolutheitsanspruch hält man dann eben stillschweigend weiterhin fest,
während man sich bemüht, Andersgläubigen gegenüber tolerant und weltoffen zu
erscheinen. In den Predigten werden dann die „positiven Dinge“ betont,
was so weit geht, dass mancher Kleriker dann auch selber nur noch positive Dinge sieht, und sie
- wie weiland Kardinal Lehmann - sogar dann dem Christentum zuschreibt, wenn sie,
wie zum Beispiel die Menschenrechte, von ganz woanders her gekommen sind.
Auch hier entsteht, zumindest in den Köpfen, ein Mischmasch, es kommt laufend
zu Begriffsverwirrungen und Identitätsunklarheiten, während es Fachleuten
überlassen bleibt, sich mit Katechismen und deren tatsächlichen Inhalten auseinander
zu setzen. Ich habe diesbezüglich blöderweise nicht nur den bisher „neuesten“,
unter Federführung des späteren Papstes Benedikt, als der noch Kardinal Ratzinger war,
gelesen, sondern auch ältere... und selbstverständlich schneidet der aktuelle dann,
im Vergleich, ziemlich gut ab, aber es ist ihm eben auch das Bemühen anzumerken,
bloß nicht die Tradition in Frage zu stellen, damit man sich im Zweifelsfall auch
noch immer auf diese berufen und die Traditionalisten innerhalb der Kirche
zufriedenstellen kann. Und wenn der Papst heute vor aller Welt erklärt,
dass Sex ein „Geschenk Gottes“ ist, dann versucht selbstverständlich auch er,
dies im Sinne des Katechismus zu interpretieren, damit er selber sicher gehen kann,
im eigenen Haus nicht als Irrlehrer angeklagt zu werden.
Aber bei der Lektüre des Katechismus wird eben auch deutlich, dass man keinesfalls
daran denkt, an der ursprünglichen Sexualmoral der Kirche auch nur zu rütteln...
Geschlechtsverkehr ? Einzig in der Ehe und ebenso einzig zum Zwecke der Fortpflanzung,
und sonst... Sünde, Sünde, Sünde... ich habe bereits anderswo geschrieben,
dass es sich, solange hier Gnade angeboten und gewährt wird, um eine Art
perfektes System handelt, durch das man lernen kann, sich selber in die Hand
zu bekommen, aber die gelehrte Moral selbst eine ist, an der dann der Mensch
zwangsweise scheitert, sobald der Trieb wach ist, und damit... eine naturfeindliche,
die, zusammen mit der Höllendrohung, auch Unterdrückungsmechanismen lehrt,
durch die zwangsweise wieder Perversionen entstehen, da die Natur sich eben
nicht unterdrücken lässt, ohne irgendwann zurückzuschlagen und sich damit
am Unterdrücker (Unterdrückung ist MACHTMISSBRAUCH !) zu „rächen“.
Diese Sexualmoral selbst ist bereits ein unzulässiger Griff zwischen die Beine
eines Kindes, um via des Intimsten frühzeitig Kontrolle ausüben zu können,
also braucht sich doch in Wahrheit überhaupt niemand wundern über
körperliche Übergriffe, die dem geistigen Übergriff eben nachfolgen -
diese sind, so gesehen, auch nur eine logische Konsequenz und in der Kirche,
solange sie an dieser Sexualmoral festhält, genauso sicher wie das „Amen“ beim Gebet.
Auch wichtig ist, was diese Moral betrifft, das ursprüngliche Frauenbild,
welches ihr zu Grunde liegt, denn natürlich waren es Männer, die sich das Ganze
ausgedacht haben, und damit... befindet sich auch alles mit drin, wovor Männer,
denen es um's Erringen und Behalten von Macht geht, sich beim anderen Geschlecht
so fürchten. Dass eine solche Moral, gefordert und gefördert von einer Männergesellschaft,
die sich abschottend hierarchisch gegliedert hat, dann – trotz aller Homophobie -
die gleichgeschlechtliche Orientierung bei den Männern hofiert bis fördert,
versteht sich eigentlich von selbst, und wenn dann noch die Knebel des Zölibats dazu kommen,
bleiben die einen eben mit ihrem Trieb alleine und versuchen irgendwie, damit klar zu kommen,
während die anderen... entweder vorrangig unter sich bleiben oder sich anderswo Opfer suchen.
Es gibt natürlich auch eine dritte Gruppe, und diese wurde von der Kirche stets am meisten
abgestraft, sofern sie sich erdreistete, dazu zu stehen: Jene Priester, die eben das Zölibat
(mit dem anderen Geschlecht) brechen. Priester, die dies mit mehreren Frauen taten,
dabei aber dann immer wieder reuig „zurückkehrten“ und alles geheim hielten, hatten es,
solange man die Dinge irgendwie geheim halten konnte und sich die Alimentefrage auch noch lösen ließ, am leichtesten,
und jene, die zu einer Frau standen, weil sie diese liebten... und denen das Geheimhalten
irgendwann zu blöd wurde, die waren dann eben ihren Job los.
Mir persönlich sind Fälle aus beiden Bereichen bekannt.
Solange man aber geheim halten konnte, hat man dies getan, und da dieses Verhalten
sich früh eingeübt hatte, wurde es wie selbstverständlich auch auf Mißbrauchsfälle angewandt.
Die Systematiken, die sich im Laufe der Jahrhunderte daraus ergaben, konnten so natürlich
auch immer wieder in Anspruch genommen und ausgenutzt werden,
also bitte... wenn man nun meint, dass man einfach bei den „Berufenen“ besser auswählen,
"anleiten" und aufpassen muss, während man sich bemüht, nicht mehr ganz so abgeschottet unter sich
zu bleiben, und auch, weil man betont, dass der Mißbrauch mit dem Zölibat selbst nichts
zu tun hätte (schließlich sagen dies ja auch Fachleute !), damit man weiterhin daran festhalten
kann und möglichst auch die Lehre beibehalten, so, wie sie eben der Tradition entspricht...
dann wird man eben entweder bei der Auswahl und Begleitung der immer weniger werdenden
Neupriester schnell an seine Grenzen stoßen (und SCHEITERN), weil man eben mit der
guten, alten Tradition auch den Mißbrauch selbst weiter mit sich rumschleppt,
oder man findet eben so gut wie gar keine geeigneten Kandidaten mehr, die man
überhaupt zum Dienst zulassen könnte.
Ich kann, was christliche Sexualmoral betrifft, nur den Tipp geben, sich mal mit
Paulus zu beschäftigen und sich im Zweifelsfall an das zu halten, was von dem diesbezüglich
in der Bibel steht, denn... im Gegensatz zur katholischen Sexualmoral ist das, was
Paulus da lehrt, ziemlich gesund und dem Menschen mit seiner Natur angemessen.
Und, da ich schon dabei bin, auf Paulus hinzuweisen... das (manche sagen „der“) Zölibat,
es ist, biblisch gesehen, so nicht gerechtfertigt und kann deshalb, wenn man sich auf
den heiligen Geist beruft, nicht bis zum St. Nimmerleinstag beibehalten werden,
denn eine solche Abweichung, sie kann allerhöchstens temporär richtig sein.
Und da das Zölibat eine entscheidende Rolle beim Mißbrauch spielt, auch wenn's
nicht immer so sein sollte bzw. nicht der einzig entscheidende Faktor ist,
sollte es grundsätzlich freiwillig sein und damit nicht mehr zu den Grundvorraussetzungen
gehören, damit man überhaupt Priester und Bischof werden kann.
Sollte man nun tatsächlich damit beginnen wollen, die sich abschottende Männerwirtschaft
so zu öffnen, dass schon aufgrund der dadurch enstehenden, neuen Transparenz
ein weiterer Faktor, der den Mißbrauch förderte, minimiert wird, dann wäre das Ende
dieses Pflichtzölibats und der damit verbundenen ständigen Geheimhaltung beim „Sündigen“,
der glaubwürdigste Schritt, den man hin zur Transparenz machen könnte.
Will man aber, wie bisher, so gut wie alles beibehalten, weil man ja nur so katholisch
bliebe, so wird man auch weiterhin auf dieselbe Weise den Mißbrauch fördern und,
wo geht, verdecken, und die schönen Worte eines Kardinal Marx werden nichts weiter
bleiben als Schall und Rauch.
Dies hat jemand geschrieben, der von keinem Priester oder sonstwie einem Bediensteten
der katholischen Kirche sexuell mißbraucht worden ist,
aber... ich möchte doch nochmal feststellen, dass meine erste Begegnung mit Pornografie
durch ein Geschenk geschehen ist, welches mir ein Pfarrer – wohl in bester Absicht -
gemacht hat. Wenn man nun so ein Exemplar der „Nachfolge Christi“, geschrieben von
einem katholischen „Heiligen“ aber mit absoluter Sicherheit auch opportunistischen Sadomasochisten
(Thomas von Kempen), mehreren „außenstehenden Fachleuten“ und damit guten, unabhängigen Psychologen
und -analytikern mal zum Studium geben möge, dann wird man dort die von mir
hier angegangene Mixtur des Mißbrauchs finden, sowohl in Worten als auch Bildern.
Mit der Pornografie selbst habe ich kein Problem, aber... man stelle sich nun vor,
wie man solche Schriften konzipiert und bewusst bei jungen Leuten eingesetzt hat,
die dafür nicht die nötige Reife und Distanz mitbrachten...
und mit dem Sadomasochismus, der mit drin steckt, habe ich ein Problem.
In geballter Form, zu "seiner Zeit" also absolut "offen", findet man alles beisammen,
was man zur Entlarvung braucht:
Den Absolutheitsanspruch, die Höllendrohung und Erpressung,
das Niederdrücken jeglichen Selbstbewusstseins mit der Erziehung zum Gehorsam,
die Sublimierung des Triebs, der dennoch
Erregung sucht, schaffen will und nutzt, bis er seine Befriedigung dann eben „im Verborgenen“ findet...
man beachte die bildliche, detailliert gestaltete orgiastische Darstellung von Höllenqualen
(eindeutig pornografischen Inhalts !) genauso wie das dem gegenüber gestellte "Reinheitsbild" des Absolutherrschers,
dem "nachzufolgen" ein willenloser Opfergang sein soll (er "macht es vor", mit fast ganz entblößtem Leib am Kreuz,
wodurch sowohl eine masochistische Neigung gefördert werden soll alsauch Homoerotik ins Spiel kommt -
als Macht dessen, der sich hat quälen lassen bzw. quälen lässt ! Auch diese Bilder sind mit exzessiver Lust
am Exhibitionismus geschaffen worden, um sich an der Physis weiden zu können und, wie bei den "Höllenbildern",
auch den Schmerz zur Erregung zu nutzen... die Mixtur dann "macht's").
Ich denke, die Wissenschaft ist weit genug, um das Unterdrückungssystem zu erkennen,
das damit als „einzige Wahrheit“ verbreitet worden ist, und alle Fragen, woher der
Mißbrauch überhaupt kommt und wie er so ausarten konnte, sind eigentlich beantwortet.
Wenn nun aber bestimmte Kirchen bzw. Gemeinden, nur, weil sie nicht zur katholischen Kirche
gehören, meinen, die „Bösen“ wären hiermit entlarvt und bei ihnen gäbe es sowas
sowieso nicht.... nunja, wenn's wirklich so ist, dann haben sie eben Glück gehabt,
aber so sicher sein drüber kann sich keiner, weshalb man immer mal wieder mal nachgucken sollte,
wenn und woimmer man zum Zwecke der Erziehung junge Menschen in der Obhut von Autoritätspersonen lässt,
zum Beispiel in Heimen oder sonst an Plätzen, die genügend "Schutz" und Anonymität
bieten für Leute, die über längere Zeit und in Vertrauensposition als wichtige Bezugspersonen
für Heranwachsende fungieren. Es muss ja nicht gleich sexueller Mißbrauch sein,
aber zB Kinderarbeit gab es auch in evangelischen Einrichtungen für Waisen,
also spreche sich niemand von selber frei ...und nur wer keine Schuld hat,
der werfe den ersten Stein.
Rupert am 26.09.2018
P.S.:
Ich weiß, das Thema, es ist sehr ernst, aber statt mich dafür zu entschuldigen,
einen meiner Lieblingsgags (und dann noch einen sehr alten, der gar nicht
von mir stammt !) mit eingebaut zu haben, und auch, damit die Opfer,
über die ich ja so gut wie gar nichts geschrieben habe hier, was zum Lachen haben,
erzähle ich lieber noch einen weiteren Lieblingsgag (ebenso sehr alt,
ebenso nicht von mir sondern ursprünglich ein kleiner Cartoon von "Tom" !):
Eine ältere Frau kommt in die Hölle und steht nun neben dem Teufel,
der sie - wie bei "Tom" üblich - mit Notizzettel in der Hand,
Brille auf und Stift hinter sein Ohr geklemmt, empfangen hat.
Sie beginnt sofort, bei ihm über ihr Ableben zu klagen:
"Ausgerechnet JETZT !
Ich war kurz davor, endlich den Papst zu sehen !!!"
Die Antwort des Teufels: "Na... wenn's weiter nix ist...
ich zeige Ihnen gerne ALLE ANDEREN !"
Hat mich umgehauen, finde ich immer noch so lustig wie damals...
P.P.S. vom 27.09.2018
Zur Zeit des Mittelalters wäre ich für diese Ausführungen zumindest als "Häretiker" exkommuniziert worden,
und auch heute noch kann man eine solche Deutlichkeit, wie ich sie mir nun erlaubt habe,
als Anklage interpretieren, mit der ich mich automatisch in die "Teufelsrolle" begeben hätte.
Ich bin mir darüber bewusst, auch darüber, wie seltsam es nun erscheint, weil ich ja jahrelang
für mich eine Rolle gewählt hatte, in der ich manchmal auch derart konservativ "katholisch" erschien,
dass man hätte meinen können, ich würde tatsächlich alles gut finden.
Es ist mir zu müßig, immer wieder zu erklären, weshalb ich dies für notwendig und richtig hielt,
aber eins muss ich auf jeden Fall bekennen, nämlich... dass ich's natürlich in Zeiten,
in denen es mir psychisch extrem schlecht ging (Nervenzusammenbruch 1989, die folgenden Jahre !)
durchaus ernsthaft damit versucht habe, Halt suchte, wo ich den meinen verloren hatte,
und noch lange nicht "so weit" und auch wieder frei war, wie ich es heute (frei - eigentlich schon lange wieder) bin.
Dieser Halt erwieß sich mal wieder als zweischneidiges Schwert für mich,
da ich ihn zwar fand, aber dafür noch zusätzliche Komplexe in mich aufnahm,
die den weiteren Weg zur richtigen Gesundung quasi verlängerten.
Ich stehe auch immer noch dazu,
dass der Katechismus, von dem im obigen Text die Rede ist, schon allein deshalb ein
bewundernswertes Werk ist, weil er tatsächlich zu 100% in sich stimmig ist und damit
auf seine Weise auch gelungen - Josef Ratzinger ist ein hervorragender Theologe.
Nur... wie die Zeit zeigt, lassen sich eben nicht alle Sünden auf ewig "zudecken",
auch wenn's da vieles gibt, was ich selber überhaupt nicht als Sünde sehe
(weshalb ich, solange es sich nicht um latentes Unrecht oder eben Mißbrauch handelte,
auch wirklich gerne mit "zudeckte" !),
es ist aber eben damit auch Zeit geworden, mal richtig "aufzuräumen",
und ich will dabei eigentlich nur helfen, so gut ich's kann.
Mein Verhältnis zur Kirche ist ambivalent, aber ich selbst verstehe diesen Text nicht
als Anklage, sondern als einen - meinen - Beitrag zur Aufklärung.
Ich hätte sicher auch, im Bemühen, dabei zu helfen, "Sünden zuzudecken",
weiter schweigen können, aber das würde der Kirche erst Recht nicht helfen:
Ankläger "von aussen" gibt's genug und wenn nicht gehandelt wird,
und zwar entweder rein autoritär durch den Papst (was nichts Schlechtes sein muss,
siehe meinen offenen Brief an ihn - ich bin nicht grundsätzlich gegen die Hierarchie,
auch nicht gegen eine "Männerwirtschaft", ich versuche, das Gute zu sehen und
zu finden und auch, in einem größeren Zusammenhang, einen Sinn des Ganzen
...und habe durchaus einen gefunden) oder durch ein drittes Vatikanum,
dann wird sich die Kirche mMn schon zwangsweise weiterhin selbst demolieren
und damit schaden, also war's nun besser, den Mund ganz aufzumachen,
auch, weil ich sowieso längst damit begonnen hatte, dieses Thema explizit jedoch
noch nicht behandelte... ich wusste, dass es dann wirklich weh tun wird,
und hatte mich wohl auch deshalb (zu ?) lange davor gescheut.
Wie ich anderswo hier geschrieben habe, liebe ich den Gottesdienst,
ich habe mit und in der Kirche viele schöne Dinge und Zeiten erlebt,
und durch sie auch frühzeitig etwas für mein Leben bekommen (und mitgenommen),
wofür ich dankbar bin, vor allem deshalb hoffe ich, dass man mich nun nicht
als "Gegner" betrachtet, ich bin einfach nur ehrlich und sage, was ich denke,
ohne dass ich nach Bestrafung rufe... aber Konsequenzen, die muss es geben,
dafür ist es höchste Zeit, weil sich die Kirche sonst nicht nur selber völlig überflüssig macht,
obwohl die Menschheit sie, in "gesunder Form", noch brauchen könnte
(dass sie nicht für ewig als Institution besteht, gehört übrigens zur eigenen Lehre dazu !!!),
sondern - sie macht sich unmöglich, und je schlimmer das wird, umso weniger
wird man dann auch noch ans Gute denken, das da auch war/ist.
Immer wieder denke ich daran, dass wirklich alles seinen Preis und damit auch
seine zwei Seiten hat, und irgendwie kann ich meine persönliche Liebe zu Amerika
ein wenig vergleichen mit dem, was mich auch die Kirche (noch immer und trotz allem)
lieben lässt, und das ist eben... dass sich Menschen mit Idealismus etwas getraut und auf die Beine
gestellt haben, das sich als mehr erweist als ein Strohfeuer.
Wo immer das, in größerem Zusammenhang, geschieht, ist es
mit Opfern verbunden... und man muss lernen, das Gute daraus für sich mit zu nehmen,
statt alles und alle in einen Sack zu stecken, weil ja sowieso alles schlecht wäre.
Was ich überhaupt nicht leiden kann, das ist... wenn Menschen sich entweder gar nicht
oder nur hintenrum bzw. immer nur im Geheimen was trauen.
Die kann man ja nichtmal anklagen, so wie man die Kirche jetzt anklagen kann,
die haben auch keine Geschichte, und für was Bessres halten können sie sich auf
keinen Fall. "Ein jeder kehre vor seinen eigenen Türe" ist immer mit die beste Maxime gewesen,
aber wo es eben eine solche Ansammlung von Opfern gibt, die wirklich alle zu ihrem Recht
kommen müssen, da geht es, wenn man wirklich weiter machen will, nicht mehr ohne
grundsätzlichen Wandel, dem dann auch Dinge zum Opfer fallen, die überhaupt nicht schlimm sind,
aber wegen der aufgebrochenen Strukturen dann eben auch nicht mehr gehen.
Irgendwie hatte ich Glück gehabt, mich in der Kirche wohlfühlen zu können.
Ich glaube nicht, dass dies ohne das zweite Vatikanum überhaupt möglich gewesen wäre
und erst Recht dass ich auf Dauer hätte Katholik sein und bleiben können,
aber danach gab es eigentlich keinen Schritt mehr
"vorwärts" und damit auch auf die Menschen zu, und ohne die Menschen...
das müsste Papst Franziskus auch wissen... ist die Kirche keine Kirche, weil...
diese eigentlich viel viel mehr sein soll und ist als der Klerus.
Eigentlich sehe ich die "Kirchenspaltung" deshalb auch als eine Illiusion an,
ja, begrüße oft die Unterschiede und wehre mich dann gegen Gleichmacherei
als "Weg zur Einheit", wo doch einfach nur ein Stück Bewusstsein, dass man
letztlich zusammengehört, genügt, damit man - ohne die eigne Identität zu opfern -
auch gemeinsam beten, arbeiten und feiern kann.
Es gibt ja auch nicht nur eine Sorte Blumen,
und die Margarite braucht keine Angst vor der Rose oder umgekehrt zu haben.
Die Hierarchie der Katholiken jedenfalls... man kann und soll sie als Christ auch "umdrehen",
so, dass der Papst, als "Diener aller", in Wahrheit "ganz unten" steht,
und das Kirchenvolk bzw. die Menschen damit "ganz oben",
aber dass dies in der Realität tatsächlich so ist, kann man nicht guten Gewissens behaupten,
was auch mit am Reichtum des Klerus liegt, der ihn da, wo er dazu gehört,
irgendwie "enthebt" von den Leuten,
es bleibt ein Ideal, vielleicht auch ein Ziel, aber... wer seinen Dienst in der Kirche aus dieser
Perspektive tut und im echten Glauben an Jesus, der lebt es auch, das Ideal, und macht's mMn richtig.
Die Frage ist, in wie weit die Priester das heutzutage überhaupt noch oder schon können.
Genug gequasselt !
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Nein, lieber Papst Benedikt,
das ist eine furchtbar billige Ausrede, und mit dieser magst ja Du Dir
zusammenreimen, was Du nicht verstehen willst,
aber... die 68er sind keinesfalls „schuld“ am sexuellen Missbrauch
in der Kirche, denn den hat's bereits lange vor der „sexuellen Revolution“
gegeben, und dabei hat sich frühzeitig in ihr zusätzlich noch
die Kultur des Schweigens und Verdeckens
und damit der Vertuschung dessen, was „nicht sein darf“,
eingebürgert und verselbständigt. Wenn nun ein eremitierter Papst, ganz gleich,
was für eine unbestrittene theologische Kapazität er ist,
behauptet, das Übel sei von den 68ern gekommen und damit ausgegangen,
so konstatiert er gleichzeitig damit, dass es ja „von Außen gekommen“ wäre,
dass die Kirche es in sich eingelassen hätte, als wäre da...
bei den vielen Delinquenten,
überhaupt kein Glaube mehr an die gelehrte Moral gewesen,
und dem kann überhaupt nicht so gewesen sein,
im Gegenteil: Man sollte die Ursache für das Übel eben doch genau
da suchen, wo es wirklich „brennt“, man lese dazu die Studie,
auf deren Grundlage man nun doch gedachte, zu handeln,
sowie meinen obigen Text.
Was die 68er betrifft, so kann man, wenn man will,
durchaus den Vorwurf machen, dass im Zuge der sexuellen Revolution
auch ein „zu viel“ an Freizügigkeit gefordert worden ist,
das für manchen – sowieso nicht mit der Kirche sympathisierenden ! -
Pädophilen einem Freifahrtschein gleichgekommen
sein mag – aber angesichts der massiv zu Tage tretenden Pädophilie
von Seiten des katholischen Klerus hieraus eine Anklage und
Schuldzuweisung zu basteln, ist ja wohl an Dreistigkeit kaum
zu überbieten. Was denn, bitteschön, hat denn die Kirche bzw.
der Klerus mit den 68ern zu tun ? Wurden denn die mißbrauchenden
Amtsträger damals wie heute alle vom Zeitgeist manipuliert ?
Wo bleibt die Eigenverantwortung und mit ihr
die Einsicht ins eigene Dilemma ?
Ich hoffe, dass Dein Nachfolger im Amt es sich nicht
so einfach macht, denn sonst... ist ein Ende der Misere
nicht abzusehen, was im Fall der kath. Kirche
ihrer Selbstzerstörung von Innen heraus gleichkäme.
Das kann sich kein Katholik wünschen, dem sie auch nur
irgendetwas bedeutet, also bitte ich mit Nachdruck
um's Kehren nicht nur vor der eignen Türe sondern eben
auch im eignen Haus, denn Schuld und Schuldige außerhalb
zu suchen ist mit das Dümmste, was man stattdessen tun kann.
Hochachtungsvoll:
Rupert Lenz (am 11.04.2019)
Edit vom 13.04.2019, nachdem ich nun den ganzen "Aufsatz" des Eremitus gelesen habe:
Der größte Teil des Aufsatzes, wie ich ihn verstehe, geht eigentlich am Grundproblem vorbei,
weil Benedikt ein ihm eingeimpftes Kirchenbild vertritt,
das so (leider ?) nicht der Realität entspricht.
Es wird so getan, als wäre die Institution Kirche nicht von Menschen gemacht
(da sie ja auf Jesus Christus gründe), als wäre der "Glaube", dessen Erneuerung er fordert
(durch die sich dann das Problem des Mißbrauchs in Luft auflösen soll), samt der kirchlichen
Morallehre nicht von Seiten des Klerus definierbar bzw. definiert (sondern höchstens
erklärbar), sodass eine "andere Kirche", und zwar von den sich in ihr befindlichen (und auch,
mit dem Klerus, in ihr "herrschenden") Menschen gestaltet, eine Art "teuflische Alternative"
wäre zum "einzig wahren", greift damit substantiell das zweite Vatikanum an,
und wird in seinem Konservatismus ganz furchtbar blind.
Natürlich sollte man, wie von ihm gefordert,
die Kirche als "mehr" begreifen als die Institution,
aber dieses "mehr" geht weit über den Katholizismus hinaus... und die Institution selbst,
die eben doch, über den Anspruch von Unfehlbarkeiten etc.,
den Glauben sowie seine Inhalte für den Katholiken definiert,
wird aus jeglicher Verantwortung genommen,
welche über die "Bewahrung" des einmal festgeschriebenen hinausgeht,
als hätte es den Mißbrauch auch vor dem zweiten Vatikanum nie gegeben.
Damit sind wir wieder zurück bei Thomas von Kempen,
an dem er sicherlich ebenfalls festhält,
der uns aber den Mißbrauch in seiner Urform vor Augen führt,
wenn wir diese nur endlich bereit sind, zu öffnen...
und letztlich will Josef Ratzinger aka Papst Benedikt nun den Mißbrauch
mit dem bekämpfen, was ihn erst ermöglichte, und dies ist noch erschütternder
als das Abwälzen der Schuld auf die 68er, die sexuelle Revolution und damit den Zeitgeist.
Er selbst glaubt etwas, das vor ihm von anderen Klerikern definiert worden ist,
hält starrsinnig daran fest auch da, wo es nicht mit der Bibel konform geht
(ja, behauptet einfach dreist, dass Hiob und Jesus Christus miteinander identisch seien...
wie kann man so etwas tun, ohne an die Juden zu denken, denen hier mal wieder
etwas vollkommen unsinniges vorgesetzt wird,
indem man eine ihrer Schriften vereinnahmt,
wie es einem gerade passt ?
Hiob ist Hiob, man mag in ihm einen "Vorläufer" Christi erkennen
oder sogar Christus IN IHM wirken sehen, muss aber dennoch zwischen ihm und Jesus
einen Unterschied machen, sonst verirrt man sich in reine Fantastereien !),
spricht vom "Mysterium der Kirche" um erst gar nicht irgendetwas entschlüsseln
und damit vorgegaukelten Mysterien entreissen zu brauchen,
tja, und dann wird eben immer wieder der "Teufel" ins Spiel gebracht,
wo es zu viel verlangt ist, endlich Eigenverantwortung zu erkennen und anzunehmen.
So aber macht sich die Institution Kirche und damit der Klerus selbst überflüssig,
es hilft dabei keineswegs, sich daran zu klammern,
dass es in ihr sowohl "gute als auch schlechte Fische" gäbe
und Gott höchstselbst "seinen Acker" bereinigt...
weil das ganze System des Mißbrauchs verschwinden muss,
damit es überhaupt zu einer solchen "Reinigung" kommen kann.
Vielleicht sollte Benedikt sich einmal mit der Möglichkeit befassen,
dass die Institution Kirche zwar ihren
Gott braucht, dieser aber nicht unbedingt eine solche Kirche.
Auch wenn ich ihm in einzelnen Punkten nämlich durchaus zustimmen mag,
so geht der ganze Aufsatz letztlich am Thema vorbei
und ist ein erschütterndes Beispiel für Realitätsblindheit
und Verantwortungsflucht.
© Rupert Lenz 79110 Freiburg