Mein Lieblingsgedicht - und warum es das ist.

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Jene Mädchen hinter Kutschen

 

Jenes Mädchen, das der Hochzeitskutsche

wortlos hinterherklagt,

ohne sich zu wundern,

offene Augen, steht es da

Jenes Mädchen heißt

zurückgelassene Zukunft

abgelegtes Leben

und sein Blick durchbohrt das Herz

wenn’s nur der Liebe pochen mag.

 

Noch regt sich Wut, schon wird sie überrollt

von gischtbehängten Trauerzügen.

Was auch dem, der sich eine

andre Zukunft wählte, bleibt

an Mitleid geht dahin

wie jenes Mädchens letztes Hoffen.

Ich bleib bei ihm stehen

und immer wieder kommt es mir

als bessere Wahl in meinen Sinn.

 

Es bleibt die Frage, auch bei Festen

gottgesegnet wie sie seien,

was Menschen feiern und wie sie’s

zu Wege bringen

jene Mädchen hinter Kutschen

nichtmal wahrzunehmen.

Ist es so gering

was fühlt und gibt und sterbend

sich dem Gang der Dinge fügt ?

 

Es ist vielleicht des Menschen allergrößte Sünde

minderwertig zu erachten

was den Dingen sich

nicht unterordnen lässt

und ihretwegen abzutöten

heißt der Vorwand auch Vernunft

es bleibt doch Mord.

Wie kann man leben als Verräter und

sich dann noch seiner Höllen wehren ?

 

Kann man es, will mir

das Rühmen solcher Stärke nicht gelingen.

Was so schwach scheint, dass es leidet,

ist mir größer.

Mit jedem Hufenschlag entfernt sich dieser Größe

mehr, was seiner Liebe zu gehören sich verweigert

in die Dunkelheit des eignen Ziels.

Jenes Mädchen ist ein Lichtstrahl

der von Höherem in Erinnerung bleibt.

 

Rupert 2-3. 12. 2002

Thomas Mann zugeeignet.


 

 

 

 

Ein imaginärer Dialog.

( Groteske )

 

„Rupert... Rupert ! Aufwachen ! In welcher Zeit lebst Du gerade ?

Fahren heute noch irgendwo Kutschen rum ?

Außer zum Sightseeing als Touristenattraktion ?

Was schreibst denn Du für’n Zeug ?

Und für wen ?

Suchst Du Deine Leserschaft im 19. Jahrhundert oder was ?

Und dann... Mädchen... Mädchen hinter Kutschen...

toll... das wollte man ja schon immer wissen, wenn da welche sind,

wahrscheinlich kommen sie in Deiner Fantasie in ganzen Scharen vor...

und dieser Hümpfelbrümpf ist dann auch noch...

Dein „persönliches Lieblingsgedicht ???

Verarschst Du uns ? Oder hast Du einen an der Waffel ?

Welchen Hund willste damit von hinterm Ofen vorlocken ?

Beschwer Dich bloß nicht, wenn Dich fortan... so drückst Du dich ja gerne aus...

wenn Dich fortan kein Mensch mehr ernst nimmt !“

 

„Ach, ich hatte gedacht, es genügt, dass mal Kutschen gefahren sind,

um sich hier hineinzuversetzen... mir dünkt ich hätte mich wohl geirrt.

Natürlich ist meine Fantasie voller Mädchen... aber die stehen da nicht

unbedingt hinter Kutschen. Eher stehe ich da hinter ihnen...

wenn ich aber da drüber schreibe... na ja, dann klingt auch meine Sprache

wahrscheinlich mehr wie die anderer Männer heutzutage...

falls mehr dabei rauskommt als primitive Urlaute...

klar, die können auch ein Gedicht sein... und natürlich

nehme ich mal wieder alle hops, das ist gar nicht mein Lieblingsgedicht.

Mein Lieblingsgedicht muss schließlich „die Tafelrunde“ sein...

Weil ich mich als Gralssucher darin wiederfinde...

Oder wenigstens was anderes, gleichermaßen politisches...

Oder was dezent aber pointiert humorvolles wie „Zurückgeworfen“.

Weil das so erbaulich ist...

So Sachen wie Jene Mädchen schreibe ich nur, um mich drüber

totzulachen, weil’s so saukomisch ist, erst Recht, wenn’s dann jemand

ernst nimmt. Im Grunde lebe ich damit meinen Hang zum Trivialen aus.

Und natürlich mach ich so was, um einen Job als Autor für Telenovelas

a la Sturm der Liebe zu ergattern.

Und um dem geneigten, anspruchsvollen Leser auch noch

das letzte Quäntchen Bereitschaft zu nehmen, sich

weiter mit meinem Geschreibsel auseinander zu setzen.“

 

Stattdessen aber... ( Achtung, die Groteske ist vorbei ! ):

 

Dies ist es und wird es wohl für mein ganzes Leben lang bleiben,

das Gedicht“, das ich schreiben wollte und dessentwegen ich

wahrscheinlich überhaupt je angefangen habe, Gedichte zu machen.

Ich glaube nicht, und dies mit 100 % Überzeugung,

dass mir je ein besseres gelingen wird oder auch nur eins,

das in seiner Bedeutung für mich in seine Nähe kommt.

Vielleicht kennt der ein oder andere Leser dieses Kommentars,

was ich hier jetzt versuche, zu beschreiben.

Es gibt Gefühle, die verfolgen einen ein Leben lang.

Sie treffen einen, wenn sie wiederkehren, bis ins Mark,

aber man kann einfach nicht ausmachen, woraus genau sie

bestehen, man fasst dabei kaum einen Gedanken

und schon gar nicht hat man Worte für sie.

Dann verschwinden die Gefühle wieder, und man konnte

nichts davon festhalten, obwohl man wenigstens eine Spur davon

übrig haben möchte, um ihren genauen Auslösern auf die Schliche zu kommen.

Der logische Denker in mir sagt dann jedes Mal,

dass es doch möglich sein muss, da ich fest an das Prinzip

von „Ursache und Wirkung“ glaube.

Also wartet man auf den Moment, in dem es erneut geschieht,

um doch etwas davon zu erhaschen und so fest zu halten,

dass man es in Worte zu fassen vermag,

den Moment, in dem einem ein Licht aufgeht, das es ermöglicht,

die Ursache für die Gefühle so zu erschauen, dass man sie

auch selbst – zumindest in sich – wieder hervorrufen kann.

 

Und genau so war es mit diesem Gedicht.

Die Gefühle, die ich hier meine, sind eine tiefe und schwere

Melancholie, die mich in bestimmten Situationen immer wieder

überkam. Eine Trauer – viel mehr als Traurigkeit – die ich

nicht mitteilen konnte, die mich zwang, mich abzukapseln

und das Weite zu suchen, weil ich mich bis in die Grundfeste

meines Menschseins erschüttert sah.

Ich hatte einfach keine Ahnung, weshalb genau sie kam,

wenn sie kam. Ich wusste nur, dass sie durch eine Art der

Unmenschlichkeit ausgelöst worden sein musste, die mich

persönlich am allermeisten verletzt.

Ich hatte auch wirklich keine Sehnsucht nach der Wiederkehr

dieser Verletzung, konnte mich aber darauf verlassen:

Irgendwann kommt sie wieder, diese Melancholie.

Und deshalb wartete ich dann doch darauf,

um bitte, bitte endlich für mich klar zu sehen, was es ist.

Denn es war alles andere als vorhersehbar.

Ich meine... wenn sie gekommen wäre durch Fernsehnachrichten,

bei Kriegsbildern oder Katastrophen, wenn sie wenigstens gekommen

wäre bei distinktiven Abbildungen von Dingen, die für mich dem

„Bösen“ zuzuordnen sind...

aber nein, nenne man es Stumpfheit, doch oft nimmt nur noch

mein Intellekt die Dinge als „negativ“ wahr, aber

emotional bleibt längst eine verlässliche Schutzwand bestehen.

Bei Spielfilmen, die Krieg und Brutalität beinhalten, sowieso.

Es mussten bestimmte Faktoren zusammenfinden,

subtilere Formen des menschlichen Versagens oder Unwillens,

damit es mich „überfiel“. Eine „Psychokiste“ also.

 

Und dann, eines Nachts, kam dieser Moment.

Wie immer, völlig unerwartet, aber so, dass ich endlich

meine „Gedankenfinger“ an die Gefühle heften konnte,

und plötzlich ging es wie von selbst:

Jene Mädchen hinter Kutschen“ ist die in Worte gefasste

Melancholie, die mich so viele Jahre immer wieder überfallen

hatte, und nicht nur das, dies Gedicht fasst auch die

Ursachen zusammen.

Es war mir also gelungen.

Aber wie ?

Ich schulde meinen Dank – für den Rest meines Lebens –

erstens: dem großen deutschen Schriftsteller Thomas Mann,

von dem ich bisher kein einziges Buch gelesen habe.

Immer noch nicht. Ich habe „Angst“ davor... wie immer,

wenn es sich eher um „große Schinken“ handelt.

( Die Überwindung, die es mich kostete, „Die Brüder Karamasov“

überhaupt in Angriff zu nehmen, und mich dann durch mehrere Werke Dostojewskis zu kämpfen,

hat diese „Angst“ eher verschlimmert, egal, wie sehr die Lektüre sich

dann für mich gelohnt hat... letztlich fand ich den „Idioten“ am Besten, gefolgt von

„Rodon Raskolnikov ( Schuld und Sühne ) “, und den erschütternden „Aufzeichnungen aus dem Untergrund“.

Aber das größte Lesevergnügen

hatte mir, wie schon so oft, eher kurzes bereitet: „Bobok“, „Das Krokodil“... ).

 

Ich will... aber ich will oft doch nicht so sehr, dass ich mich der Lektüre

dann stelle, ich schieb’s vor mir her und lese lieber Gedichte oder Kurzgeschichten.

So ist’s eben auch bei Thomas Mann... ich hab den „Untertan“ von Heinrich Mann

gelesen... der „Rest der Familie“ muss seither warten, so interessant es auch sein mag.

Und sicher hat Thomas den Ruf, der „Wichtigste“ zu sein.

„Der Zauberberg“ wird sicher mein „Einstieg“.

Aber ich schulde ihm den Dank für die „Buddenbrooks“,

denn dieses Buch ist die Grundlage für das, was geschah.

Zweitens schulde ich meinen Dank den Leuten,

die damals dieses Buch verfilmten,

mit Hans Jörg Felmy, Lieselotte Pulver, Hanns Lothar und Gustav Knuth.

Explizit jenen, denn in der Neuverfilmung ( die mir auch gut gefiel )

kommt diese Szene nicht vor...

und ich weiß nicht mal, ob Thomas Mann sie in seinem Buch tatsächlich

beschrieben hat, oder ob es der – geniale – Einfall des

Filmregisseurs (Alfred Weidenmann) war, um den „ersten Teil“ seiner Verfilmung

mit ihr abzuschließen.

Aber da kommt sie eben. Und sie macht mich fertig.

Ich habe also, spät in der Nacht und weil ich nichts besseres zu tun

wusste, diesen Film angesehen.

Ich bin mir fast sicher, dass ich ihn „längst kannte“, aber es muss viele,

viele Jahre hergewesen sein, dass ich ihn sah.

Also erschien er mir fast „neu“. Und hielt mich vor der Glotze.

 

Die Leistungen der Schauspieler... beeindruckend.

Ich meine... solche Besetzungen, Nadja Tiller und Rudolf Platte waren ja auch dabei,

sind mit Sicherheit ein Traum für jeden Filmgourmet.

Ich finde übrigens, dass wir in Deutschland nicht nur großartige Schauspieler und Schauspielerinnen

in der Vergangenheit haben, sondern dass wir stolz sein dürfen,

auf die Generationen, die nachkamen, auch wenn sich bei den Filmproduktionen

fürs Fernsehen einiges an Verflachung eingestellt hat... es soll halt möglichst wenig Geld kosten...

aber es heißt ja oft, dass es keine „Typen“ mehr gebe...

und gerade in Deutschland ist das einfach nie wahr gewesen...

man denke nur an Armin Rohde, Michael Mende, Ulrich Noethen, Edgar Selge,

Manfred Hoppe oder den wunderbaren Ulrich Tukur, der jetzt sogar das „Tatort“ - Gucken wieder zum Pflichttermin macht.

Aber natürlich „musste“ ich diesen Film dann anschauen, in dem so viele große Leinwandstars aus

der Generation meiner Eltern sich ein Stelldichein gaben.

Und wurde, da der „zweite Teil“ der „Buddenbrooks“ erst in der darauffolgenden Nacht gezeigt wurde,

mit diesem Bild „ins Bett geschickt“:

Dieses Mädchen hinter der Hochzeitskutsche...

 

Und so konnte ich sie nicht mehr aufhalten, diese Melancholie.

Ich sah nur noch die „abgelegte Geliebte“ des letzten Firmenleiters

aus Thomas Mann’s Familienchronik, wie sie da hinter der Kutsche

steht und ihr hinterher schaut, darin ihr verflossenes, kurzes Glück

zusammen mit einer „ihm standesgemäßen“ Braut.

Ich konnte nicht zu Bett gehen. Ich konnte gar nicht schlafen.

Ich wusste, dieses Mädchen da,

es ist meine Melancholie. Also nahm ich Papier und Stift zur Hand.

Und ich fand endlich einen Weg, sie in Worte zu fassen, diese Melancholie...

Mit Hilfe dieses Bildes. Es wurde mir klar:

Sie ist ein Mensch. Ein Mensch, der mit seiner ganzen Hingabe auch ganze

Risiken eingeht und aus den dümmsten Gründen „verliert“,

Gründe, für die er selbst nichts kann. Gründe, die ihm

als Realisten in ihrer drohenden Konsequenz zwar bewusst sein müssten,

aber doch...

Man hofft mit ihm, man fühlt mit ihm, man verliert mit ihm.

Gegebene Liebe, die dann nichts mehr wert sein soll,

bzw. den Preis darstellt für das, was andere machen

oder meinen, machen zu müssen.

Der „Geber“ steht im Regen.

Toll, wie in den „Buddenbrooks“ dann, im zweiten Teil, gezeigt wird, welche Sinnlosigkeit daraus erwächst.

Es ist der Wendepunkt, der Beginn

des Untergangs, nicht nur im unternehmerischen Sinn.

Natürlich befriedigt das den Gerechtigkeitssinn... wie sich hier

dann, urkatholisch als Sühne begreifbar,

eine Katastrophe nach der anderen einstellt.

Aber das Opfer... es erscheint umso sinnloser, und das bleibt

als tiefer Stachel in der Seele, so etwas kann niemals befriedigen.

Es hätte anders kommen können, völlig anders, für alle Beteiligten,

auch für Schwester und Bruder des Konsuls.

Und zwar so, dass selbst der Untergang der Firma inklusive

Verlust aller Privilegien nicht derart ins Gewicht gefallen wäre.

Man hätte sich menschlich verhalten können und es wäre

die Menschlichkeit geblieben. Das „Leben“ des Erbprinzen und Konsuls:

Eine „Höllenfahrt“ hinein in eine absolute Sinnlosigkeit, die mehr ist

als schicksalhafte Tristesse... und beginnt mit der Hochzeitsreise... phow !

In Wahrheit hat er einzig davor gelebt. Er lässt sein Leben zurück

mit „jenem Mädchen hinter der Kutsche“ !

So also kommt die Untat zurück zum Täter...

 

Ich erkannte die Ursache(n) für meine Melancholie aber schon

bei der Analyse dieser Schlüsselszene in jener Nacht.

Und kam zum Schluss, dass es Mord ist.

Teil zwei des Films, in der nächsten, überraschte mich dann

nicht mehr, ich hab ihn eher erlitten als genossen...

ich hab’s über mich ergehen lassen. Dieses jämmerliche,

nur noch in die Länge gezogene Ende eines Menschen,

hervorragend gespielt von Felmy. Und der Zusammenbruch

um ihn herum, die Bankrotterklärungen, eine nach der anderen.

Aber... ich werde nicht mehr von dieser Melancholie verfolgt.

Seither.

Ich kann sie dennoch jederzeit wieder „haben“.

Es genügt, „Jene Mädchen hinter Kutschen“ zu lesen.

Nicht, dass ich das oft tue. Ich habe wirklich keine Sehnsucht

danach, diese innere Wunde erneut aufzureißen und zu spüren.

Aber ich kann es. Und das ist wichtig für mich.

Ich habe mir das ermöglicht mit dem Gedicht... zur Konfrontation,

zur Selbstkonfrontation und –Erkenntnis und damit als

Hilfe zur Angstbewältigung.

Es ist – selbstverständlich – Thomas Mann zugeeignet.

Denn ohne ihn wäre mir das nicht gelungen.

Oder ich hätte noch viel länger auf den Moment warten müssen.

Ob mir dann aber ein solches Gedicht aus der Feder geflossen wäre ?

Komischerweise ist gerade dies, mein Lieblingsgedicht ( unter den eigenen ),

gar nichtmal so nahe an meinem Lieblingsdichter Rilke.

Aber vielleicht ist es ja – neben all den angeführten Gründen –

auch deshalb mein Lieblingsgedicht.

 

Euer Rupert.

 

P.S.:

Sollte auch Euch beim Durchlesen diese Melancholie erwischen,

dann wisst ihr wenigstens, warum.

Und dann nehmt es bitte persönlich ( und mir nicht übel ):

Ich bin Euer Bruder. Denn das kennzeichnet uns zusammen bis in die

Tiefe der „Seele“... es ist wie ein Brandzeichen, oder ?

Es würde mich freuen, wenn Ihr mich dann als Bruder

annehmt, in dem ihr hier - (wofür gibt’s ein Gästebuch ?) -

bekennt, meine Schwester oder mein Bruder zu sein...

Dann bin ich nicht so allein... mit dem, was mein Herz so sehr verletzen kann.

Wenn es auch vielleicht nicht viele sind, wenn es auch nur ein Mensch ist,

bitte, bitte: bekenne Dich hier. Ich sage jetzt schon: Herzlichsten Dank.

 


 

PLUS...:

Ein Lied von Angelo Branduardi.

 

Hier auf dieser Seite, und zwar „unten“ in der „Geschenkausgabe“,

steht nun quasi ein ganzes Musical drin und mehr,

„Branduardi auf Deutsch für...“, ein Klick genügt,

und man betritt eine ganz eigene Welt,

am Besten ist es, wenn man sich dazu die Originale

anhören kann, so wie ich... die ganzen letzten Wochen,

das gehörte zur Arbeit dazu und machte sie mir zum Vergnügen.

47 Lieder habe ich entweder ins Deutsche übersetzt

oder frei neu getextet, oft haben diese Neutextungen aber noch

Bezüge zu den Originalen drinnen,

und einer der 47 Texte, ein einziger, gehört eigentlich nicht

in die „Geschenkausgabe“, denn... so habe ich es dort genannt...

diesen konnte ich „nur an mich selber schenken“.

Und was ich an Liedtexten oder Gedichten nicht verschenke,

aber trotzdem hier auf meiner Gedichteseite stehen soll...

das muss dann auch noch „woanders stehen“, es muss gesondert

in die Inhaltsangabe, denn das Copyright bleibt bei mir und...

naja, wer sich nicht so für Geschenke interessiert,

der soll es eben anderswo finden,

und deshalb kommt es nun noch zu diesem Eintrag...

und er muss eben hier dazu.

Erst der Text, der neue Text, den ich in meiner Muttersprache

verfasst habe auf mein absolutes, von keinem anderen der seinen

jemals erreichbaren Lieblingslied von Angelo Branduardi,

danach dann... ein paar Worte zu meinem Text, zum Text und Texter des

Originals und... (Anm: Wie die Geschichte weiter geht !!!)

naja, ich weiß ja selbst noch nicht, was ich alles dazu sagen werde

und wohin es mich führt, auch wenn ich schon so etwas wie

eine Ahnung habe... schließlich gehört zum Thema „Beichte“

auch das Thema Kirche und dann auch mal wieder das leidige

Thema „Moral“... lest aber bitte eben erstmal meinen Text,

denn... ich bin stolz drauf wie Oskar,

es ist für mich der einzige hier geworden,

der irgendwie dann doch...

an „Jene Mädchen hinter Kutschen“ rankommt,

den Text, den ich auserkoren hatte zu meinem „Lieblingsgedicht“.

Doch, echt, so gut finde ich den, dass ich mir nun vorkomme

wie ein Lügner, weil ich so sicher war, dass ich den quasi

„nie wieder erreiche“, und jetzt ist es eben doch passiert...:

 

Wenn ich schon beichten muss (Confessioni di un malandrino)

 

Das Krankenhaus hat mich nicht aufgenommen

nun bin ich in der Obhut alter Nonnen

denn junge scheinen ja nicht mehr nachzukommen

Schade, ich war nie ein Kostverächter.

Die Tage, sie sind schnell vorbei gegangen

doch die Nächte und ihr brennendes Verlangen

sie gehen weiter und verfolgen mich im Alter

all die Frauen und der süße Duft der Sünde.

 

Wär mein Leben ein solideres gewesen

ich hätt' es sicher bis nach Oben bringen können

aber wofür ? Es war schöner da am Tresen

und so wurde aus mir eben schnell ein Trinker.

Mutter hatte mich ja immer schon gewarnt

denn mein Hitzkopf akzeptierte keinen Ratschlag

wär' sie doch nur nicht so früh an Krebs verstorben

's gibt niemanden, der mir je so gefehlt hat.

 

Armut ist auch im Alter keine Schande

zieht der Bettler auch nicht mehr durch die Lande

meine Beine, sie sind zu viel gelaufen

und nun muss ich den Preis dafür bezahlen

ich hab's genossen, den Wein mir oft gestohlen

die Wucherer soll sowieso der Teufel holen

bei den Bauern ist's am Besten mir gegangen

das Brot und auch den Schlafplatz dank' ich ihnen.

 

Tja, und die Liebe, man wird es mir kaum glauben,

aber vor allem die reichen Frauen

haben ihre Männer gern mit mir betrogen

und ich kann nicht sagen, dass sie's nicht verdienten.

Die fanden immer ihre Wege, perfekte Lügen

und dann noch bess're Orte

kann nicht behaupten, ich sei zu kurz gekommen

immer lockt das Weib, noch mehr das Abenteuer...

 

Aber wenn jetzt doch der Pater kommt,

werd ich ihm von all diesem doch nichts erzählen,

wenn ich schon beichten muss, dann sollten heute

die Sünden, die ich zugeb', mich auch quälen.

Meinetwegen werd' ich in die Hölle fahren,

wenn Gott mir... die anderen doch krumm nimmt,

dann behalt' er das Heuchlerpack im Himmel

denn diesem will ich nirgends mehr begegnen.

Ach, wär doch mein Gewissen nicht so kleinlich,

ich würd' zum Spass ja so tun, als wär' ich reinlich

und den Priester begrüßen mit 'nem Grinsen

das ihn gleich wieder raustreibt aus der Stube

doch leider ist da wirklich eine Sache,

die ganz egal, was ich sage oder mache,

danach schreit, endlich aus mir rauszukommen,

denn dies, mein Herz, ist eine Mördergrube.

 

Wer kein Geld hat, ist manchmal auch gezwungen

für solches sich ganz heimlich zu verdingen

und da geriet ich in eine Intrige

aus Eifersucht ...und Stolz, vor allen Dingen...

ein Händler kam rein in die Spelunke

und sah mir an, ich war schon längst betrunken

mein Geld war aus, er zahlte meine Zeche,

wollte nur, dass ich ein wenig mit ihm spreche.

 

Diese Nacht beendete mein Leben,

im Inneren hat es nie mehr Fröhlichkeit gegeben,

und ich schwör' es bei Gott, dass ich bereue,

aber nichts mehr macht den Handel ungeschehen.

Er hatte eine Tochter,

die hatte sich verliebt in einen Jungen,

das war der Sohn seines bittersten Rivalen

in Geschäften aber auch anderen Dingen

Ich nahm das Geld und folgte der Beschreibung,

das Messer gut versteckt in meiner Kleidung

und tatsächlich hab ich schlafend ihn gefunden,

nach einer Liebesnacht draussen im Freien

das Mädchen war längst schon wieder heim geschlichen

der junge Mann ist gewaltsam dann verblichen

leider war's durch diese, meine beiden Hände

und damit ist die Beichte nun zuende.

 

Originaltext (Russisch): Sergei Jessenin

Musik & Textübetragung ins Italienische: Angelo Branduardi,

aus dem Gulliver-La Luna Album, dem für mich immer noch

allerbesten des Künstlers.

Dt. Text (sehr frei und damit eher ungebunden ans Original,

aber ebenso... sehr davon inspiriert !): Rupi am 11.08.2018

 

Mich friert's.

Kann irgendjemand, der das gerade gelesen hat,

das nachvollziehen ? Geht's irgendjemandem von Euch genauso ?

Ich hatte ja bei meinem Lieblingsgedicht einen Aufruf

angefügt, und diesem ist bisher nur ein einziger Mensch

gefolgt, und das ist nun auch schon wieder eine Weile her.

Also nicht, dass Ihr denkt, ich wäre damit bisher

ganz allein geblieben, ich muss es ja nicht immer sofort

öffentlich machen, wenn sich jemand bei mir meldet und sagt:

„Ja, Rupert, bitte zähle mich dazu, genau das, was Dich da

so verletzt hat, dieses Brandmal, das habe ich auch“,

denn wenn jemand sich öffentlich dazu bekennen will,

dann kann er ja dazu das Gästebuch benutzen,

und wenn's, wie in diesem bisher einen Fall,

privat und persönlich geschieht, dann schütze ich lieber

die Identität und mache kein großes Aufhebens drum.

Und meine Frage hier... sie ist kein solcher Aufruf, um Gottes Willen.

Aber die Nächstenliebe... sie führt einen manchmal in Situationen,

ich sag's Euch, man will da nicht von selber rein, aber der liebe

Gott hat's nunmal anders „vorherbestimmt“,

und das ist es, weshalb mich bei diesem Text so friert.

Ich hab' die Geschichte beim Texten erfunden,

weil das Lied ja um eine Beichte geht,

um die „Beichte eines Herumtreibers“,

und ich nicht einfach das hinschreiben wollte,

was der russische Dichter Sergei Jessenin da dem Angelo

quasi zum „singen gegeben“ hatte. Nö.... das gibt’s ja bestimmt

schon lange ins Deutsche übersetzt, dafür braucht es keinen Rupi,

und nachdem ich mich intensivst mit Dostojewski befasst hatte,

habe ich bisher keinerlei Bedürfnis mehr verspürt,

mich mit russischer Literatur auseinanderzusetzen.

 

Das darf man nicht falsch verstehen, Leute, denn es ist überhaupt

nicht so, dass ich's nicht toll gefunden hätte, doch, es war spitze,

aber auf 'ne Art und Weise, wie ich's dann nicht nochmal brauche,

denn... verd... das kam mir dann doch zu nahe,

das ist dann so sehr Genuss wie auch Folter, ungefähr so,

als würde der Dieter Bohlen plötzlich nicht nur anständige Musik

fabrizieren, auf die kein Mensch von ihm gehofft hat,

sondern wie aus heiterem Himmel als Texter das absolute

Gegenteil dessen macht, was man bisher so von ihm kennt.

Und dann wär ich plötzlich gezwungen, ihn zu lieben,

obwohl ich ihn nicht ausstehen kann... also... nicht als Mensch,

Gott bewahre, der Dieter ist, das glaube ich wirklich ganz fest,

bestimmt ganz okay, vielleicht ein wenig grobschlächtig und wirkt 

deswegen hie und da auch mal ein wenig arg egoistisch und arrogant,

aber ein Ignorant ist er keiner und man kann drauf gehen, dass er 

einen nicht anlügt, und das ist ne ganze Menge wert.

Aber als Künstler ? Meiner einer ist da sehr schnell versucht,

zu sagen, dass es sich bei dem überhaupt nicht um 

einen Künstler handelte

dass das eine Begriffsverwirrung sein muss, 

weil es schließlich doch auch keine Kunst ist, was er da macht... 

und so wenig kann ich ihn als Künstler leiden, denn... 

es stimmt nicht, er ist doch ein Künstler,

und das, was er da macht, es ist auch Kunst,

und es ist überhaupt nicht so, dass er nichts kann.

Umso ärgerlicher... lol.

 

Und diese Russen da... auweia, das ist dann schon wieder ein zu VIEL

an Kunst für mich, das strengt an wie Nix (anderes), das schöpft

die Möglichkeiten vor allem in der Tragödie dann derart exzessiv aus,

dass sogar der Rupi den Gedanken bekommt, ob es nicht das

sinnvollste ist, was man tun kann, sich eine Kugel in den Kopf

zu schießen... weil die Welt ist und bleibt ja sowieso ein Jammertal,

der Mensch schlecht und richtige Erlösung vor dem Tod...

kann keiner erwarten, da hilft ja nichtmal ne Beichte nicht.

Womit wir beim Originaltexter wären.

Natürlich, so ist man wieder versucht zu sagen, hat der sich umgebracht.

Solche Genies zeigen uns immer wieder den Vogel,

da können wir „Normalsterbliche“ machen, was wir wollen.

„Mensch sein ? Interessant, doch. Aaaaber....

Mensch bleiben ? ICH ? Bis wann ? Also nur, wenn ich das selber

festlegen darf, bin ich dabei... für eine Zeit lang. Und dann...

dann leg' ich Euch einen Abgang hin, an den ihr noch lange

denken werdet !“

Der Hammer ist, wie Jessenin das quasi „verkauft“ hat.

Als SCHICKSAL ! Unvermeidbar, weil von Gott so vorherbestimmt.

Aber hallo... Gott konnte bei dem ja froh sein, wenn er überhaupt mal 

ein Wörtchen hat mitreden dürfen, für so genial hat der sich nämlich

gehalten. Vielleicht war er's ja auch tatsächlich, sein Text über die Beichte

eines Herumtreibers spricht sogar dafür, aber... ach Du lieber Scholli,

man stelle sich nun vor, wie der liebe Gott dann am Ende seine

Unterschrift unter's selber gewählte Todesdatum des Dichters hat

setzen sollen:
 

„Hallo Sergei.

Bist zu früh da.

Hättest warten können und eigentlich auch müssen.“

„Zu früh ?

ICH ?

Wie kommst Du denn dadrauf,

fehlt doch nur Deine Unterschrift unter die

Einverständniserklärung !“

„Welche Einverständniserklärung ?“

„Na die, in der steht, dass ich, um der Menschheit

die Ehre zu erweisen, überhaupt mal zu ihr gehört zu haben,

auch selber Gott spielen habe dürfen und es deswegen DOCH

Du warst, der mein Todesdatum samt der Todesart festgelegt hat !“.

„Aber das warst DU, Sergei, das war nicht ICH !“

„Eben. Habe gedacht, ich könnte auch noch Gott spielen...“

Das steht dem Menschen aber nicht zu, Alter !“

„Ich bin Russe... was muss ich da denn noch Mensch bleiben ?“

„Ab mit Dir ins Fegefeuer, solang ich's mir nicht anders überlege,

und dann geht’s Dir schlecht, Junge !“

„Fegefeuer ? Genial ! Da wollte ich schon immer mal hin !

Danke, lieber Gott, das ist ja noch besser als Deine Unterschrift !“.

 

So kann, ja, so muss man sich das vorstellen.

Als Katholik jedenfalls, für andere gibt’s ja nichtmal das Fegefeuer

und die sehen dann den genialen, russischen Dichter Sergei Jessenin

für immer in der Hölle brennen, weil... er "Gott gespielt und sich eben

umgebracht hat.“

Nix zu machen, da schaut man dann besser nicht hin.

Es hat halt, trotz allem, auch noch immer seine Vorteile,

wenn man katholisch ist.

Aber die Beichte... fragt mal den Wolfgang Niedecken,

inwieweit die Beichte bei ihm zu den Vorteilen zählte,

die es ihm bescherte, als Katholik getauft und erzogen worden zu sein.

Wenn der Wolfgang hier, beim Lesen von meinem Text,

die Zeilen erreicht:

„...ich würd' zum Spass ja so tun, als wär' ich reinlich

und den Priester begrüßen mit 'nem Grinsen

das ihn gleich wieder raustreibt aus der Stube“,

dann ist es bestimmt er, der grinsen muss.

Vielleicht hab' ich das ja auch extra für ihn da reingeschrieben...

oder zumindest für alle, die es ebenso köstlich finden und...

genießen können.

Klar bin ich so einer.

Ich genieße das voll.

 

Beichte ?

Beichte is prima, aber dann bitteschön gleich beim lieben Gott

persönlich, und das heisst im Gebet...

dazu brauche ich keinen Pfarrer,

der mir noch eine „Buße auferlegt“, damit ich glauben darf,

dass Gott mir verziehen hat.

Natürlich funktioniert das ! Man muss doch nur dran glauben,

dass Gott das auch macht ! Und wenn er's nicht macht...

kann er sich ja melden.

Ihr seht an diesem Beispiel, dass ich selber gar nicht so weit weg bin

von diesen Russen da, und eben deswegen...

brauche ich deren Tragödien nicht auch noch zusätzlich,

sie kommen mir dann eben zu nahe.

Andererseits würde ich so was wie der Jessenin natürlich

niemals machen. Aber nur, weil ich das Fegefeuer schon kenne... 

und nicht begierig darauf bin... lmao.

Ne, im Ernst... Beichte ist eigentlich was Gutes, aber der Zwang,

unter dem noch die Generation meiner Eltern hat beichten müssen,

der ist Horror. Und...

Was geht denn diesen Herrn Pfarrer an, was man da scheinbar Schlimmes 

gemacht hat ? Kann man sich keinen anderen aussuchen ?“ 

...ich will nicht wissen, wie viele Kinder sich wie oft diese Frage gestellt 

haben. Wenige... waren es bestimmt nicht.

Und ich liebe Kinder. Ich kann sehr böse werden, 

wenn man die dann zu sowas zwingt... und möglicherweise noch

mit Höllenstrafen erpresst dazu, was nichts anderes zum Ergebnis hat,

als dass aus dem lieben Gott ganz plötzlich ein Monster wird.

 

Tja. Und als Monster... stellt man sie sich ja alle vor,

die Mördervor denen man als Kind Angst hat, 

die bösen Menschen, die entweder schon mal jemanden

umgebracht haben, oder... es gerade tun.

Und dieser Liedtext zeigt, dass es überhaupt nicht so sein muss,

denn der Mann, der da spricht... er ist ein Mensch,

da gibt es keinen Zweifel, ein richtiger Mensch sogar,

weil einer mit Gewissen.

Und trotzdem ist es ein Mörder.

Er hat, gegen Bezahlung, einen unschuldigen jungen Mann

erstochen, über die Folgen zum Beispiel bei dem Mädchen,

das sich in diesen jungen Mann verliebt hatte,

mal ganz zu schweigen.

Und jetzt stelle man sich eben vor, dass dieser Mann,

der da quasi schon im Sterben liegt,

und zwar in einem Kloster,

weil er sich das Krankenhaus – ohne Versicherung ! -

nicht hat leisten können,

und von alten Ordensschwestern betreut,

eben... weil die Ordensschwestern für ihn das Beste wollen,

nun die Beichte ablegen muss.

Die haben doch tatsächlich einen Pfarrer gerufen,

damit er sein Gewissen erleichtere und dann...

in den Himmel kommt.

Und wir, wir kriegen seine volle Beichte,

also auch die Dinge, die er dem Pfarrer nicht sagen wird, 

denn der wird nur die letzten zwei Strophen zu hören bekommen.

Und jetzt brauchen wir uns nur noch einen Pfarrer vorstellen,

der einen schlechten Tag erwischt hat und, weil er darauf Wert legt,

dass die Leute in der Bibel lesen und gehorsam sein müssen,

sich auch noch daran stört, dass der Beichtende

sagt:

„Ich schwöre bei Gott, dass ich bereue !“.

Wieso daran stört ? Na weil Jesus ja gesagt hat, dass man

NICHT SCHWÖREN SOLL und dieser Sünder da,

dieser Mörder, er wagt es auch noch, IN der Beichte 

seinen UNGEHORSAM zu zeigen.

Das war's. 

Die Absolution wird verweigert und unser Mörder glaubt nun

tatsächlich, dass er für den Himmel nicht geeignet ist.

Stimmt ja auch irgendwie.

Die Nonnen versuchen noch alles, was sie irgendwie tun können,

um ihn zu beruhigen. Sie geben ihm frisches Wasser zu trinken,

sie salben seine Hände und Füße mit Öl, sie reiben seine kaputten

Beine mit Franzbrandwein ein, und dann beginnt der Todeskampf.

Echt, so geht die Geschichte in meinem Kopf weiter.

Es ist ein furchtbarer Todeskampf, denn... der Mann, der Mörder...

er will nicht in die Hölle, er hat Angst wie noch nie,

und... der liebe Gott, der eben kein Monster ist, der hat das alles 

mitbekommen.

Fegefeuer... das war das mindeste, was diesen Mann erwartet hätte,

einfach so in den Himmel hätte ihn auch der liebste Gott nicht 

lassen können, obwohl er's mit einem richtigen Menschen zu tun

hat, einen, der ganz bestimmt nicht lügt und dessen Schwur

überhaupt kein Verbrechen war, weil's eben stimmte.

Ewige Verdammnis ? Nichtmal für ihn, für so einen Mörder,

da muss der Mensch schon noch schlimmer sein...

nämlich nichtmal mehr ein Mensch.

Tja, und meine Geschichte hat dann ein „Happy End“,

denn der Mörder kommt nichtmal mehr ins Fegefeuer,

obwohl das ursprünglich für ihn vorgesehen war.

Denn als der Priester seine Absolution verweigerte aus reiner

Düpflisschisserei, ist der liebe Gott vor Wut an die Decke gegangen

und hat seine Engel dazu angewiesen, den Mörder mit allen Ehren

im Himmel in Empfang zu nehmen und ihn zu einem großen Festmahl

mit Musik und schönen Frauen zu geleiten, das extra für ihn

ausgerichtet wird.

Dies ist mein Gerechtigkeitsempfinden.

Aber dazu gehört eine Geschichte, die wirklich passiert ist.

Und zwar... weil auch mein Herz eine Mördergrube ist,

obwohl ich niemanden umgebracht habe.

 

Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären,

dem mit der Nächstenliebe und wohin die einen führen kann.

Den müssen wir jetzt nur noch mit dem Thema „Beichte“

verknüpfen.

Also... mich hat nie ein Bischof zum Priester geweiht,

zumindest nicht in diesem Leben und auf dieses Leben kommt's

ja an, da mögen vorher welche gewesen sein oder nicht.

Ich bin zur Erstkommunion gegangen und direkt darauf Ministrant 

geworden, hab' dann später noch die Firmung empfangen

und ich war dann so ungefähr bis 18 Ministrant, 

vielleicht auch etwas länger, 

denn es hat mir Spass gemacht.

Und den Gottesdienst... den finde ich immer noch toll.

Tja, und irgendwie scheint es der Kirche halt an Beichtvätern

zu mangeln, jedenfalls hat es sich schon früh so ergeben,

dass auch wildfremde Menschen zu mir kamen,

damit ausgerechnet ich mir ihre Beichte anhören soll.

Was macht man da ? In die Kirche schicken ?

Wenn jemand einen zum Zuhören braucht und unbedingt was

loswerden muss, was ihm oder ihr auf dem Gewissen liegt ?

Klar kann man das auch tun, aber... wer Nächstenliebe ernst nimmt

und praktizieren will, der hört eben trotzdem erstmal zu.

Vielleicht kann man ja helfen, ohne gleich die Absolution erteilen

zu müssen. Und... ja, man kann helfen.

 

Ich bin dabei dann echt schon so weit gegangen,

dass ich – obwohl ich nicht zum Priester geweiht worden bin... -

dann auch noch die Lossprechung mit Segen gegeben habe,

die Leute haben's geglaubt und alles war wieder bestens.

Und darum ging's mir... dass es möglichst wieder gut wird.

Mir doch egal, was darauf dann für ne Strafe stehen sollte.

Bin eben doch ein Priester. Hallelujah !

Blöde nur, dass die Kirche mich für meine Arbeit nicht bezahlt.

Ich sollte wirklich mehr aufs Geld schauen... lmao.

Oder wenigstens nicht so viel arbeiten.

Naja, ich nehme das dann wirklich ernst, also inklusive Beichtgeheimnis,

denn wenn schon, denn schon, und vor mir braucht keiner Angst zu haben,

dass ich etwas ausplaudere, es sei denn, er würde selber zum Verräter,

denn dann kann ich sehr gemein werden.

Und was mich so frieren lässt bei diesem Text, das ist...

es kommen viele Menschen vor in diesem einen Mann,

viele Menschen, die bei mir gebeichtet haben...

mit dem, was sie so auf dem Kerbholz hatten.

Und mein Herz wurde eben dadurch zur Mördergrube,

dass da auch tatsächlich... wirklich... und... Leute, das will man

dann wirklich nicht wissen, man wünscht sich, man hätte dieses

Vertrauen nie bekommen, nie zugehört... aber...

es ist eben doch passiert und weil Beichtgeheimnis kann man

damit dann höchstens noch zum „lieben Gott gehen“,

man darf nichtmal zur Polizei.

Es war ein Fremder, der nur kurz in Freiburg war,

er hatte mich auf der Strasse singen hören,

wir sind ins Gespräch gekommen,

ich weiß nichtmal mehr seinen Namen.

Ich sagte ihm, dass er sich stellen muss,

dass, wenn's nach mir geht, sein Verbrechen von Gott zwar

vergeben würde, aber bezahlen muss er trotzdem,

am besten eben hier...

das Problem war aber... dass er's überhaupt nicht bereute.

Mein Beichtkandidat hier... das ist quasi einer, den ich mir stattdessen

gewünscht hätte. Aber den hab' ich eben erfunden.

Und dem anderen... und ich weiß wirklich nichtmal seinen Namen

und hab ihn seit über 20 Jahren nicht mehr gesehen...

dem habe ich trotzdem vergeben. Einen Mord.

Das hat mir mein Herz zur Mördergrube gemacht und

mit dem Schreiben dieses Textes ist es endlich raus,

möge mir der liebe Gott also vergeben.

 

 

Rupi am 16. August 2018

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