Die große Kontroverse – der Split 1998, seine Folgen und wie ich es sehe.
Aus dem (überquellenden) Herzen eines Fans.
Anmerkung: Um die Geschichte von BJH detailiert zu lesen,
nutze man bitte den Link zur „Originalen Barclay James Harvest Homepage“
von Keith und Monika Domone,
oder besser noch, man bestelle sich dort deren
sehr gut geschriebenes Buch „The Barclay James Harvest Story“.
Meine Ausführungen hier sollen kein Versuch sein, diese Geschichte nochmal zu erzählen,
sondern lediglich meine persönlichen Gedanken zu bestimmten Geschehnissen dokumentieren.
Woolly Wolstenholme's Ausstieg aus BJH (1979) hatte für die verbleibenden Mitglieder
seine Vor- und Nachteile, wobei für John Lees auf Dauer die Nachteile überwogen, zumindest,
was das musikalische Schaffen selbst betrifft.
Begonnen hatte man als Gemeinschaft, die von den Credits für die Songs bis zu den Tantiemen alles zu gleichen Stücken
miteinander teilte.
Stück für Stück aber schuf man innerhalb der Band eine Konkurrenzsituation zwischen den Songschreibern: Erst
gingen die Credits an den jeweiligen Urheber, dann wurden auch noch die Tantiemen demenstprechend gesplittet.
Was als richtige Band begonnen und sich gemeinsam am Markt durchgesetzt hatte,
wurde alsbald zum Vehikel der verbleibenden 2 Songschreiber, weiterhin ihre Lieder aufnehmen und veröffentlichen zu können und
damit den Lebensunterhalt zu verdienen bzw, so weit möglich,
den erarbeiteten Lebensstandard zu halten.
Aber während der Einfluss von Management, Plattenfirma und Produzenten zunahm,
geriet der kreative Prozess, der über ihre innere Dynamik einer Band entscheidet und ihr das
Leben gibt, in den Hintergrund.
Nicht, dass das Schreiben der Lieder selbst nicht mehr wichtig war
(oder John und Les mit dem Verschwinden Wolstenholmes schlechtere Songwriter geworden wären! ),
aber man arbeitete nun komplett separat bis zu dem Punkt, wo auch bei Arrangements und Aufnahme der Lieder der Input des
jeweils anderen immer weniger wurde.
In den 70er Jahren hatte man die Lieder zwar separat geschrieben und auch als Demos aufgenommen, dann aber – vor den
Aufnahmen - als Band gemeinsam bei Proben erarbeitet und damit in ein anderes Stadium gebracht (was gerade bei BJH sehr
wichtig war, zeigten doch auch die folgenden Live-Performances immer wieder Verbesserungen !).
Nun aber wurden die Lieder erst nach der Aufnahme der Alben, die immer mehr auch den Input vieler verschiedener Gastmusiker
erforderten, und nach einem komplizierten Auswahlverfahren für die anstehenden Tourneen zusammen eingeprobt.
Les Holroyd war mit dieser Arbeitsweise zufrieden, ja, sie kam ihm entgegen, da er meist feste Vorstellungen davon hatte, wie seine
Lieder klingen sollten. John Lees jedoch war nie auf dem selben Level Arrangeur und deshalb bei seinen Songs extrem auf den Input
seiner Kollegen angewiesen, wobei er zusehends im Regen stand.
Bestes Beispiel dafür ist sicher die CD „Caught in the Light“ von 1993,
denn hier wurde deutlich hörbar, dass John's Lieder lange nicht so entwickelt und rund waren wie die von Les,
die deshalb für mein Dafürhalten die Platte „gerettet“ haben.
Les Holroyd hatte sich ausserdem, begünstigt durch Woolly's Ausstieg (zuvor hatte auch bei Live-Konzerten die Anzahl von John's
Liedern ein Übergewicht !), eine Menge an „Boden“ erkämpft,
um mit Gewichtung und Präsentation seiner Kompositionen letztlich die „Hälfte des Kuchens“ zu bekommen,
mit „Love on the Line“, „Life is for Living“, „Ring of Changes“ und „Victims of Circumstance“ ausserdem veritable Hits geschrieben,
die das Überleben der Band auch in den 80er Jahren sichern halfen
und war dabei, mit BJH quasi „seinen Traum zu leben“.
Sicher tat er das auch im Glauben, dass es für John Lees dasselbe bedeutete wie für ihn und Mel Pritchard, ja... bedeuten „musste“.
Dass Woolly just als man begann, die Früchte jahrelanger gemeinsamer Arbeit einzufahren, alles hinwarf, hatte die verbliebenen
Drei auf dieser Ebene zunächst ja auch näher zusammen gebracht, und wie gesagt, für Les Holroyd persönlich hatte es letztlich
mehr Vor- als Nachteile,
da der Erfolg für BJH ja nicht abriss, während Woolly mit seiner angestrebten Solokarriere leider sehr bald
Schiffbruch erlitt.
Die musikalische Identität von BJH musste ohne Woolly jedoch neu definiert werden,
der Sound der Band veränderte sich naturgemäß und die zwei Liedschreiber entwickelten sich zusehends auseinander,
sodaß es für sie immer schwerer wurde, einen Konsens zu finden.
Sicher hat auch Mel Pritchard wesentlich dazu beigetragen, dass dieses Gefüge nicht schon bald auseinanderbrach, denn Mel
versuchte, beiden Songwritern so weit entgegen zu kommen, wie möglich, und war in der Regel mit den Ergebnissen happy, selbst
wenn er für das Album (wie zB bei „Welcome to the Show“) seine Schlagzeugparts nichtmal mehr live einspielte.
Auch er lebte so seinen Traum, liebte vor allem, auf Tour zu gehen und live zu spielen,
und war damit glücklich und dankbar.
Da BJH durch die veränderte Arbeitsweise immer weniger als Band funktionierten, während sie zusehends ein
Geschäftsunternehmen geworden waren, konnten sie aus Sicht von John Lees jedoch bestenfalls als Interessengemeinschaft den
einmal eingeschlagenen Weg fortsetzen, und das war ihm unterm Strich nicht genug.
Seine Bereitwilligkeit dazu hing auch zunehmend vom Erfolg dieses Geschäfts ab, denn dieser allein konnte als „Ausgleich“ wirken
für seine schwelende Unzufriedenheit, die immer mehr Differenzen mit Holroyd offenbarte.
Nach „Victims of Circumstance“ (1984) war es mMn vor allem diese Unzufriedenheit, die
– gemeinsam mit dem „Godfrey-Case“, über den ich gesondert geschrieben habe –
für die langen Pausen zwischen neuen Alben und Touren von BJH sorgte.
Für John Lees war Barclay James Harvest von einer musikalischen
Herzensangelegenheit zu einer Maschinerie geworden, die,
wollte er seinen Enthusiasmus zurück erhalten,
sich wieder an den Qualitäten der Vergangenheit orientieren sollte.
Und mit dem bekundeten Bemühen, es ihm so gut es geht Recht zu machen,
konnte er auch immer wieder „zurückgewonnen“ werden,
was dazu führte, dass die Alben „Face to Face“ (1987) und „Welcome to the Show“ (1990) seinen Songs wieder etwas mehr
Gewicht gaben, aber dennoch konnte das Rad der Zeit nicht zurückgedreht werden.
Was als „Update des alten BJH-Sounds“ anvisiert worden war,
blieb immer wieder auf halbem Weg stehen,
auch weil Les Holroyd mit seinen Liedern stilistisch da weitermachte, wo
er mit „Victims of Circumstance“ aufgehört hatte.
Tja, und John Lees hing eben davon ab, ob die Arrangements tatsächlich so gut waren wie seine Songs,
und da konnte niemand einen Woolly Wolstenholme ersetzen,
obwohl „African“ (auf „Face to Face“) „Cheap the Bullet“, „If Love is King“ und – wenigstens bei
den Konzerten - „John Lennon's Guitar“ ( „Welcome to the Show“) sehr gut geraten waren,
auch „Lady MacBeth“ war ein Highlight.
Dann aber kam „Caught in the Light“ und es wurde nicht nur deutlich, dass in BJH keine Energie mehr da war, um zur Arbeitsweise
der Vergangenheit zurück zu kehren, sondern auch, dass die Zeit des großen Erfolgs unwiderruflich zuende ging.
Ja, meiner Meinung nach war dieser Erfolg in den letzten Jahren bereits ein trügerischer gewesen,
der sich auf Fans stützte, die in alter Verbundenheit und Treue (und natürlich, weil man wissen wollte,
was die Jungs so fabriziert haben ) damals weiter kauften
und dazu einige die, wie ich, zu den Konzerten gingen, um vorrangig alte Lieder zu hören.
Sicher gab es auch einen Käuferanteil, der tatsächlich begeistert war (und gar „BJH ohne Woolly“
den 70er Jahren vorzog !), aber viele Chartkäufer fielen weg mit dem Ausbleiben neuer „Hits“
und BJH passten kommerziell gesehen nicht mehr wirklich in die 90er Jahre hinein.
Wieso auch ? Ein Songwriter kann letztlich auch nicht aus seiner Haut.
Von der aus heutiger Sicht gesehenen Zeitlosigkeit der Originalbesetzung über den AOR/Synth-pop (incl. vieler, von Synthesizern
gefüllten Zuckerballaden), der in den 80ern irgendwie noch genau in den Trend passte,
konnte man sich immer wieder am Markt positionieren,
aber es war zu früh, um eine Art „Kultstatus“ zu behaupten und zu spät, um den eingefahrenen Weg zu verlassen und sich neu zu
erfinden.
Um abseits des Mainstreams zu existieren kam es mehr denn je auf eine eigene, unverwechselbare musikalische Identität
an, die Identität von BJH aber war ohne Woolly zusehends einem Gemischtwarenladen gewichen,
auch wenn der stilistische Kontrast der zwei Songwriter und Stimmen die Sache noch halbwegs interessant machte
– für die Fans,
die aus den Jahren zuvor übriggeblieben waren.
Ich gehöre zu denen, welche die Musik der Band in den 70ern zu lieben begannen und sehe es ähnlich wie John Lees, war mit den
Platten nicht mehr so recht happy (vor allem er machte eben keine so gute Figur mehr mit seinen Songs, da er eben kein Arrangeur
ist !), aber ging zu den Konzerten, um so viel wie möglich Oldies zu hören und sah mich damit nicht allein.
Wir wurden auch bedient, vor allem 1990 und 1992... aber „Caught in the Light“ floppte,
die Tour dazu musste erstmals auch wegen schwacher Ticketvorverkäufe (in Deutschland !)
gecancelt werden und... die britische Polydor ließ BJH nach fast 20 Jahren Zusammenarbeit
nun fallen wie eine heisse Kartoffel.
John Lees, der mit dem Album und seiner Entstehungsweise extrem unzufrieden war, ließ sich – nach weiterer Pause und anfänglich
starkem Unwillen ! - für ein weiteres (nun bei der Deutschen Polydor erscheinendes) breitschlagen, das, nach anfänglichem
Hoffnungsschimmer, auf dieselbe Weise zuende produziert wurde wie der Vorgänger - und ebenso floppte.
Les Holroyd schob dies vor allem auf die mangelnde Unterstützung seitens der Plattenfirma,
aber das Anhören der Scheibe hat bei mir nach all den Jahren noch immer denselben Effekt wie damals, als ich – ohne jegliches
Hintergrundwissen wie heute ! - dabei unmittelbar spürte, dass das Ende von BJH in der Luft lag.
Für viele alte Fans war „River of Dreams“ eine „Rückkehr zur Form“, mit das Beste, was John, Les und Mel seit den 70ern
veröffentlicht haben, für mich aber stimmte hier am Endergebnis so gut wie gar nichts mehr, und dabei bleibe ich.
Was diese CD für mich zur groben Enttäuschung machte nämlich war nicht die Qualität ihrer Lieder. Da gab es ja immer wieder ein
paar, die mir so gar nicht gefielen, aber dies wurde auch auf „Victims of Circumstance“ oder „Caught in the Light“ durch andere(s)
wieder einigermaßen wettgemacht. Nein, 8 der 10 Songs von „River of Dreams“ gehörten tatsächlich zu den besten Sachen, die
sowohl John Lees alsauch Les Holroyd seit langer Zeit aus der Feder geflossen waren.
Aber die Umsetzung... um's kurz zu machen, wäre nicht „Children of the Disappeared“ auf der CD, ich würde sie in die Tonne klopfen.
Auch wenn sie viel mehr gemeinsamen Harmoniegesang enthält als so gut wie jede BJH-Studioscheibe nach „Time Honoured
Ghosts“, auch wenn die Lieder selbst immer wieder sagen „ich könnte (müsste !) ein BJH-Klassiker sein“,
diese Platte klingt so steril und schwerfällig, dass man sich fragt,
was während des Produktionsprozesses passiert ist.
Wie ein totkranker Patient schleppt sie sich auch beim Titelstück und „Yesterday's Heroes“ dahin, und dies sind die 2 Lieder, die laut
John Lees noch gemeinsam erarbeitet und geprobt worden waren,
bevor man wieder ins von ihm so ungeliebte alte „Schema“ zurückfiel.
Was hätte man aus „Yesterday's Heroes“ machen können ! Les Holroyd at his best !
Aber nichtmal er schien noch zu wissen, wie seine Lieder zum Klingen gebracht werden können.
Und was für ein wunderbares Lied „River of Dreams“ in Wahrheit ist, konnte man erst hören, als die Band in dieser Form schon nicht
mehr existierte („Revival“ !).
Selbst Holroyd's Favorit, „(Took Me) So Long“, ein gelungener Popsong mit angemessenem Arrangement, konnte man nur als
Besucher der letzten Tour so hören, wie es gemeint war,
denn ausgerechnet hier war Les Holroyd im Studio heißer und klingt sehr gewöhnungsbedürftig.
Die Platte aber musste irgendwann abgeliefert werden und seit „Caught in the Light“ waren wieder 4 weitere Jahre ins Land
gegangen... also beließ man den Song eben so.
Und er wurde ein weiteres Argument gegen „River of Dreams“, sorry.
Ein Kritiker schrieb „Back in the Game (Eröffnungssong) ? Es müsste Rien ne va plus heissen“, und ich, der jahrelange Fan, der sich
immer wieder ärgerte, wie auch die besten Platten und Konzerte von seiner Zunft verrissen worden waren als hielte es sich um den
allerletzten Mist, ich ließ traurig meinen Kopf hängen und musste zugeben:
„stimmt“.
Und dazu kam dann das Open Air in Dortmund, bei dem scharenweise die Leute abwanderten,
obwohl es kein schlechtes Konzert war. Die Stimmung war niederschmetternd und John Lees
sah um Jahre gealtert aus. „Das ist das Ende“ ging es mir durch den Kopf: „Wenn es für BJH überhaupt noch eine Rettung und damit
Zukunft gibt, dann nur durch eine Rückkehr von Woolly Wolstenholme !“.
Aber was war aus dem geworden ? Ich hatte keine Ahnung.
Auch nicht, dass John Lees quasi durchs Kleingedruckte der Verträge zu dieser Tour gezwungen worden war. Glücklicherweise war
das letzte Konzert, das ich von BJH mit John, Les und Mel sehen durfte, ein wirklich sehr gutes in ausverkauftem Zelt (Rottweil).
Aber auch dies änderte nichts an meiner Einschätzung, dass es so nicht weitergehen konnte.
Und so sah es eben auch John Lees – und, wie ich bei der Lektüre der „Barclay James Harvest Story“ (Neuedition) von Keith und
Monika Domone kürzlich lesen konnte, war sogar Manager David Walker der Ansicht, dass eine Reunion mit Woolly Wolstenholme
das Beste für BJH gewesen wäre.
Bingo !
Woolly hatte sowieso immer gefehlt... auch bei den besten Konzerten (1990 war sagenhaft)
war da bei mir im Hinterkopf dieser Gedanke: „Super ! MIT Woolly wäre es vollkommen unschlagbar gewesen, aber dafür, dass er
fehlt, war's optimal !“.
Ist gemein, aber ich oute mich gerne, denn bei BJH handelt es sich um eine Band, bei der in Wahrheit keins der Originalmitglieder
ersetzbar ist, wenn man wirklich das Optimum hören will.
Klar gibt es von den Oldies auch Lieder, die mal auch ohne einen der vieren funktionieren, wobei aber meistens eine Arrangement-
Änderung von Vorteil ist, damit sich der Schlagzeuger nicht an Mel Pritchard,
der Bassist nicht an Les Holroyd,
der Gitarrist nicht an John Lees und
der Keyboarder sich nicht an Woolly Wolstenholme messen lassen muss.
Mit einem Arrangeuer wie Woolly war dies auch wirklich immer wieder sehr gut machbar,
aber auch „Medicine Man“ oder „Mockingbird“ waren ohne ihn, live vom Trio interpretiert, immer wieder eine Wucht, und manchmal
gelang es den dreien sogar, das Originalarrangement mit Keyboards statt Mellotron verblüffend gut umzusetzen
(„For Noone“ und „Jonathan“, in den ersten Jahren auch „Poor Man's Moody Blues“ !),
aber da war Woolly eben vor allem durch's Arrangement irgendwie unsichtbar anwesend,
so wie er auch in „Hymn“ durch die Zuhilfenahme einer Einspielung vom Tonband bei Konzerten auch die ganzen Jahre bis
1997 „unsichtbar“ anwesend war.
BJH, dammi nomol (;-) ) - das sind eben in Wahrheit diese 4 Personen, und das ist und bleibt meine Lieblingsband !
Und klar kann man die Zeit nicht zurückdrehen. Aber man kann geile, zeitlose Musik machen,
die sich an den Qualitäten der 70er Jahre orientiert. Und das war's, was John Lees wollte.
Und zwar mehr als alles andere, seit BJH kommerziell gesehen nunmal keine große Nummer mehr waren. Solange man vor
tausenden von Fans spielen kann, die begeistert die neuen Platten kaufen
und eine Band so hören wollen, wie sie sich gerade eben präsentiert, kann man auch die Abstriche machen, die John Lees immer
wieder gemacht hatte. Aber nun ?
Geld hatte er genug.
Und die Frustration über die Entwicklung der Band seit Woolly's Ausstieg nahm endgültig Überhand.
Weshalb dann so weitermachen, wenn es keinen Spass mehr macht –
und auch keine entsprechende Nachfrage mehr gibt, die diesen Weg rechtfertigt ?
Der Name Barclay James Harvest hatte ja tatsächlich eine massive „Entwertung“ erfahren,
und noch mehr dieser Art war für John Lees, der ja auch stolz ist und bleiben möchte auf sein „Baby“, nicht akzeptabel,
seine diversen Interviews aus verschiedenen Jahren sprechen Bände.
Auch widersprechen sie sich nicht, so wie Les Holroyd es immer wieder tat.
Aber der hat ein Recht, die Dinge anders zu sehen, selbstverständlich. Und er hat das selbe Recht wie jeder Musiker, die Musik zu
machen, die er machen möchte – mit den Leuten, die er dabei haben will und die mitmachen wollen, auf die Weise, wie er es will.
Und so sehr ich in diesem Text bisher „parteiisch“ bin, so sehr möchte ich auch Les' Sicht der Dinge
berücksichtigt haben bei meiner Analyse, vor allem bei dem, was nun folgt, denn das,
was dann geschah, es war in letzter Konsequenz nichts weniger ein Schock für ihn.
Und ich bin und bleibe auch ein Fan von Les Holroyd's Musik, zumindest bis einschließlich 1997 !
Auch er ist ein „wichtiges Stück Barclay James Harvest“, auch wenn mir seine Band nicht besonders reinläuft. Und, was für ihn
besonders wichtig sein sollte, denn es ist wohl das einzig positive, das von den Geschehnissen im Jahr 1998 für ihn „übrigbleibt“, er
hat das gleiche Recht, den Namen BJH zu benutzen wie John Lees.
Aber was geschah da tatsächlich ? Wie kam es dazu und wie machen die widersprüchlichen Aussagen nicht nur der „beiden Seiten“,
wenn man sie einander gegenüberstellt, sondern auch von Les Holroyd selbst einen Sinn ?
Der ist ja hoffentlich nicht dement geworden, nur weil's wie ein heilloses Durcheinander erscheint.
Nein, da steckt schon mehr dahinter, auch wenn dabei Tatsachen bis zur Verdrehung extrem vereinfacht werden. Solche
Vereinfachung kann auch Dinge beinhalten, die tatsächlich einem subjektiven Erleben mehr entsprechen als irgendwelche
Schriftstücke. Tatsachen haben ebenso verschiedene Ebenen – das reicht von "hard facts" bis in mögliche Fakten, die man auf
deren Basis hätte schaffen können oder wollen.
Und hier hat Les Holroyd... wenn schon nicht meinen „Segen“ für alles, was er sagte und
„seiner Mannschaft“ hat durchgehen lassen, so doch zumindest mein Verständnis.
Ich lege darauf Wert, gerade weil ich aus vielen Gründen – musikalischen sowieso ! -
mich „auf die Seite von John Lees“ geschlagen habe, der mir nach dem Split noch sehr sehr viel Freude machte vor allem mit
Konzerten,
und obwohl mir nun Woolly Wolstenholme natürlich wieder sehr fehlt.
Auch dieses Jahr war das Konzert in Berlin wieder
ein richtiges Highlight für mich und, ja, ich mag das neue Album „North“.
Ist es Barclay James Harvest ? Streng genommen natürlich nicht. Aber es ist eine (neue) Band,
die vom Spirit der alten Barclay James Harvest genug in sich hat, um den Namen zu führen,
und die das Erbe auch live auf erfreuliche Weise verwaltet.
Sicher werden alle, die Les' Band mögen, das selbe über diese sagen, was vollkommen ausreichen sollte als „Legitimation“, dass es
„zwei Barclay James Harvest's“ gibt.
Ich kann ja auch nichts weiter tun als eine weitere, meine Sichtweise der Dinge hinzufügen
zu den bereits vorhandenen, aber so war es mMn von dem Moment an, als John und Woolly mit ihrer „Version“ auf der Bildfläche
erschienen, so war es angelegt, so wirkte es sich aus:
Es gibt zwei, keine davon sind die „echten BJH“,
aber beide sind dennoch BJH, denn sie führen den Namen, Zusatz hin oder her.
Grundlage dafür war ein demokratisch gemeinsam mit dem Management ausgehandeltes und beschlossenes Agreement, in dem es
um SOLO-Projekte (von John Lees und Les Holroyd) ging.
Und bei diesem „Agreement“ wurde Les Holroyd, weil es demokratisch zuging, schlicht und einfach überstimmt, sprich:
ER wollte das nicht so, wurde aber vor vollendete Tatsachen gestellt.
Tja. Und es hatte für ihn einen Haken, der zumindest als finstere Vorahnung für ihn beigemischt war
und spätestens bei der Tour zu „Revival“ sichtbar wurde.
Dieser Haken bedeutete: Es war egal, wer nach diesem Agreement nun „offizell“ Barclay James Harvest waren und wer nicht.
Für mich als Fan werden es immer die originalen 4 sein.
Auf dem Papier waren es immer noch Les Holroyd, Mel Pritchard und John Lees.
Defacto FÜR das Publikum und damit für den Markt entscheident war es aber der, der mit dem Namen präsent war auf Tonträger
und mit Live-Konzerten, zuallererst nun also John und Woolly.
Und was nützt einem ein Zettel, der sagt, es wäre eine Band, die nicht mehr existiert,
und die in dieser Form gar nicht mehr existieren soll ?
So sah es für Holroyd sehr bald aus. Das Agreement war ein Zettel, auf dem steht, dass man sich nach einer Auszeit wieder
zusammensetzen und über die weitere Zukunft entscheiden würde, wobei klar war, dass diese Zukunft von Seiten des Partners
nur unter einer Bedingung stattfinden könnte, die für ihn nicht in Frage kommt (dazu später mehr).
Dieser Zettel sagte zwar, dass BJH noch immer er, John und Mel wären, aber als Band
waren sie damit defacto dennoch passé.
Das ist die tatsächliche Crux dieser Vereinbarung.
Was an bösem Blut floss, es hat in ihr seinen Ursprung – und in der Handhabung derselben.
Wie so oft bei geschäftlichen Dingen hat jemand eine Kröte zu schlucken, die ihm
gar nicht schmeckt – und alles geht dabei auch noch legal zu.
Hier war es eben Les Holroyd, der seine bisherige Existenz mit einem Mal dahinschwimmen sah
und gezwungen war, einen ganz neuen Anfang zu machen.
Mit diesem neuen Anfang machte er aber auch einen Schnitt für sich selbst,
ganz sicher auch deshalb, weil man ihm gar keine Wahl gelassen hatte und John mit Woolly
unmittelbar nach „River of Dreams“ wieder als BJH auftauchten.
Wenn er die Vereinbarung tatsächlich so verstanden hatte, dass dafür hätten 2 Jahre ins Land gehen sollen (dazu später mehr), so
sah er sich bereits damit übervorteilt.
Dazu kam z.B., wie die Tour zu „Nexus“ mit verwirrenden bis falschen Infos vom Veranstalter über die Presse promoted wurde.
Natürlich verkauft man so eine Geschichte nicht wirklich als „Soloprojekt“, wenn man doch den gewinnträchtigen Namen benutzen
kann – ergo erscheint es auch nicht wirklich als solches.
Ob der Zusatz „through the Eyes of“ nun direkt unterm Namen „Barclay James Harvest“ steht,
oder am unteren Ende des CD-Covers (wie bei der Erstauflage von „Nexus“ damals noch von David Walker moniert und dann von
Eagle Records geändert), es macht den Braten auch nicht mehr fett – die Vereinbarung selbst (von Walker mit erdacht und
„vermittelt“) war es, die – da sie nunmal eine Mehrheit fand – all diese Dinge, die ganze Verwirrung erst ermöglicht hatte.
Und neue Fakten schuf. Diese stehen auf einem sensiblen rechtlichen Gerüst, das heutzutage besser niemand anfechtet, denn das
würde teuer kommen und hätte letztlich doch wenig Aussicht auf Erfolg. In Interviews sagen, wie man es selbst betrachtet, ist das
„Höchste der Gefühle“, aber sorgt eben auch immer wieder für böses Blut.
Und spaltet die Fans in 3 Teile:
die John Lees-Fraktion, die Les Holroyd-Fraktion und... all jene, die in der Mitte stehen,
beide Musiker und ihre Bands unterstützen wollen und (eigentlich eine vierte Fraktion, aber ich will mal nicht so spitzfindig sein:) sie
auch beide gleichermaßen gerne hören.
Und mein Fanherz leidet natürlich darunter, einer der Gründe, weshalb ich mir dies quasi „von der Seele schreibe“. Mein Fanherz,
das natürlich gehofft hat, es möge doch zu einer Wiedervereinigung in Originalbesetzung kommen, obwohl ich nachvollziehen
konnte, weshalb sich Les Holroyd einer solchen verschloss. Und hinterher, als der Traum mit Mel Pritchard's Tod ohnehin gestorben
war, kam ich zur Überzeugung, dass die „Auftrennung“ in 2 Teile (trotz des bösen Bluts) letztlich für alle die beste Lösung blieb, und
dass ich mir selbst auch keine Wiedervereinigung von Lees und Holroyd (ob mit oder, wie nun leider Faktum, ohne Wolstenholme)
mehr wünsche.
Was ich mir natürlich wünsche, ist, dass alle Querelen, alle unschönen Auswüchse ein für allemal enden mögen und es zu einer
richtigen, menschlichen Aussöhnung kommt, damit auch diverse Fans nicht mehr in Kleinkriege involviert werden, in denen man sich
schnell verlieren kann – und das Augenmaß damit.
Ob es dazu kommt ?
Es sieht nicht danach aus, da auch hier von Seiten Les Holroyd's behauptet wird, dass mehr oder weniger „alles in Ordnung sei“
(solange man nicht miteinander sprechen muss ?)
und eine Aussöhnung zumindest die Einsicht vorraussetzt, dass da etwas ins Reine zu bringen wäre.
Was aber ist passiert ? (Immer wieder stellte ich diese Frage, um dennoch abzuschweifen, sorry,
deshalb auch die inhaltlichen Wiederholungen:).
BJH waren also zur Firma geworden (soll keine Kritik sein, man sollte finanzielle Dinge ordnen und nichts anderes hatten sie damit
getan), und nach Gesprächen mit John Lees hatte Manager David Walker (möglicherweise mit Lees zusammen ) die genannte
Vereinbarung ausbaldovert,
die Les Holroyd dann per Mehrheitsbeschluss zu akzeptieren hatte.
Diese Vereinbarung verordnete John, Les und Mel eine Pause auf vorerst 2 Jahre, in denen sowohl John Lees alsauch Les Holroyd
„Soloprojekte“ verfolgen sollten, und da diese mit Nutzung des Namens „Barclay James Harvest“ erfolgversprechender wären,
sollten sie „Barclay James Harvest through the Eyes of...“ genannt werden.
Die Band selbst aber bliebe, solange diese Soloprojekte betrieben werden, im Hiatus und bestünde noch immer (zu gleichen Teilen)
aus John, Les und Mel !
Hier beginnen bereits die Differenzen in der Auslegung dieses Abkommens, denn Les Holroyd ließ durchblicken, dass die 2 Jahre
Pause seinem Verständnis nach nicht für BJH sondern für die einzelnen Mitglieder galten, weshalb er sich 2 Jahre Zeit ließ mit
seinem „Soloprojekt“, welches er dann „Barclay James Harvest featuring Les Holroyd“ nannte.
John Lees wiederum war sofort aktiv geworden, weil aus seiner Sicht (was deutlich mehr Sinn macht, weshalb ich geneigt bin, seiner
Interpretation zu glauben) die Pause ja gerade zu dem Zweck anberaumt worden war, dass sowohl er alsauch Holroyd ihre
„Soloprojekte“ verfolgen sollten. Ausserdem sah er den Zusatz „...through the eyes of...“ für beide Projekte als verbindlich
abgemacht an und wurde nicht konsultiert bezüglich des von Les Holroyd gewählten Zusatzes „...featuring...“, der offensichtlicher
noch eine andere Interpretation als die eines „Soloprojektes“ zuließ, nämlich die, dass diese Band selbst „Barclay James Harvest“
wäre.
Aber Promoter und Presse behandelten von Beginn an letztlich immer beide Bands als „Barclay James Harvest“, oft unter
Verwendung falscher Line-Up-Informationen und Fotos, sodass die Verwirrung ohnehin bereits komplett war und sich (aus deren
Sicht zumindest) logischerweise die Frage stellte, wer denn nun „die echten BJH“ seien – die Deklaration als „Solo-Projekt“ war
bei beiden Bands schon durch die Verwendung des Namens nichts mehr als ein rhetorischer Kniff.
„In einer idealen Welt hätte keiner von uns den Namen für sein Solo-Projekt benutzen sollen“
hatte Holroyd (zurecht) in einem frühen Interview gesagt. Allerdings stellte diese Verwendung des Namens für beide Offshots ein
Minimum an Vermarktbarkeit sicher – das Interesse an „reinen Soloplatten (und Tourneen)“ wäre wohl spürbar geringer
ausgefallen.
Ein nicht von der Hand zu weisender Grund, der Vereinbarung in dieser Form zuzustimmen,
aber letztlich ein „Vorteil“ mit hohem Preis, denn spätestens mit den Tourneen wurden aus den Musikern, die dabei waren, eben
„neue Bands“, die diesen Namen aufgrund der Vereinbarung führen durften – und defacto waren diese Bands
nun „Barclay James Harvest“, ganz egal, was auf dem Papier stand – und wer darob nun laut theoretisch definierter Rechtslage
tatsächlich noch BJH war.
Die Vereinbarung sah, laut John Lees, vor, dass man (also er, Les Holroyd und Mel Pritchard)
sich nach den veranschlagten 2 Jahren bzw. der Verwirklichung der „Solo-Projekte“ wieder zusammensetzen und über die weitere
Zukunft entscheiden sollte. Dazu kam es aber nicht, und mit dem unerwarteten Tod von Manager David Walker (2001) verschwand
auch der gemeinsame Ansprechpartner von Lees und Holroyd, der als Mediator hätte fungieren können.
Es kam zur Festschreibung des Splits, der letztlich das Ende der „offiziellen BJH-Geschichte“
bedeutete. Und nachdem mit Mel Pritchard 2004 der dritte Anteilseigner verstorben war,
müssten sich nun ausgerechnet Lees und Holroyd „alleine“ miteinander einigen,
um irgendetwas anderes zu bewerkstelligen, was höchst unwahrscheinlich ist (die Alternative
hiesse, um die alleinigen Rechte auf den Namen zu klagen, und da die Vereinbarung mit Walker
existiert und 100% legal ist, hätten beide keine großen Aussichten, einen solchen Prozess zu gewinnen).
Nein, spätestens nachdem John Lees im Jahre 2006 seine Band in „John Lees' Barclay James Harvest“ umbenannte (und damit
„reagierte“ auf Les Holroyd's „Abweichen“ vom Wortlaut des Deals, das aber von David Walker noch abgesegnet worden war), wird
sich an diesem Status Quo wohl nichts mehr ändern, solange die beiden ehemaligen Kollegen und heutigen „Kontrahenten“ am
Leben sind.
Während Lees nach David Walker's Tod zunächst ohne Management blieb, wurde mit Alex Rose ein ehemaliger Mitarbeiter von
Walker zum Manager für Les Holroyd (er hatte selbiges auch John Lees angeboten, der aber einen Interessenskonflikt kommen sah
für jemanden, der beide Bands gleichzeitig betreut und deshalb ablehnte), und dieser abgezockte Profi erkannte sofort, dass es vor
allem auf die Präsenz seines Schützlings am Markt ankommt, damit dieser -für das zahlende Publikum- zum aktuellen Gesicht von
Barclay James Harvest wurde.
(John Lees tat sich später mit Mark Powell zusammen, der zuvor auch Woolly's reformierte
Maestoso gemanagt hat).
Es begann sozusagen eine „Besetzung“ des wichtigsten BJH-Marktes via ständig neuer Konzertaktivitäten der Band von Les Holroyd:
Jedes Jahr gibt es seither regelmäßige Tourneen vor allem in Deutschland, aber auch Frankreich und der Schweiz.
Und lange Zeit sah John Lees keinen Sinn darin, dass sich zwei Bands namens Barclay James Harvest hier gegenseitig Konkurrenz
machen sollten (Er hatte ausserdem schon länger eine Schreibblockade und betätigte sich dann zeitweise noch als Lehrer an einer
Musikschule).
Der anvisierte Nachfolger zur „Nexus“-CD von John und Woolly wurde gar auf Eis gelegt, Wolstenholme reaktivierte sein Solo-Projekt
„Maestoso“ und Les Holroyd antwortete auf die Journalistenfrage, wer denn nun „die echten Barclay James Harvest“ seien, dass
„dies sicher Mel und er“ wären, da Woolly 1979 und John 1998 „die Band verlassen“ hätte. Schock !
Natürlich stimmt dies nicht. (Er fügte ausserdem an, dass er „nicht glaube, dass John und Woolly's Band noch existiert“ !). Natürlich
ist es viel komplizierter, denn die „echte Band“ macht seit 1998 „Pause“ und laut Vereinbarung handelt es sich seither um
„Soloprojekte“.
Aber beide haben eben das Recht auf den Namen – und dürfen sich also „Barclay James Harvest“ nennen, obwohl keine „wirklich“
BJH ist.
So ist das in der Geschäftswelt. Und Les Holroyd's damit vorgetragener Anspruch hat schlicht eine andere Grundlage als die auf
Papier festgehaltene auch deshalb, weil die Realität, die auf dieser Grundlage entstand, die heutige Konkurrenzsituation erst
geschaffen hat, und wer immer sich BJH nennt, einen Anspruch aufs „Erbe“ der Band schon alleine deswegen erhebt.
Die Zusätze sind bestenfalls dafür gut, dass der informierte Konsument Bescheid weiß, mit welcher Besetzung er es gerade zu tun
hat. Ansonsten ist es für den egal, was auf irgendwelchen Abmachungen steht, sobald der Name BJH draufsteht.
Es ist auch durch einen „Zusatz“ kein „Soloprojekt“ mehr, sondern eine Band, die sich Barclay James Harvest nennt – und damit ein
Erbe zu verwalten hat.
Und damit hatten John und Woolly begonnen.
Ja, sie hatten auch Mel Pritchard eingeladen, bei ihnen mitzumachen, der zunächst dazu auch gewillt, aber dann „nicht mehr
erreichbar“ war. Ganz sicher ist für mich, dass er seinen alten Freund
Holroyd nicht isoliert im Regen stehen lassen wollte, denn ¾ der originalen Band bei einem „Solo-Projekt“ hätten John's Band im
Zweifelsfall eine viel größere Legitimation auf den Namen verliehen, und zwar vor den Fans und Konsumenten.
Und, um die Sache noch schlimmer für Holroyd zu machen, hatte John Lees nicht die Absicht,
Barclay James Harvest „nach der Pause“ wieder mit ihm und Mel Pritchard so weiter zu führen wie zuvor.
Sehr bald sagte er frank und frei, dass es eine Reunion „nur mit Woolly“ geben könnte.
Dies ist die zuvor erwähnte „Bedingung“, die für Les Holroyd inakzeptabel war.
Man hätte damit (sofern man nicht ein Originalmitglied zum „Gastmusiker“ degradieren wollte !)
die Geschäftsgrundlage der Firma verändern/neu aufteilen müssen, denn es wäre ein weiterer Gesellschafter hinzugekommen (und
wenn man schon die Geschäftsgrundlage neu austariert,
wieso nicht gleich ganz zurück zum „Wir teilen alles zu gleichen Teilen durch vier“ ?
Es war eindeutig Holroyd, der darum gekämpft hatte, dass der jeweilige Songschreiber mehr als nur einen Viertelanteil sondern die
ganzen Songtantiemen für „seine Lieder“ bekam, weshalb auch der Unwille, solche Dinge zur Disposition zu stellen, eine Rolle spielte
bei seiner strikten Ablehnung von „Woolly's Rückkehr zur Band“ - nicht nur musikalische Gründe, aber die gab es auch, weshalb er diese
anführte, wenn man ihn danach fragte).
Wie gesagt, auch ich glaube, dass BJH in Originalbesetzung die einzig sinnvolle Option auf eine gemeinsame Zukunft gewesen
wären, aber die Geschäftsgrundlage war für Holroyd eine andere – und eine Reunion mit Woolly (dann auch noch als wieder
„Vollwertiges Mitglied“ der Band UND Gesellschaft) war für ihn nicht wünschenswert,
und dies hat man natürlich zu respektieren.
So sah er für sich eine Legitimation, zu behaupten, dass John „die Band verlassen hatte“.
Zwar ging es John Lees (mMn !) nicht – wie später auch von Holroyd's Management behauptet -
darum, Les Holroyd „aus der Band zu werfen und durch Woolly Wolstenholme zu ersetzen“
(dies ist nichts weiter als eine Unterstellung), aber da Lees einer Wiedervereinigung nur in Originalbesetzung zugestimmt hätte und
genau dies für Holroyd nicht in Frage kam,
war mit der Vereinbarung nicht nur das Ende der Band besiegelt worden, sondern – gesetzt den Fall, Mel Pritchard hätte bei ihm
und Woolly mitgemacht ! - die Folge wäre gewesen, dass diese Band in Nullkommanix den Status des „legitimen Nachfolgers“
innegehabt hätte, gleich, welchen „Zusatz“ man aus rechtlichen Gründen hätte verwenden müssen.
Ja, mit 3 Originalmitgliedern in seiner Band hätte Lees gar ganz reale Erfolgsaussichten gehabt,
wenn er um die alleinigen Namensrechte hätte klagen wollen, um den Zusatz schließlich weglassen zu können. Nicht, dass man ihm
solches unterstellen sollte, aber allein die Eventualität, dass es so kommen könnte, hat damals den Druck auf Holroyd abermals
erhöht.
Den Druck, eine neue Geschäftsgrundlage zu akzeptieren, wenn die Firma BJH eine Zukunft haben soll.
Und dass Holroyd sich nicht so zu einer neuen Geschäftsgrundlage „erpressen“ ließ,
ist nachvollziehbar. Er wäre isoliert dagestanden, hätte sich Mel Pritchard nicht loyal verhalten. Seine „BJH“ wären viel eher als
Solo-Projekt betrachtet/eingeordnet worden als die andere Band,
und eine Reunion der nur noch auf Papier bestehenden „echten“ BJH (als Trio) war
durch John Lees ausgeschlossen worden.
Durch Pritchard's Loyalität aber hatten nun beide Bands vor den Fans quasi „gleichwertigen“ Anspruch auf den Namen, wenn man
ihre Besetzungen betrachtete:
Jeweils 2 Originalmitglieder plus einen Gastmusiker, der bereits zu Zeiten des „Trios“ eine Rolle
gespielt hatte (Jeff Leach bei John und Woolly, Colin Browne bei Les und Mel).
Nun, da Mel und Woolly ja leider nicht mehr unter uns sind und Jeff Leach nicht mehr bei John Lees' BJH dabei ist ( Jez Smith, der als
Unterstützer an den Keyboards 2009 dazu gestoßen war, trat nun ganz in Woolly's Fußstapfen), hat Les Holroyd gar mit Colin Browne
„einen mehr“ in der Band, den man mit der langen Geschichte von BJH bis 1997 assoziiert !
Im Jahr 2009, ganze 3 Jahre, nachdem sie in England wieder aktiv geworden waren
und eine Live-CD/DVD namens „Legacy“ herausgebracht hatten, „fiel“ (endlich !) die zuvor von John und Woolly praktizierte
„Prämisse“, dass sich nicht beide Bands mit Konzerten auf dem deutschen Markt gegenseitig konkurrieren sollten. Die ganze Zeit
zuvor hatte man diesen schließlich der „anderen Seite“ überlassen, und die sah nicht nur keinen Grund für eine
entsprechende „Pause“, nein, Les Holroyd war gleich ganz nach Deutschland gezogen, denn er
hatte – nach dem tragischen Unfalltod seiner ersten Frau – eine Deutsche geheiratet und wurde mit ihr nocheinmal Vater.
Nach anfänglicher Weigerung begann er, auch „Hymn“ (und sogar „Mockingbird“ !)
aus der Feder des Rivalen zu spielen, was mMn dringend notwendig war,
um die Erwartungen der uninformierten Konzertgänger zu erfüllen,
die „Barclay James Harvest“ hören wollten,
gab zwischendurch gar aufwändige Konzerte mit Orchester
(CD/DVD „Classic Meets Rock“, 2006),
und war nicht einverstanden mit den (wunderbaren) remasterten CDs,
weil er größtenteils gegen die Verwendung von unveröffentlichtem Material war.
Er sah einen „Bias“ zugunsten von John und Woolly, deren „Inkarnation“ von BJH
aufgrund der musikalischen Ausrichtung bei den Fans der 70er Jahre besser ankam,
was in der alten Heimat natürlich gewichtiger war als bei uns,
denn dort hatte der Erfolg trotz der hohen Chartplatzierung von „A Concert for the People“
und dem ausverkauften „Wembley Konzert“ (1984) bereits nach Woolly's Ausstieg stark nachgelassen.
Logischerweise musste Les, der zwar auch Songs aus den 70ern mit im Programm hat,
aber von Ausrichtung und Sound mehr an die 80er Jahre erinnert bzw. dort anzuschließen versucht,
wo er mit John 1997 aufgehört hatte, den Konzertmarkt in Großbritannien vernachlässigen,
allein schon, weil dort die Nachfrage für ihn sehr begrenzt ist.
Und Fairness bezüglich des deutschen Marktes konnte man von ihm und seinem Management
nicht mehr erwarten, da diese Konzerte zur Haupteinnahmequelle wurden.
John Lees' Lust, live zu spielen, war aber wieder zurückgekehrt,
und auch die Schreibblockade, die mitverantwortlich war für den Abbruch der Arbeit an „North“
und mMn noch eine Folge jahrelanger Frustration war, sollte sich langsam legen.
Die 2009-Konzerte von John's Band waren die letzten mit Woolly hierzulande.
Sein Tod hatte auch zur Folge, dass die verbliebenen Musiker enger zusammenrückten,
John Lees' Schreibblockade sich endlich ganz löste
und sie das Album „North“ (Titel blieb gleich, Inhalt ist aber neu) als Gemeinschaftsarbeit produzierten.
Und obwohl man ohne Woolly immer Abstriche machen muss, ist diese Band -
mit neu gefundener Spielfreude und eigenem Klang – für mich immer noch näher
am Spirit und an der Musik der originalen BJH.
Les Holroyd gibt mit seiner Truppe noch immer landauf, landab Konzerte,
vielleicht kommt auch da noch irgendwann ein neues Studioalbum,
aber ich habe leider keinen Draht zu dem, was er mit seiner Band macht.
"Revolution Days" ist zwar nicht schlecht, aber leidet unter der wirklich krank klingenden Stimme,
"Live in Bonn" liegt mir überhaupt nicht und selbst "Classic Meets Rock" hinterlässt bei mir
gemischte Gefühle. Die Geschmäcker aber sind bekanntlich verschieden und
das ist gut so.
Ich wünschte nur, es würde mir besser gefallen.
Streng genommen wurde diesem Mann „weggenommen“, was er sich auch und vor allem nach dem Ausstieg von Woolly mit BJH
„erarbeitet“ hatte, was blieb, war ein Mitanrecht auf den Namen
(und Tantiemen – aber die Tonträgerbranche befindet sich in einem historischen Tief).
Ich glaube, dass er es so sieht und empfindet, auch als „Verrat am gemeinsamen Traum“,
erst durch Woolly's Ausstieg und dann durch die clever lancierte „Vereinbarung“ mit John.
Ich kann es irgendwie verstehen, auch wenn es für ihn natürlich kein verbrieftes „Recht“ gab,
dass es so weitergehen kann wie zuvor
(und er eigentlich selbst die ursprüngliche Basis,
die John Lees auch fürs Kreativsein vermisst hatte,
um seinen Traum tatsächlich zu leben, federführend Stück für Stück abgebaut hatte –
man könnte auch dies als einen „Verrat“ an ursprünglich gemeinsamen Idealen sehen,
aber wenn ein Songwriter „seine Songs“ nicht „teilen“ will, ist das sein gutes Recht
und kann – siehe auch den „Godfrey-Case“ - so manches verhindern, was da an möglichem Konfliktpotential schlummert !).
Wem etwas wichtiges „weggenommen“ wird, der hat Angst (noch mehr zu verlieren),
mit der Angst kommen böse Gedanken/Verdachtsmomente, dazu kommt die persönlche Enttäuschung...
Das ist sicher der Grund für's ein oder andere Fehlverhalten, doch
ich will bestimmte unschöne Dinge, die mir bekannt sind, nicht auch noch hier niederschreiben,
denn unterm Strich tun sie nichts mehr zur Sache, und es liegt mir fern, neues böses Blut
produzieren zu wollen.
Ich bin ein BJH-Fan.
Was diesen Fan traurig macht ist, dass Les über die Jahre hinweg irgendwie vergaß, was die Musik von BJH (als Gesamtes) so
besonders machte,
dass alles, was er dann auch für sich erreichte, auf der Grundlage dessen geschah, was man noch gemeinsam mit Woolly erarbeitet
hatte.
Dass er, bei allen nachvollziehbaren persönlichen Prioritäten, weder John Lees noch die alten
(und treuesten) Fans tatsächlich versteht.
Nicht, dass ihm die Musik nicht wichtig wäre, nur weil er (auch) aufs Geld schaut.
Kein Musiker produziert eine Platte, die er nicht verkaufen will.
Aber dass Les nicht spürt, dass die originalen BJH viel mehr waren (und den Fans viel mehr bedeuten) als alle Vorbilder, denen er
selbst als Songwriter und Musiker nachgeeifert ist,
dass diese Musik zwar auch ein Ergebnis ihrer Zeit war, aber aufgrund ihrer Einzigartigkeit und Qualität die Zeiten überdauern wird,
während die „Weiterentwicklungen“ ohne Woolly
betreffs neuer Platten keine „Verbesserungen“ brachten und viel mehr in ihrer jeweiligen Zeit verhaftet sind...
wo sie entweder hineinpassten (bis „Victims of Circumstance“) oder zu seltsamen Hybriden wurden, die wir verbliebenen Fans
entweder noch „mitzunehmen“ bereit waren oder eben nicht.
Alles musste sich an den Alben bis „XII“ messen lassen, man nahm es sehr bald aber hin, dass der Vergleich zwangsweise zu einem
ungünstigeren Urteil führt und war froh, überhaupt Neues von BJH zu bekommen, solange da ein paar Lieder dabei waren, die man
mochte.
Wenn diese live erklangen – gut. Manchmal sogar hat ne Live-Version eines weniger geliebten Liedes bei mir zu einem Umdenken
führen können (John Lennon's Guitar, Shadows on the Sky... zwei Beispiele, wo es sich bei mir richtig „gedreht“ hat von anfänglicher
- völliger ! - Abneigung zum Gernehören selbst der Studioaufnahme... auch „On the Wings of Love“ finde ich in der Studioversion
nicht so doll, aber das kannte ich zu Vinyl-Zeiten zunächst nur in der „Glasnost“-Live Version, die ich sofort als Highlight empfand !).
Wie ich schon öfter gesagt habe, ging ich aber hauptsächlich zu den Konzerten, um möglichst
viel Oldies zu hören. Da kam für mich dann meist nochmal richtig „BJH-Gefühl“ auf.
Und die Begeisterung wieder zum Leben, die mich so viele Jahre zuvor zum Fan gemacht hat.
Es ist sicher – ich wäre ohne die Platten der 70er nie zum Fan geworden,
auch wenn ich „Ring of Changes“ wohl gemocht/gekauft hätte. Und vielleicht noch „Face to Face“,
wegen „African“.
Aber ich bin auch froh, nicht bei der „Victims of Cirumstance“-Tour mit dabei gewesen zu sein.
Wenn ich mir heute die Aufnahmen von „Live at Wembley“ anhöre, bin ich mir sicher,
dass es mich für Jahre abgetörnt hätte, obwohl ich das Album selbst damals ganz okay fand !
Dies wäre genauso sicher gewesen wie die Tatsache, dass mich das Konzert zu „Welcome to the Show“ wieder „richtig
zurückbrachte“, obwohl mir dieses Album damals nicht besonders gefiel.
So gesehen waren da die Bemühungen von John Lees, wieder mehr auf die Vergangenheit
zu schauen, um in die Zukunft zu gehen, doch wenigstens teilweise erfolgreich -
aber der Band ging bald die Luft aus, weil es eben bestenfalls noch LIVE eine Band war.
Die Pausen zwischen den Platten/Touren taten ein Übriges dazu, dass diese Band nicht mehr wirklich funktionierte.
Ich nutze diese Worte absichtlich, denn Les Holroyd sah es anders,
und genau das waren die Worte, die er hören musste: „Es funktioniert (so) nicht mehr“.
Und er nahm es nicht wahr, da ihm... naja... die eigenen Lieder letztlich wichtiger waren als
das Gesamtergebnis.
Und seinen Traum zu leben damit, das war ihm wichtiger geworden als die Musik von BJH als Ganzes, denn...
naja, es sind eben auch „nur Lieder“. Es ist (nur) ein Job, den man tut,
für LH sicher einer, den er gern gemacht hat, für Mel Pritchard sowieso.
Man kann dies als „Bescheidenheit“ sehen, sicher ist auch Bescheidenheit dabei,
aber für BJH bedeutete es... John Lees war mehr oder weniger allein.
Mit seinen Liedern, seinen musikalischen Idealen, ja, auch seinem Stolz auf BJH,
der immer mehr Schläge versetzt bekam.
Und obwohl damit das Verhältnis eher „2 zu 1“ gegen Lees gewesen ist,
legen die Priorotäten, die Les Holroyd hatte, den Gedanken nahe,
dass er (!) rechtzeitig eine Solo-Karriere hätte anvisieren/wagen sollen,
weil so handelte es sich nicht mehr um eine „richtige“ Band.
Die richtige Band Barclay James Harvest hatte nach dem Ausstieg Wolstenholmes sehr bald leider aufgehört, zu existieren, und
vielleicht wäre es deshalb auch richtig(er) gewesen, wenn John Lees
spätestens 1984 einen Schlussstrich gezogen hätte.
Zu der Zeit hätte es Les Holroyd mit einer „richtigen Solo-Karriere“ kommerziell auch leichter gehabt.
Dass man sich später zusehends auf die Anziehungskraft des etablierten Namens verlassen hat und ihn bis heute braucht, das ist,
auch angesichts dessen, wie Woolly's Solo-Karriere -aller Qualität zum Trotz- verlaufen ist, mehr als verständlich, fordert aber
seinerseits einen Preis.
Les Holroyd hat ja Recht damit, dass jeder Mensch in der Zeit lebt, sich mit und in ihr verändert,
und so ist es auch mit der Musik, aber...
die ist es, die bleibt. Und im besten Fall bleibt sie zeitlos, im schlimmsten Fall verschwindet sie in oder mit den Trends.
Wer aber zeitlose Musik geschaffen hat, der tut gut daran, sich an dieser Qualität zu orientieren,
und nichts anderes haben John und Woolly getan, und das klang sehr nach BJH und nicht nach einem Aufguss.
Streng genommen ist gar Woolly's Spätwerk mit Maestoso besser als alles, was BJH ohne ihn an Neuem gemacht haben, aber es ist
eben nicht BJH sondern seins, und BJH bleiben dennoch meine Lieblingsband fürs ganze Leben, sie sind eine Herzenssache. Es ist
eine emotionale Geschichte,
bei der man auch irgendwann auf Objektivität pfeift, solange diese Gefühle immer wieder neu evoziert werden können (sie sind wie
„konserviert“ auf den besten Platten, sie kommen ebenfalls auf, sobald mit der richtigen Einstellung konzertiert wird...) und einen
begleiten.
Und wenn man immer wieder so stark berührt wird, muss man aufpassen, dass es nicht vom Fan-Sein in Fanatismus umschlägt.
Eine „Verrücktheit“ jedoch ist es sicher. Wo aber kommt die her ? Was ist es ?
Was ich mir wünsche (ausser der zuvor erwähnten, persönlichen Aussöhnung, welche einzig alle bösen Gedanken und
Unterstellungen ein für alle Mal beenden könnte und mit der tatsächliche Verfehlungen beider Seiten durch Entschlusskraft ad acta
gelegt werden, was nochmal einen Unterschied macht zum reinen „Zeit heilt alle Wunden“ auf Distanz... !),
das ist, dass Les es irgendwann (wieder ?) fühlen kann, wenn er die alten Platten (oder auch „Revival“ !) anhört. Ja... oder „The
Poet/After the Day“ von „Legacy“.
Das zieht einem doch die Schuhe aus, so geil ist das !
Und vielleicht auch frustrierend für Holroyd. Denn es gibt zwar Ausnahmen, aber irgendwie...
scheint BJH ohne John Lees einfach nicht (als BJH-Musik) zu funktionieren.
Holroyd hat zwar auch moralisch das selbe Recht am Namen wie er, nur... die Beziehung zur (nicht nur selbstgeschriebenen !) Musik,
über den kommerziell meßbaren Erfolg hinaus,
die ist bei ihm eine andere, was sicher nicht nur mit einem „anderen Geschmack“ zu tun hat,
sondern auch mit Existenzdruck und weiteren Zwängen.
John hat sich ihm gegenüber sicher nicht „astrein“ verhalten, denn was 1998 geschah,
das hat diese Zwänge verfielfacht und ihm – in einer sowieso schweren Zeit – einen schwierigen Neuanfang aufgenötigt, der
faktisch nicht das war, was er zunächst glaubte: Ein „Soloprojekt“ auf Zeit, eine reine „Überbrückung“.
Seither ist er am Kämpfen und Claims abstecken, während seltsamerweise auch seine Band
viel mehr Einfluss hat auf die Musik, die gespielt wird, als John Lees und Mel Pritchard es zu Trio-Zeiten hatten - und damit auch
mehr eine „echte Band“ ist als BJH 1979 bis 97.
Les Holroyd musste diverse Schicksalsschläge überstehen, hat so aber das Gröbste bewältigt
und auch privat wieder ein neues Glück gefunden.
Moralisch sieht er sich wohl im Recht, obwohl ich finde, dass man hier moralische Maßstäbe besser nicht zur Richtschnur machen
sollte (der moralische „Gewinner“, wenn es einen gibt, hieße
Woolly Wolstenholme, und der Preis, den er nicht zuletzt dafür bezahlte, war viel zu hoch, da sind wir uns hoffentlich alle einig !).
Aber was die Musik betrifft... und John Lees' „Bedingung“ für eine Reunion (die mit Mel's und Woolly's Tod ohnehin so nicht mehr
möglich ist), so sollte der gute Les es sich gesagt sein lassen:
John (und auch David Walker !) hatte(n) Recht !
Klar wäre mit Woolly auch der „Kommerzgedanke“ wieder in den Hintergrund gerückt.
Aber was ist kommerziell seit 1990 ?
„Stand Up“ wäre in den 80er Jahren, bei entsprechender Promotion, höchstwahrscheinlich zum veritablen „Hit“ geworden. 1992
aber hörte es sich an, als hätte jemand verzweifelt versucht,
einen solchen zu landen – bei einem Publikum, das nicht mehr da war.
Und sich an Trends anzubiedern, das ist auch nicht Les Holroyd's Sache, auch wenn ihm solches wegen seinen 80er-Popsongs
gerne vorgeworfen wird.
Nein, da kamen ihm diverse Trends lediglich entgegen, weil er von manchen Künstlern begeistert war und für seine Arbeit, seine
„Weiterentwicklung“, Inspiration bei ihnen fand.
Ich finde schon, dass man dies (auf positive Weise) hört, und dass es – obwohl auf einem niedrigeren musikalischen Niveau als
„classic BJH“ - durchaus immer wieder seine eigene Qualität hatte,
was letztlich zur Vielfalt des reichhaltigen BJH-Oeuvres beiträgt.
(Outing: Ich mag „Turn the Key“. Immer noch. Es hätte ein Singlehit sein „müssen“.
Und „All My Life“ ist auch Popmusik... aber verdammt gute Pop-Musik !).
Und kein Songschreiber, der so lange im Geschäft ist, kann eben letztlich aus seiner Haut.
Aber Les scheint mir... die Orientierung verloren zu haben. Vielleicht schon während der Zugeständnisse und damit Kompromisse,
die auch er schon zuvor hat machen „müssen“,
ich denke an „River of Dreams“. Wieso ? Weil auf dieser Platte nicht einmal er zu wissen schien, was seine Lieder tatsächlich
bräuchten. Es gibt hier von denen nämlich nur „(Took Me) So Long“,
und damit ein einziges, bei dem auch das Arrangement „stimmt“ und nicht bemüht klingt.
Bei „Caught in the Light“, der „Spät-Platte“, die John Lees' Wünschen am wenigsten entgegenkam,
waren es noch alle gewesen – und mit „Cold War“ war gar eins dabei, das mMn ein „übersehener“
BJH-Klassiker für die 90er war. Ich weiß, dass mir da einige Fans widersprechen werden,
aber... was auch immer man bemäkelt an Produktion und Arrangement, was auch immer man meint würde „fehlen“, die Gefühle sind
da. Und gerade weil nicht alle Klangräume ausgefüllt wurden
und es etwas „unfertiges“ hat, funktioniert das Lied auch in genau diesem Gewand
und hört sich nach BJH an... Reminiszenzen an „Medicine Man“ inklusive, ohne irgendwas
davon zu kopieren. Ich fand (und finde) das klasse.
War es kommeziell ? Ist BJH featuring Les Holroyd kommerziell ?
Sind die 2 „neuen“ Songs, die sie schon länger live spielen, heutzutage denn kommerziell ???
Wenn man böse sein wollte, könnte man sagen: 80er-Jahre Stadionrock ohne Stadion und kalkulierte, x-mal gehörte
Konfektionsware „zum Träumen“ - aber ohne Traum.
Das ist nicht kommerziell und muss es auch nicht sein, um SEIN Publikum zu befriedigen.
Aber neu und aufregend, gar „progressiv“ im Wortsinne ?
Ach du liebe Güte, das ist mindestens genauso „rückwärtsgewandt“ wie John und Woolly laut Herrn Holroyd waren – nur dass die in
der Zeit „noch weiter zurück“ gingen.
Ins „richtige“ Jahrzehnt allerdings, weil ins eindeutig bessere für und von BJH.
Tja. Und seltsamerweise klingt nix so „neu“ und anders und trotzdem noch irgendwie nach BJH
wie nun „North“, wo John Lees sogar an die Zeit vor dem Split mit anknüpft,
nur... es klingt lebendig, es klingt nicht tot. Klar könnte sie besser (professioneller ?) produziert sein, man kann schließlich immer
was verbessern.
Und mit Woolly Wolstenholme wäre es bestimmt „besser geworden“, obwohl es komischerweise wohl
letztlich mit ihm nicht so weit gekommen wäre, da Mr. Lees eben nicht „unkompliziert“ ist.
Und „trendy“ ist es null. Man mag's oder man mag's nicht.
Ein bißchen „Gemischtwarenladen“ ist man von Barclay James Harvest schon lange gewohnt,
wer sich also darüber beschwert, der braucht gar nicht erst nach einer Reunion schreien.
Tja, es ist eine positive Überraschung, die den Fans, die so lange durchgehalten haben, ne Menge Freude bereitet. Deswegen
vielleicht auch gerade - im ersten Überschwang - etwas überbewertet, denn klar...
die 70er Jahre... die „richtigen“ BJH... die waren eben besser.
Aber was mich verblüfft ist, dass „North“ die erste "BJH-"Scheibe seit den 70ern ist, bei der mir jedes Lied gefällt. Nicht jedes ist ein
Favorit, aber irgendwie mag ich sie alle, vom „Das hätte auch Les schreiben und singen können“-Einstieg mit „If You Were Here Now“
(Hallo Chicago !)
bis zum leicht überfrachteten „Woolly-Versuch“ am Ende mit dem rezitierten Ammon Wrigley-Gedicht... „The End of the Day“.
Und die Band hat so viel Spass... auch live.
Mag sein, dass es bei Les & co genauso ist, nur... fühlen konnte ich es (2009 mit Orchester in Freiburg) nicht.
Es kam mir zu sehr nach „wir müssen einen guten Job tun“ und damit bemüht daher.
Jedem das seine.
Gut, dass beides ausreicht, dass die Musiker weitermachen können.
Man wird wohl keine hundertausende CDs mehr verkaufen, keine Stadien als Headliner füllen,
keinen „Hit“ mehr haben, aber der Name Barclay James Harvest...
er hilft dann doch, dass es nicht so mau aussieht wie für Maestoso.
Eine Wiedervereinigung in Originalbesetzung wäre aber kein Anlass gewesen,
um wegen der Nachfrage zu bangen, nur weil Woolly mehr oder weniger drauf gepfiffen hat,
was denn nun „kommerziell“ ist und was nicht.
Und Woolly hatte Recht, den Inhalt über den Zweck zu stellen, John hat Recht, dass es wurscht ist, wer wieviel Lieder wozu
beigetragen hat, wenn dieser Inhalt derart überzeugend ist wie das,
was Barclay James Harvest ZUSAMMEN zustande gebracht haben. Alle viere, keiner weniger.
Es sind diese Arbeiten, die ihnen den Durchbruch brachten, den Namen etablierten und den heutigen „Kultstatus“ ermöglicht
haben.
Les Holroyd hat zwar ebenfalls eine entscheidende Rolle gespielt dabei, dass es dann erfolgreich „weiterging“, aber mit der
Entfernung von der ursprünglichen musikalischen Identität
kam auch eine größere Abhängigkeit davon, ob und wie sehr die Musik „in die Zeit passte“.
1977, das Jahr des endlich erfolgenden großen Durchbruchs war die Zeit des PUNK gewesen,
Widerspruch zwecklos, oder ?
Man hätte Ende der 90er/Anfang des neuen Milleniums den etablierten Namen
ja auch – und ganz ohne „Verwirrung der Fans“ - gehabt,
den Kultstatus ohnehin gewonnen und deshalb/darüber hinaus wäre eine „Reunion“ in „Originalbesetzung“ marketingtechnisch so
richtig gut gekommen, wetten ?
Man wird ja wohl noch träumen dürfen, als BJH-Liebhaber erst Recht.
„Fly Away“ ? Ja, bitte, aber eben richtig.
Mit der vollen Ladung.
Ansonsten: Einfach back to basics, was heisst: die Musik machen, die man liebt.
Nur damit kann man, wenn überhaupt, einer Zeit auch seinen eigenen Stempel (mit-)aufdrücken.
Das ist schwer, es bedeutet ne Menge Arbeit und Überzeugungskraft, außerdem braucht man auch Glück dazu. Aber BJH haben dies
in den 70er Jahren getan, während die 80er Jahre heute wirken wie die Musikkritiker damals, die meinten, es mit einer Art „Poor
Man's Moody Blues“ zu tun zu haben, denn die 80er haben eher der Band den IHREN Stempel aufgedrückt,
was heute ein wenig unvorteilhaft erscheint aber am redlich verdienten Kultstatus nichts ändert-
ja, es trägt, wenn auch nur marginal und vor allem in Deutschland, auch noch dazu bei.
Und Maestoso ? Nun, man muss abwarten. Leider.
Aber erzähle mir bitte keiner, dass „One Drop in a Dry World“ weniger Daseinsberechtigung hätte als „Victims of Circumstance“, weil
„Victims of Circumstance“ zu ihrer Zeit ein Vielfaches mehr an Käufer hatte.
Künstlerisch gesehen ist „One Drop“, gemeinsam mit „Grim“ und „Caterwauling“,
eins von vielen Testamenten für eine tatsächlich „unfaire Welt“, die ihre Genies nicht verdient.
Ein anderes, als Beispiel, um meine Einordnung und Wertschätzung zu verdeutlichen:
Vincent Van Gogh hat zu Lebzeiten ein einziges seiner Bilder verkauft.
Und, wird gerne übersehen weil es irgendwie „unspektakulär“ geschah,
er hat sich auch das Leben genommen.
Und was Don McLean in seinem Lied „Vincent“ diesem Mann hinterher ruft,
das will ich, zum Abschluss dieses ellenlangen Diskurses, nun dem lieben Woolly hinterher rufen:
„This world was never meant for one as beautiful as YOU“.
Ich meine das zu 100% ernst.
Erkennst du es, lieber Les, oder meinst du, ich übertreibe bloß maßlos ?
Wie kann man nur so blind sein wenn man nicht taub ist...
Ein gerade in Tränen ausbrechender Rupert am Heiligabend 2013.
ANHANG (EPILOG)
Ein einziger König (von Vieren)
(für einen Asylanten)
Du hattest England einst geteilt
doch immer mehr für dich verlangt
das Fundament zwar mit erstellt
doch selbst maßgeblich ausgehöhlt
Vier Könige, erst alle gleich
auch wenn's nicht um die Krone ging
dem ersten, der verließ das Reich
und mit ihm viel, das an ihm hing
Für Dich war England nur dein Traum
gegen die harte Welt erkämpft
ein reiner Bund der Könige
doch für den eigenen Gewinn
Dein bester Freund – er wusste noch
dass Herrschaft ohne Dienst nicht geht
Dein Gegenüber hat jedoch
gehofft, dass ihr auch ihn versteht
Weil England nicht mehr England war
als Heimat, die er lieben kann
ein Schiff wie ohne Kapitän
nur Schätze noch, um die es ging
und seiner Krone Eifersucht
sie strafte ihn mit Einsamkeit
das Geld, das Gold... es schien verflucht
und Du verlangtest Dankbarkeit
So zog sich's über Jahre hin
der Ruhm verblasste immer mehr
Drei Könige, gebunden an
den Zweck, die Werte ausbezahlt
man zerrte Euch gar vor Gericht
mitsamt dem ausgestieg'nen Herrn
der, nun ein Bauer, für dich nicht
gehörte mehr zum edlen Kern
Doch treu geblieben war er doch
der Kläger sollte leer ausgehn
und kostete dann doch zu viel
die Welt war nicht dieselbe mehr
und dann geschah schon bald darauf
was aus dir einen Judas macht
die Krone hast du nicht mehr auf
die Hure hat dich ausgelacht
Und doch glaubst du ihr falsches Wort
die Angst macht dich zum Sklaven nun
verspieltest deine Königin
und musstest pfänden Haus und Hof
der beste Freund, er stand dir bei
im Irrtum wie im Trauerfall
die Krone war ihm einerlei
die Feinde waren überall
Dein tiefer Fall bis in den Wahn
der Traum von schöner, alter Welt
der Missbrauch auch von Mund und Wort
sie kosteten die Stimme dich
dein Freund, er gab sein Leben hin
doch starb im Schlaf, nicht in der Schlacht
denn diese machte keinen Sinn
das Feindbild, es war selbst erdacht
So blieb vom alten England nur
ein König, der den Bauern fand
und mit ihm neu den alten Geist
belebt hat zum Millenium
für dich war England nicht mehr da
du brauchtest einen Schuldigen
die Lüge selbst erschien dir wahr
um ganz der Macht zu huldigen
Der Macht... die nicht mehr deine war
denn die gehörte ganz der Bank
nun wurdest du ganz bürgerlich
im freundlich rufenden Asyl
das gab dir Arbeit, Heim und Brot
mit einem neuen Eheweib
doch England blieb ein Platz der Not
man fand dort eines Bauers' Leib
am Strang, zu groß war ihm die Last
sein König war nun auch allein
doch seine Krone hielt er fest
mit ihr den Stolz, den wachen Geist
für dich der Mister mit dem E
dem du das Schlimmste unterstellst
das Ego tut der Seele weh
als ob du Gott damit gefällst
Die Uhr läuft dennoch gegen dich
die Schuld, die du den Anderen gibst
sie blieb die ganze Zeit bei dir
du spürst, dass du dich beugen musst
doch trittst den rechten Weg nicht an
ins einstmals wahre Heimatland
Vergebung bringt dir nur ein Mann
mit dem dir der Verstand entschwand
Denn was du über ihn geglaubt
war Lug und Trug und Teufelswerk
nichts nahm er dir, missgönnte dir
er blieb nur seinem England treu
der Bauer aus dem Jenseits ruft:
„Geh' hin! Er ist dir wohlgesinnt!
Gesegnet, wer Versöhnung sucht
die Schuld bekennt und neu beginnt!“
Doch was du tust – die Wahl bleibt dein
du kannst auch den Verräter hassen
den findest du im eignen Schrein...
denn wer hat England denn verlassen?
Rupert am 22.08.2021
© Rupert Lenz 79110 Freiburg